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Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803.

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che *) grüßen." -- Aber Chariton blickte un¬
aufhörlich Idoinen wegen ihrer Ähnlichkeiten an.
"Nun, mein guter Dian, ich habe manches Herz
und Glück dafür hingezahlt und mich wundert
es, daß Dich mir das Geschick gelassen" sagte
Albano. -- Darauf fragt' er ihn als den Bau¬
meister der Kirche nach der Beschaffenheit des
Erbbegräbnisses, weil er nachher sich wolle
die Asche seiner Eltern aufdecken lassen, um
wenigstens stumm und dankend hinzuknieen.
"Davon (sagte Dian betroffen) weiß ich sehr
wenig; aber ein grausamer Vorsatz ist's und
wozu soll er führen?" --

Die Musik hörte auf, Spener fieng leise
seine Rede an. Er sprach aber nicht von dem
Fürsten zu seinen Füßen, auch nicht von seinen
Geliebten in der Erbgruft, sondern von dem
rechten Leben, das keinen Tod kenne und das
erst der Mensch in sich erzeuge. Er sagte, daß
er, obwohl ein alter Mann, weder zu sterben
noch zu leben wünsche, weil man schon hier
bei Gott seyn könne, sobald man nur Gott in

*) Nehmlich freue Dich.

che *) grüßen.“ — Aber Chariton blickte un¬
aufhörlich Idoinen wegen ihrer Ähnlichkeiten an.
„Nun, mein guter Dian, ich habe manches Herz
und Glück dafür hingezahlt und mich wundert
es, daß Dich mir das Geſchick gelaſſen“ ſagte
Albano. — Darauf fragt' er ihn als den Bau¬
meiſter der Kirche nach der Beſchaffenheit des
Erbbegräbniſſes, weil er nachher ſich wolle
die Aſche ſeiner Eltern aufdecken laſſen, um
wenigſtens ſtumm und dankend hinzuknieen.
„Davon (ſagte Dian betroffen) weiß ich ſehr
wenig; aber ein grauſamer Vorſatz iſt's und
wozu ſoll er führen?“ —

Die Muſik hörte auf, Spener fieng leiſe
ſeine Rede an. Er ſprach aber nicht von dem
Fürſten zu ſeinen Füßen, auch nicht von ſeinen
Geliebten in der Erbgruft, ſondern von dem
rechten Leben, das keinen Tod kenne und das
erſt der Menſch in ſich erzeuge. Er ſagte, daß
er, obwohl ein alter Mann, weder zu ſterben
noch zu leben wünſche, weil man ſchon hier
bei Gott ſeyn könne, ſobald man nur Gott in

*) Nehmlich freue Dich.
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[565/0577] che *) grüßen.“ — Aber Chariton blickte un¬ aufhörlich Idoinen wegen ihrer Ähnlichkeiten an. „Nun, mein guter Dian, ich habe manches Herz und Glück dafür hingezahlt und mich wundert es, daß Dich mir das Geſchick gelaſſen“ ſagte Albano. — Darauf fragt' er ihn als den Bau¬ meiſter der Kirche nach der Beſchaffenheit des Erbbegräbniſſes, weil er nachher ſich wolle die Aſche ſeiner Eltern aufdecken laſſen, um wenigſtens ſtumm und dankend hinzuknieen. „Davon (ſagte Dian betroffen) weiß ich ſehr wenig; aber ein grauſamer Vorſatz iſt's und wozu ſoll er führen?“ — Die Muſik hörte auf, Spener fieng leiſe ſeine Rede an. Er ſprach aber nicht von dem Fürſten zu ſeinen Füßen, auch nicht von ſeinen Geliebten in der Erbgruft, ſondern von dem rechten Leben, das keinen Tod kenne und das erſt der Menſch in ſich erzeuge. Er ſagte, daß er, obwohl ein alter Mann, weder zu ſterben noch zu leben wünſche, weil man ſchon hier bei Gott ſeyn könne, ſobald man nur Gott in *) Nehmlich freue Dich.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 4. Berlin, 1803, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan04_1803/577>, abgerufen am 29.04.2024.