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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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maschinen, die er nur kenne; und sagte, sol-
che Läden schlössen etwas wol dem Räuber,
aber nichts dem Herzen zu -- und man schaue
nie ruhiger und schärfer in Haushaltungen,
als durch zarte Ritzen, entweder in einen off-
nen Himmel oder offnen Schaden, und er
wisse dieses aperturae Jus oder diese servitus
luminum et prospectus,
kurz diese Licht-
Anstalt mit nichts zu vergleichen als mit Tod-
tenbeschau, und Leichenöffnung; nie sey er
von solchen Fensterläden weggegangen, ohne
irgend einen Gewinn davon zu tragen, ent-
weder eines Schmähwortes auf ihn, oder sonst
einer Offenherzigkeit.

Durch den Fensterladen sah er nun mit
Erstaunen die Wöchnerin Bona im Bette und
in ihren Händen zwey fremde Hände, die sie
auf einander drückte, Theoda's und Theudo-
bachs, indem sie ihr klares obwohl mattes
Auge mit so viel Entzückung und Theilnahme
zu den beyden Liebenden aufhob als sie ihrem
Zustand erlauben durfte. -- Er sah ferner,
wie der Umgelder mit (geborgtem) Weinglä-

maſchinen, die er nur kenne; und ſagte, ſol-
che Laͤden ſchlöſſen etwas wol dem Raͤuber,
aber nichts dem Herzen zu — und man ſchaue
nie ruhiger und ſchärfer in Haushaltungen,
als durch zarte Ritzen, entweder in einen off-
nen Himmel oder offnen Schaden, und er
wiſſe dieſes aperturae Jus oder dieſe servitus
luminum et prospectus,
kurz dieſe Licht-
Anſtalt mit nichts zu vergleichen als mit Tod-
tenbeſchau, und Leichenoͤffnung; nie ſey er
von ſolchen Fenſterläden weggegangen, ohne
irgend einen Gewinn davon zu tragen, ent-
weder eines Schmaͤhwortes auf ihn, oder ſonſt
einer Offenherzigkeit.

Durch den Fenſterladen ſah er nun mit
Erſtaunen die Woͤchnerin Bona im Bette und
in ihren Händen zwey fremde Haͤnde, die ſie
auf einander druͤckte, Theoda’s und Theudo-
bachs, indem ſie ihr klares obwohl mattes
Auge mit ſo viel Entzuͤckung und Theilnahme
zu den beyden Liebenden aufhob als ſie ihrem
Zuſtand erlauben durfte. — Er ſah ferner,
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[133/0139] maſchinen, die er nur kenne; und ſagte, ſol- che Laͤden ſchlöſſen etwas wol dem Raͤuber, aber nichts dem Herzen zu — und man ſchaue nie ruhiger und ſchärfer in Haushaltungen, als durch zarte Ritzen, entweder in einen off- nen Himmel oder offnen Schaden, und er wiſſe dieſes aperturae Jus oder dieſe servitus luminum et prospectus, kurz dieſe Licht- Anſtalt mit nichts zu vergleichen als mit Tod- tenbeſchau, und Leichenoͤffnung; nie ſey er von ſolchen Fenſterläden weggegangen, ohne irgend einen Gewinn davon zu tragen, ent- weder eines Schmaͤhwortes auf ihn, oder ſonſt einer Offenherzigkeit. Durch den Fenſterladen ſah er nun mit Erſtaunen die Woͤchnerin Bona im Bette und in ihren Händen zwey fremde Haͤnde, die ſie auf einander druͤckte, Theoda’s und Theudo- bachs, indem ſie ihr klares obwohl mattes Auge mit ſo viel Entzuͤckung und Theilnahme zu den beyden Liebenden aufhob als ſie ihrem Zuſtand erlauben durfte. — Er ſah ferner, wie der Umgelder mit (geborgtem) Weinglaͤ-

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/139>, abgerufen am 29.04.2024.