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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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der damaligen Bluttrunkenheit der Blutdürsti-
gen Bergpartey, vor deren leerem betrunke-
nen Schwatzen, Poltern und Taumeln mußte
erfüllen lassen.

Als ich ankam, traf ich schon seinen Re-
gierungspräsidenten bey ihm an; -- einen
rechtlichen kühlen Mann, der Zeit und Raum
gefunden, zwischen seinen Aktenstößen sogar
Kants metaphysische Sittenlehre aufzulegen,
und aufzuschlagen -- er schien seinen regieren-
den Herrn fast nur zu besuchen, um ihn zu
bekriegen und abzusetzen in der Philosophie.
Indeß eben weil nur die poetischen Grundsätze
des Grafen, nicht aber dessen befestigt-fort-
dringenden Handlungen den prosaischen Grund-
sätzen des Präsidenten zuwider liefen: so schloß
sich dieser aus Aehnlichkeit und Unähnlichkeit
zugleich desto fester an sein (jetzt nicht mehr
unmittelbares) Reichsfürstchen an und an den
Kampf mit ihm.

Bey meinem Eintritt war das Gemälde
der Disputa schon auseinandergerollt. "Gir-
tanner schrieb -- so sagte der Präsident --

der damaligen Bluttrunkenheit der Blutduͤrſti-
gen Bergpartey, vor deren leerem betrunke-
nen Schwatzen, Poltern und Taumeln mußte
erfuͤllen laſſen.

Als ich ankam, traf ich ſchon ſeinen Re-
gierungspraͤſidenten bey ihm an; — einen
rechtlichen kuͤhlen Mann, der Zeit und Raum
gefunden, zwiſchen ſeinen Aktenſtoͤßen ſogar
Kants metaphyſiſche Sittenlehre aufzulegen,
und aufzuſchlagen — er ſchien ſeinen regieren-
den Herrn faſt nur zu beſuchen, um ihn zu
bekriegen und abzuſetzen in der Philoſophie.
Indeß eben weil nur die poetiſchen Grundſaͤtze
des Grafen, nicht aber deſſen befeſtigt-fort-
dringenden Handlungen den proſaiſchen Grund-
ſaͤtzen des Praͤſidenten zuwider liefen: ſo ſchloß
ſich dieſer aus Aehnlichkeit und Unaͤhnlichkeit
zugleich deſto feſter an ſein (jetzt nicht mehr
unmittelbares) Reichsfuͤrſtchen an und an den
Kampf mit ihm.

Bey meinem Eintritt war das Gemaͤlde
der Disputa ſchon auseinandergerollt. „Gir-
tanner ſchrieb — ſo ſagte der Praͤſident —

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[208/0214] der damaligen Bluttrunkenheit der Blutduͤrſti- gen Bergpartey, vor deren leerem betrunke- nen Schwatzen, Poltern und Taumeln mußte erfuͤllen laſſen. Als ich ankam, traf ich ſchon ſeinen Re- gierungspraͤſidenten bey ihm an; — einen rechtlichen kuͤhlen Mann, der Zeit und Raum gefunden, zwiſchen ſeinen Aktenſtoͤßen ſogar Kants metaphyſiſche Sittenlehre aufzulegen, und aufzuſchlagen — er ſchien ſeinen regieren- den Herrn faſt nur zu beſuchen, um ihn zu bekriegen und abzuſetzen in der Philoſophie. Indeß eben weil nur die poetiſchen Grundſaͤtze des Grafen, nicht aber deſſen befeſtigt-fort- dringenden Handlungen den proſaiſchen Grund- ſaͤtzen des Praͤſidenten zuwider liefen: ſo ſchloß ſich dieſer aus Aehnlichkeit und Unaͤhnlichkeit zugleich deſto feſter an ſein (jetzt nicht mehr unmittelbares) Reichsfuͤrſtchen an und an den Kampf mit ihm. Bey meinem Eintritt war das Gemaͤlde der Disputa ſchon auseinandergerollt. „Gir- tanner ſchrieb — ſo ſagte der Praͤſident —

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/214>, abgerufen am 30.04.2024.