Das Schicksal trieb jetzt wieder Spiele der Wiederholung mit ihm; ein flammender Wagen rollte auf einem seitwärts vom Prinzengarten ablaufenden Wege davon; langsam rückte der Leichenwagen des Bruders mit seinen Todten¬ lichtern den Blumenbühler Berg hinan. "Den langsamen Wagen kenn' ich, wer ist der schnel¬ le?" fragte Albano den Lektor. "Herr von Cesara hat uns verlassen" versetzt' er. Albano schwieg, aber er empfand den letzten Schmerz, den ihm der Ritter geben wollte. Er bat den Lektor sehr, ihn allein den Weg nach Blumen¬ bühl gehen zu lassen, weil er lauter Umwege nehme.
Er wollte im Tartarus das Grabmahl des Vater-Herzens ohne Brust besuchen. Als er durch die lärmvolle Vorstadt gieng, sah ihn ein alter Mann lange starr an, floh plötzlich mit Schrecken davon und rief einer Frau, die ihm begegnete, zu: "der Alte geht um!" Der Mann war in der Jugend ein Bedienter des alten Fürsten gewesen, war blind und vor kur¬ zem wieder heil geworden; darum sah er den ähnlichen Sohn für den Vater an. -- In der
Das Schickſal trieb jetzt wieder Spiele der Wiederholung mit ihm; ein flammender Wagen rollte auf einem ſeitwärts vom Prinzengarten ablaufenden Wege davon; langſam rückte der Leichenwagen des Bruders mit ſeinen Todten¬ lichtern den Blumenbühler Berg hinan. „Den langſamen Wagen kenn' ich, wer iſt der ſchnel¬ le?“ fragte Albano den Lektor. „Herr von Ceſara hat uns verlaſſen“ verſetzt' er. Albano ſchwieg, aber er empfand den letzten Schmerz, den ihm der Ritter geben wollte. Er bat den Lektor ſehr, ihn allein den Weg nach Blumen¬ bühl gehen zu laſſen, weil er lauter Umwege nehme.
Er wollte im Tartarus das Grabmahl des Vater-Herzens ohne Bruſt beſuchen. Als er durch die lärmvolle Vorſtadt gieng, ſah ihn ein alter Mann lange ſtarr an, floh plötzlich mit Schrecken davon und rief einer Frau, die ihm begegnete, zu: „der Alte geht um!“ Der Mann war in der Jugend ein Bedienter des alten Fürſten geweſen, war blind und vor kur¬ zem wieder heil geworden; darum ſah er den ähnlichen Sohn für den Vater an. — In der
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0564"n="552"/><p>Das Schickſal trieb jetzt wieder Spiele der<lb/>
Wiederholung mit ihm; ein flammender Wagen<lb/>
rollte auf einem ſeitwärts vom Prinzengarten<lb/>
ablaufenden Wege davon; langſam rückte der<lb/>
Leichenwagen des Bruders mit ſeinen Todten¬<lb/>
lichtern den Blumenbühler Berg hinan. „Den<lb/>
langſamen Wagen kenn' ich, wer iſt der ſchnel¬<lb/>
le?“ fragte Albano den Lektor. „Herr von<lb/>
Ceſara hat uns verlaſſen“ verſetzt' er. Albano<lb/>ſchwieg, aber er empfand den letzten Schmerz,<lb/>
den ihm der Ritter geben wollte. Er bat den<lb/>
Lektor ſehr, ihn allein den Weg nach Blumen¬<lb/>
bühl gehen zu laſſen, weil er lauter Umwege<lb/>
nehme.</p><lb/><p>Er wollte im Tartarus das Grabmahl des<lb/>
Vater-Herzens ohne Bruſt beſuchen. Als er<lb/>
durch die lärmvolle Vorſtadt gieng, ſah ihn<lb/>
ein alter Mann lange ſtarr an, floh plötzlich<lb/>
mit Schrecken davon und rief einer Frau, die<lb/>
ihm begegnete, zu: „der Alte geht um!“ Der<lb/>
Mann war in der Jugend ein Bedienter des<lb/>
alten Fürſten geweſen, war blind und vor kur¬<lb/>
zem wieder heil geworden; darum ſah er den<lb/>
ähnlichen Sohn für den Vater an. — In der<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[552/0564]
Das Schickſal trieb jetzt wieder Spiele der
Wiederholung mit ihm; ein flammender Wagen
rollte auf einem ſeitwärts vom Prinzengarten
ablaufenden Wege davon; langſam rückte der
Leichenwagen des Bruders mit ſeinen Todten¬
lichtern den Blumenbühler Berg hinan. „Den
langſamen Wagen kenn' ich, wer iſt der ſchnel¬
le?“ fragte Albano den Lektor. „Herr von
Ceſara hat uns verlaſſen“ verſetzt' er. Albano
ſchwieg, aber er empfand den letzten Schmerz,
den ihm der Ritter geben wollte. Er bat den
Lektor ſehr, ihn allein den Weg nach Blumen¬
bühl gehen zu laſſen, weil er lauter Umwege
nehme.
Er wollte im Tartarus das Grabmahl des
Vater-Herzens ohne Bruſt beſuchen. Als er
durch die lärmvolle Vorſtadt gieng, ſah ihn
ein alter Mann lange ſtarr an, floh plötzlich
mit Schrecken davon und rief einer Frau, die
ihm begegnete, zu: „der Alte geht um!“ Der
Mann war in der Jugend ein Bedienter des
alten Fürſten geweſen, war blind und vor kur¬
zem wieder heil geworden; darum ſah er den
ähnlichen Sohn für den Vater an. — In der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/564>, abgerufen am 29.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.