Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

ren genauer unter das geschlossene Siegel-Vi¬
sier zu sehen, um zu wissen, ob er nicht seinen
Feinden Pferde vorlege. Der Staat, ein immer
ziehender Lichtmagnet, will ja nur Licht in der
Sache, und besonders Licht über alles Licht
überhaupt; er verlangt nur die Wahrheit ganz
nackt, ohne Couvert; Alles was durch seine
Thore reitet und fährt, soll nur, sey es auch
in ein Couvert gekleidet, den rothen Mund
aufmachen und sagen, was für Name und für
Geschäfte. --

Da der gemeine Soldat seine Briefe vor¬
her seinem Offizier vorweisen muß -- der
Bastillen-Garnisonist seine dem Gouverneur --
der Mönch seine dem Prior -- der amerika¬
nische Kolonist seine dem Holländer *) (damit er
sie verbrenne, wenn sie über ihn klagen) --:
so kann wol kein Staatsmann, er mag nun
den Staat für eine Kaserne -- oder für eine
Engelsburg -- oder für ein monasterium du¬
plex
-- oder für eine europäische Besitzung

*) S. Klockenbrings gesammelte Aufsätze.

ren genauer unter das geſchloſſene Siegel-Vi¬
ſier zu ſehen, um zu wiſſen, ob er nicht ſeinen
Feinden Pferde vorlege. Der Staat, ein immer
ziehender Lichtmagnet, will ja nur Licht in der
Sache, und beſonders Licht über alles Licht
überhaupt; er verlangt nur die Wahrheit ganz
nackt, ohne Couvert; Alles was durch ſeine
Thore reitet und fährt, ſoll nur, ſey es auch
in ein Couvert gekleidet, den rothen Mund
aufmachen und ſagen, was für Name und für
Geſchäfte. —

Da der gemeine Soldat ſeine Briefe vor¬
her ſeinem Offizier vorweiſen muß — der
Baſtillen-Garniſoniſt ſeine dem Gouverneur —
der Mönch ſeine dem Prior — der amerika¬
niſche Koloniſt ſeine dem Holländer *) (damit er
ſie verbrenne, wenn ſie über ihn klagen) —:
ſo kann wol kein Staatsmann, er mag nun
den Staat für eine Kaſerne — oder für eine
Engelsburg — oder für ein monasterium du¬
plex
— oder für eine europäiſche Beſitzung

*) S. Klockenbrings geſammelte Aufſätze.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0116" n="104"/>
ren genauer unter das ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Siegel-Vi¬<lb/>
&#x017F;ier zu &#x017F;ehen, um zu wi&#x017F;&#x017F;en, ob er nicht &#x017F;einen<lb/>
Feinden Pferde vorlege. Der Staat, ein immer<lb/>
ziehender Lichtmagnet, will ja nur Licht in der<lb/>
Sache, und be&#x017F;onders Licht über alles Licht<lb/>
überhaupt; er verlangt nur die Wahrheit ganz<lb/>
nackt, ohne Couvert; Alles was durch &#x017F;eine<lb/>
Thore reitet und fährt, &#x017F;oll nur, &#x017F;ey es auch<lb/>
in ein Couvert gekleidet, den rothen Mund<lb/><hi rendition="#g">auf</hi>machen und &#x017F;agen, was für Name und für<lb/>
Ge&#x017F;chäfte. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Da der gemeine Soldat &#x017F;eine Briefe vor¬<lb/>
her &#x017F;einem Offizier vorwei&#x017F;en muß &#x2014; der<lb/>
Ba&#x017F;tillen-Garni&#x017F;oni&#x017F;t &#x017F;eine dem Gouverneur &#x2014;<lb/>
der Mönch &#x017F;eine dem Prior &#x2014; der amerika¬<lb/>
ni&#x017F;che Koloni&#x017F;t &#x017F;eine dem Holländer <note place="foot" n="*)">S. Klockenbrings ge&#x017F;ammelte Auf&#x017F;ätze.<lb/></note> (damit er<lb/>
&#x017F;ie verbrenne, wenn &#x017F;ie über ihn klagen) &#x2014;:<lb/>
&#x017F;o kann wol kein Staatsmann, er mag nun<lb/>
den Staat für eine Ka&#x017F;erne &#x2014; oder für eine<lb/>
Engelsburg &#x2014; oder für ein <hi rendition="#aq">monasterium du¬<lb/>
plex</hi> &#x2014; oder für eine <hi rendition="#g">europäi&#x017F;che Be&#x017F;itzung<lb/></hi></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0116] ren genauer unter das geſchloſſene Siegel-Vi¬ ſier zu ſehen, um zu wiſſen, ob er nicht ſeinen Feinden Pferde vorlege. Der Staat, ein immer ziehender Lichtmagnet, will ja nur Licht in der Sache, und beſonders Licht über alles Licht überhaupt; er verlangt nur die Wahrheit ganz nackt, ohne Couvert; Alles was durch ſeine Thore reitet und fährt, ſoll nur, ſey es auch in ein Couvert gekleidet, den rothen Mund aufmachen und ſagen, was für Name und für Geſchäfte. — Da der gemeine Soldat ſeine Briefe vor¬ her ſeinem Offizier vorweiſen muß — der Baſtillen-Garniſoniſt ſeine dem Gouverneur — der Mönch ſeine dem Prior — der amerika¬ niſche Koloniſt ſeine dem Holländer *) (damit er ſie verbrenne, wenn ſie über ihn klagen) —: ſo kann wol kein Staatsmann, er mag nun den Staat für eine Kaſerne — oder für eine Engelsburg — oder für ein monasterium du¬ plex — oder für eine europäiſche Beſitzung *) S. Klockenbrings geſammelte Aufſätze.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/116
Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 3. Berlin, 1802, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan03_1802/116>, abgerufen am 14.05.2024.