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Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809.

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nicht einmal Unsterblichkeit voraus, sondern
Ewigkeit. Der Engel in der Menschheit kennt
wie Gott immer seinen ewigen Wohnhimmel,
keine Zeit und Zukunft, oder irgend eine Sin-
nenrechnung; dieser Engel nicht nach und von
Jahren wachsend, da es in der Ewigkeit keine
gibt, ist aus Gewohnheit blind gegen die ge-
färbten Schatten, und Nachtschatten der End-
lichkeit, weil sein Blick sich in der ewigen
Sonne verliert.

Der Krieger, sagte der Graf, der auf eine
Miene beordert wird, damit er den Feind da-
hin locke, und mit ihm zugleich auffliege, hat
nur meine Bewunderung, wenn er es weiß
und doch stirbt.

"Zu schließen wäre vielleicht daraus, er-
wiederte der Präsident -- entweder, daß dem-
nach es ganz und gar keinen Selbstmörder
mehr gäbe, oder daß jeder einer, nur subtiler
wäre. Aber eine schwierigere Untersuchung
steht uns bevor -- Nämlich, mit welchem
Rechte erhebt, frag' ich bey Corday, ein Mensch,
der kein vom Ganzen angenommener Richter

nicht einmal Unſterblichkeit voraus, ſondern
Ewigkeit. Der Engel in der Menſchheit kennt
wie Gott immer ſeinen ewigen Wohnhimmel,
keine Zeit und Zukunft, oder irgend eine Sin-
nenrechnung; dieſer Engel nicht nach und von
Jahren wachſend, da es in der Ewigkeit keine
gibt, iſt aus Gewohnheit blind gegen die ge-
faͤrbten Schatten, und Nachtſchatten der End-
lichkeit, weil ſein Blick ſich in der ewigen
Sonne verliert.

Der Krieger, ſagte der Graf, der auf eine
Miene beordert wird, damit er den Feind da-
hin locke, und mit ihm zugleich auffliege, hat
nur meine Bewunderung, wenn er es weiß
und doch ſtirbt.

„Zu ſchließen waͤre vielleicht daraus, er-
wiederte der Praͤſident — entweder, daß dem-
nach es ganz und gar keinen Selbſtmörder
mehr gaͤbe, oder daß jeder einer, nur ſubtiler
wäre. Aber eine ſchwierigere Unterſuchung
ſteht uns bevor — Naͤmlich, mit welchem
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der kein vom Ganzen angenommener Richter

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[213/0219] nicht einmal Unſterblichkeit voraus, ſondern Ewigkeit. Der Engel in der Menſchheit kennt wie Gott immer ſeinen ewigen Wohnhimmel, keine Zeit und Zukunft, oder irgend eine Sin- nenrechnung; dieſer Engel nicht nach und von Jahren wachſend, da es in der Ewigkeit keine gibt, iſt aus Gewohnheit blind gegen die ge- faͤrbten Schatten, und Nachtſchatten der End- lichkeit, weil ſein Blick ſich in der ewigen Sonne verliert. Der Krieger, ſagte der Graf, der auf eine Miene beordert wird, damit er den Feind da- hin locke, und mit ihm zugleich auffliege, hat nur meine Bewunderung, wenn er es weiß und doch ſtirbt. „Zu ſchließen waͤre vielleicht daraus, er- wiederte der Praͤſident — entweder, daß dem- nach es ganz und gar keinen Selbſtmörder mehr gaͤbe, oder daß jeder einer, nur ſubtiler wäre. Aber eine ſchwierigere Unterſuchung ſteht uns bevor — Naͤmlich, mit welchem Rechte erhebt, frag’ ich bey Corday, ein Menſch, der kein vom Ganzen angenommener Richter

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Zitationshilfe: Jean Paul: D. Katzenbergers Badereise. Bd. 2. Heidelberg, 1809, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_katzenberger02_1809/219>, abgerufen am 30.04.2024.