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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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heißen Afrika in seine wonnige Kühle hinein ihm näher
tretend. Die Frau legte das Strickzeug auf den
Kaffeetisch, der Mann legte beide fleischigen Hände
auf beide Lehnen seines Gartenarmstuhls, wand sich
langsam in die Höhe. in seiner gediegenen Breite
nun noch mehr zur Erscheinung kommend, und --
sprang vor. Er that einen Sprung! Es war der
Sprung eines überfetten Frosches, aber ein Sprung
war es!

Das Wort nahm ihm jedoch noch einmal die
kleine, zarte Frau vom Munde weg.

"Jesus, Heinrich," rief Valentine Schaumann,
geborene Quakatz, "es ist wirklich und wahrhaftig
Dein Freund Eduard!"

"Halte doch mal meine Pfeife, Tinchen," sagte
Stopfkuchen, und dann nahm er mich, wenn auch
nicht in seine Arme, so doch an meinen beiden Ober-
armen, hielt mich so eine Weile fest, aber doch von
sich, besah mich ganz genau und fragte:

"Bist Du es? Bist Du es wirklich doch noch
einmal? Die Möglichkeit ist es ja!" setzte er
hinzu.

"Es ist die Wirklichkeit, alter Heinz, und ich
freue mich, Dich -- die rothe Schanze -- nein, Dich
und Deine Frau so wohl zu sehen! Du hast --"

"Dich garnicht verändert. Bleibe mir, an jedem
warmen Tage wenigstens, mit der verruchten Redens-
art vom Wanste. Der andere Hohn: Mensch, aber
wie dick bist Du geworden! kommt ja doch gleich
hinterdrein. In der Beziehung könnt ihr Alle --"

heißen Afrika in ſeine wonnige Kühle hinein ihm näher
tretend. Die Frau legte das Strickzeug auf den
Kaffeetiſch, der Mann legte beide fleiſchigen Hände
auf beide Lehnen ſeines Gartenarmſtuhls, wand ſich
langſam in die Höhe. in ſeiner gediegenen Breite
nun noch mehr zur Erſcheinung kommend, und —
ſprang vor. Er that einen Sprung! Es war der
Sprung eines überfetten Froſches, aber ein Sprung
war es!

Das Wort nahm ihm jedoch noch einmal die
kleine, zarte Frau vom Munde weg.

„Jeſus, Heinrich,“ rief Valentine Schaumann,
geborene Quakatz, „es iſt wirklich und wahrhaftig
Dein Freund Eduard!“

„Halte doch mal meine Pfeife, Tinchen,“ ſagte
Stopfkuchen, und dann nahm er mich, wenn auch
nicht in ſeine Arme, ſo doch an meinen beiden Ober-
armen, hielt mich ſo eine Weile feſt, aber doch von
ſich, beſah mich ganz genau und fragte:

„Biſt Du es? Biſt Du es wirklich doch noch
einmal? Die Möglichkeit iſt es ja!“ ſetzte er
hinzu.

„Es iſt die Wirklichkeit, alter Heinz, und ich
freue mich, Dich — die rothe Schanze — nein, Dich
und Deine Frau ſo wohl zu ſehen! Du haſt —“

„Dich garnicht verändert. Bleibe mir, an jedem
warmen Tage wenigſtens, mit der verruchten Redens-
art vom Wanſte. Der andere Hohn: Menſch, aber
wie dick biſt Du geworden! kommt ja doch gleich
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[66/0076] heißen Afrika in ſeine wonnige Kühle hinein ihm näher tretend. Die Frau legte das Strickzeug auf den Kaffeetiſch, der Mann legte beide fleiſchigen Hände auf beide Lehnen ſeines Gartenarmſtuhls, wand ſich langſam in die Höhe. in ſeiner gediegenen Breite nun noch mehr zur Erſcheinung kommend, und — ſprang vor. Er that einen Sprung! Es war der Sprung eines überfetten Froſches, aber ein Sprung war es! Das Wort nahm ihm jedoch noch einmal die kleine, zarte Frau vom Munde weg. „Jeſus, Heinrich,“ rief Valentine Schaumann, geborene Quakatz, „es iſt wirklich und wahrhaftig Dein Freund Eduard!“ „Halte doch mal meine Pfeife, Tinchen,“ ſagte Stopfkuchen, und dann nahm er mich, wenn auch nicht in ſeine Arme, ſo doch an meinen beiden Ober- armen, hielt mich ſo eine Weile feſt, aber doch von ſich, beſah mich ganz genau und fragte: „Biſt Du es? Biſt Du es wirklich doch noch einmal? Die Möglichkeit iſt es ja!“ ſetzte er hinzu. „Es iſt die Wirklichkeit, alter Heinz, und ich freue mich, Dich — die rothe Schanze — nein, Dich und Deine Frau ſo wohl zu ſehen! Du haſt —“ „Dich garnicht verändert. Bleibe mir, an jedem warmen Tage wenigſtens, mit der verruchten Redens- art vom Wanſte. Der andere Hohn: Menſch, aber wie dick biſt Du geworden! kommt ja doch gleich hinterdrein. In der Beziehung könnt ihr Alle —“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/76>, abgerufen am 28.04.2024.