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Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

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dasein gelangen lassen können. Zum Laufen hilft
eben immer nicht schnell sein, lieber Eduard."

"Das weiß der liebe Gott!" seufzte ich aus
voller Seele, aus allen Lebenserrungenschaften und
vom untern Ende Afrikas her.

"Ein Indianer am Pfahl konnte es unter dem
Kriegsgeheul und Hohngebrüll seiner Feinde nicht
schöner haben als Stopfkuchen in eurem muntern
Kreise. Nette Siegestänze eurer Ueberlegenheit habt
ihr um mich armen maulfaulen, feisten, schwitzenden
Tropf aufgeführt. Und so helle Köpfe waret ihr
allesammt! Jawohl habe ich mein Brod mit Thränen
gegessen in eurer lieben Kameradschaft. Was blieb
mir da anders übrig, als mich an meinen Appetit
zu halten und mich auf mich selber zu beschränken
und euch mit meinen herzlichsten Segenswünschen
die Rückseite zuzudrehen."

"Heinrich --"

"Na, na, laß das nur sein. Es liegt jetzt
hinter uns Beiden, und Tinchen ist in ihrer Küche
für Dein und mein Wohl heute beschäftigt, wie es
sich gehört. Das Herzblatt! laß uns jetzt dem näher
zu kommen suchen, und also -- Vivat der Prinz Xaver
von Sachsen, und nochmals und zum dritten Male
hoch der Comte de Lusace, Prinz Xaverius von
Sachsen!"


daſein gelangen laſſen können. Zum Laufen hilft
eben immer nicht ſchnell ſein, lieber Eduard.“

„Das weiß der liebe Gott!“ ſeufzte ich aus
voller Seele, aus allen Lebenserrungenſchaften und
vom untern Ende Afrikas her.

„Ein Indianer am Pfahl konnte es unter dem
Kriegsgeheul und Hohngebrüll ſeiner Feinde nicht
ſchöner haben als Stopfkuchen in eurem muntern
Kreiſe. Nette Siegestänze eurer Ueberlegenheit habt
ihr um mich armen maulfaulen, feiſten, ſchwitzenden
Tropf aufgeführt. Und ſo helle Köpfe waret ihr
alleſammt! Jawohl habe ich mein Brod mit Thränen
gegeſſen in eurer lieben Kameradſchaft. Was blieb
mir da anders übrig, als mich an meinen Appetit
zu halten und mich auf mich ſelber zu beſchränken
und euch mit meinen herzlichſten Segenswünſchen
die Rückſeite zuzudrehen.“

„Heinrich —“

„Na, na, laß das nur ſein. Es liegt jetzt
hinter uns Beiden, und Tinchen iſt in ihrer Küche
für Dein und mein Wohl heute beſchäftigt, wie es
ſich gehört. Das Herzblatt! laß uns jetzt dem näher
zu kommen ſuchen, und alſo — Vivat der Prinz Xaver
von Sachſen, und nochmals und zum dritten Male
hoch der Comte de Lusace, Prinz Xaverius von
Sachſen!“


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[85/0095] daſein gelangen laſſen können. Zum Laufen hilft eben immer nicht ſchnell ſein, lieber Eduard.“ „Das weiß der liebe Gott!“ ſeufzte ich aus voller Seele, aus allen Lebenserrungenſchaften und vom untern Ende Afrikas her. „Ein Indianer am Pfahl konnte es unter dem Kriegsgeheul und Hohngebrüll ſeiner Feinde nicht ſchöner haben als Stopfkuchen in eurem muntern Kreiſe. Nette Siegestänze eurer Ueberlegenheit habt ihr um mich armen maulfaulen, feiſten, ſchwitzenden Tropf aufgeführt. Und ſo helle Köpfe waret ihr alleſammt! Jawohl habe ich mein Brod mit Thränen gegeſſen in eurer lieben Kameradſchaft. Was blieb mir da anders übrig, als mich an meinen Appetit zu halten und mich auf mich ſelber zu beſchränken und euch mit meinen herzlichſten Segenswünſchen die Rückſeite zuzudrehen.“ „Heinrich —“ „Na, na, laß das nur ſein. Es liegt jetzt hinter uns Beiden, und Tinchen iſt in ihrer Küche für Dein und mein Wohl heute beſchäftigt, wie es ſich gehört. Das Herzblatt! laß uns jetzt dem näher zu kommen ſuchen, und alſo — Vivat der Prinz Xaver von Sachſen, und nochmals und zum dritten Male hoch der Comte de Lusace, Prinz Xaverius von Sachſen!“

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/95>, abgerufen am 29.04.2024.