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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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mit ihrem alten Arzte ein Wort zu reden.
Man ging leicht, nur Mehlhorn schwer.

Sie leitete wirklich mit einigen Kranken-
Fragen ein, ehe sie den Doktor zur Geschichte
ihrer Freundin, zu der Vergangenheit, Ge-
genwart und Zukunft derselben überführt. Zu-
letzt kam ihr eben aus Wöchnerin-Schwäche ihre
Schwäche ganz aus dem Sinn, und sie ließ Herz
und Zunge flammen für Theoda. Ihr verschwinde
zwar, sagte sie, mit ihr das halbe Glück des
Lebens; wenn aber diese dadurch das ganze
gewinnen, so weine sie gern ihre bittersten
Thränen.

Der Doktor bat, ihn mit den nähern Ver-
hältnissen des Mannes in Bekanntschaft zu
setzen. Sie erzählte, ihr Mann habe schon
Vormittags über seine Umstände bey mehr als
fünf Studenten aus Theudobachs Nachbar-
schaft Nachrichten, und über die Wahrheit
seiner Versichrungen einziehen müssen, aber
lauter Bejahungen eingebracht, wie sich denn
im ganzen Wesen desselben der Mann von
Wort ausweise; Sie nahm so viel Antheil an

mit ihrem alten Arzte ein Wort zu reden.
Man ging leicht, nur Mehlhorn ſchwer.

Sie leitete wirklich mit einigen Kranken-
Fragen ein, ehe ſie den Doktor zur Geſchichte
ihrer Freundin, zu der Vergangenheit, Ge-
genwart und Zukunft derſelben uͤberfuͤhrt. Zu-
letzt kam ihr eben aus Woͤchnerin-Schwaͤche ihre
Schwaͤche ganz aus dem Sinn, und ſie ließ Herz
und Zunge flammen fuͤr Theoda. Ihr verſchwinde
zwar, ſagte ſie, mit ihr das halbe Gluͤck des
Lebens; wenn aber dieſe dadurch das ganze
gewinnen, ſo weine ſie gern ihre bitterſten
Thraͤnen.

Der Doktor bat, ihn mit den nähern Ver-
haͤltniſſen des Mannes in Bekanntſchaft zu
ſetzen. Sie erzählte, ihr Mann habe ſchon
Vormittags uͤber ſeine Umſtaͤnde bey mehr als
fuͤnf Studenten aus Theudobachs Nachbar-
ſchaft Nachrichten, und uͤber die Wahrheit
ſeiner Verſichrungen einziehen muͤſſen, aber
lauter Bejahungen eingebracht, wie ſich denn
im ganzen Weſen deſſelben der Mann von
Wort ausweiſe; Sie nahm ſo viel Antheil an

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[138/0144] mit ihrem alten Arzte ein Wort zu reden. Man ging leicht, nur Mehlhorn ſchwer. Sie leitete wirklich mit einigen Kranken- Fragen ein, ehe ſie den Doktor zur Geſchichte ihrer Freundin, zu der Vergangenheit, Ge- genwart und Zukunft derſelben uͤberfuͤhrt. Zu- letzt kam ihr eben aus Woͤchnerin-Schwaͤche ihre Schwaͤche ganz aus dem Sinn, und ſie ließ Herz und Zunge flammen fuͤr Theoda. Ihr verſchwinde zwar, ſagte ſie, mit ihr das halbe Gluͤck des Lebens; wenn aber dieſe dadurch das ganze gewinnen, ſo weine ſie gern ihre bitterſten Thraͤnen. Der Doktor bat, ihn mit den nähern Ver- haͤltniſſen des Mannes in Bekanntſchaft zu ſetzen. Sie erzählte, ihr Mann habe ſchon Vormittags uͤber ſeine Umſtaͤnde bey mehr als fuͤnf Studenten aus Theudobachs Nachbar- ſchaft Nachrichten, und uͤber die Wahrheit ſeiner Verſichrungen einziehen muͤſſen, aber lauter Bejahungen eingebracht, wie ſich denn im ganzen Weſen deſſelben der Mann von Wort ausweiſe; Sie nahm ſo viel Antheil an

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/144>, abgerufen am 29.04.2024.