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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
wenn Sie Sich des Rechts bedienen, das Jhnen
die Gesetze geben? Haben Sie Jhren Namen ganz
unter dem Wechsel ausgeschrieben? Jch wollte, es
fehlte was, und wenn es auch nur ein D. für ein
T. wäre, es sollte Jhren Gläubiger warm genug
machen. Können Sie Sich wohl noch erinnern,
ob Sie die 2000 Thlr. baar, und in den Sorten,
worinnen Sie verschrieben worden, ausgezahlt be-
kommen; oder haben Sie gute Sorten gegen
schlechte verschrieben? Hat Jhnen der Kaufmann
etwan Waaren daran gegeben, oder unter dem
Titel von Provision, Agio und dergleichen viel ab-
gezogen? Besinnen Sie Sich ja recht. Jhre
Christenpflicht, und die Gesetze verbinden Sie, auf
diesen Fall dem Wuchrer nicht nachzusehn, son-
dern ihn andern zum Exempel zu züchtigen. Jch
habe verschiednemal diesen casum in terminis vor
dem Consistorio mit gutem Erfolge ausgeführt.
Könnte nicht etwan Jhr Sekretair den Wechsel
vorher zu sehen bekommen? Das wäre ein Mei-
sterstreich! Er müßte ihn den Augenblick in Stü-
cken zerreissen, und zum Fenster hinaus werfen.
Was will der Kaufmann hernach mit dem Sekre-
tair anfangen? Verklagen? Dafür lassen Sie
mich sorgen. Es soll ihm dreytausend Thaler ko-
sten, ehe er die 2000 Thlr. wieder kriegt. Man
wirft dem Richter eine Hand voll Ducaten an den
Kopf, so ist er blind und taub. Kurz, dafür las-
sen Sie mich sorgen; und was Jhr Sekretair thut,
das ist nicht Jhre Sünde. Gefallen Jhnen alle

diese

Satyriſche Briefe.
wenn Sie Sich des Rechts bedienen, das Jhnen
die Geſetze geben? Haben Sie Jhren Namen ganz
unter dem Wechſel ausgeſchrieben? Jch wollte, es
fehlte was, und wenn es auch nur ein D. fuͤr ein
T. waͤre, es ſollte Jhren Glaͤubiger warm genug
machen. Koͤnnen Sie Sich wohl noch erinnern,
ob Sie die 2000 Thlr. baar, und in den Sorten,
worinnen Sie verſchrieben worden, ausgezahlt be-
kommen; oder haben Sie gute Sorten gegen
ſchlechte verſchrieben? Hat Jhnen der Kaufmann
etwan Waaren daran gegeben, oder unter dem
Titel von Proviſion, Agio und dergleichen viel ab-
gezogen? Beſinnen Sie Sich ja recht. Jhre
Chriſtenpflicht, und die Geſetze verbinden Sie, auf
dieſen Fall dem Wuchrer nicht nachzuſehn, ſon-
dern ihn andern zum Exempel zu zuͤchtigen. Jch
habe verſchiednemal dieſen caſum in terminis vor
dem Conſiſtorio mit gutem Erfolge ausgefuͤhrt.
Koͤnnte nicht etwan Jhr Sekretair den Wechſel
vorher zu ſehen bekommen? Das waͤre ein Mei-
ſterſtreich! Er muͤßte ihn den Augenblick in Stuͤ-
cken zerreiſſen, und zum Fenſter hinaus werfen.
Was will der Kaufmann hernach mit dem Sekre-
tair anfangen? Verklagen? Dafuͤr laſſen Sie
mich ſorgen. Es ſoll ihm dreytauſend Thaler ko-
ſten, ehe er die 2000 Thlr. wieder kriegt. Man
wirft dem Richter eine Hand voll Ducaten an den
Kopf, ſo iſt er blind und taub. Kurz, dafuͤr laſ-
ſen Sie mich ſorgen; und was Jhr Sekretair thut,
das iſt nicht Jhre Suͤnde. Gefallen Jhnen alle

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[398/0426] Satyriſche Briefe. wenn Sie Sich des Rechts bedienen, das Jhnen die Geſetze geben? Haben Sie Jhren Namen ganz unter dem Wechſel ausgeſchrieben? Jch wollte, es fehlte was, und wenn es auch nur ein D. fuͤr ein T. waͤre, es ſollte Jhren Glaͤubiger warm genug machen. Koͤnnen Sie Sich wohl noch erinnern, ob Sie die 2000 Thlr. baar, und in den Sorten, worinnen Sie verſchrieben worden, ausgezahlt be- kommen; oder haben Sie gute Sorten gegen ſchlechte verſchrieben? Hat Jhnen der Kaufmann etwan Waaren daran gegeben, oder unter dem Titel von Proviſion, Agio und dergleichen viel ab- gezogen? Beſinnen Sie Sich ja recht. Jhre Chriſtenpflicht, und die Geſetze verbinden Sie, auf dieſen Fall dem Wuchrer nicht nachzuſehn, ſon- dern ihn andern zum Exempel zu zuͤchtigen. Jch habe verſchiednemal dieſen caſum in terminis vor dem Conſiſtorio mit gutem Erfolge ausgefuͤhrt. Koͤnnte nicht etwan Jhr Sekretair den Wechſel vorher zu ſehen bekommen? Das waͤre ein Mei- ſterſtreich! Er muͤßte ihn den Augenblick in Stuͤ- cken zerreiſſen, und zum Fenſter hinaus werfen. Was will der Kaufmann hernach mit dem Sekre- tair anfangen? Verklagen? Dafuͤr laſſen Sie mich ſorgen. Es ſoll ihm dreytauſend Thaler ko- ſten, ehe er die 2000 Thlr. wieder kriegt. Man wirft dem Richter eine Hand voll Ducaten an den Kopf, ſo iſt er blind und taub. Kurz, dafuͤr laſ- ſen Sie mich ſorgen; und was Jhr Sekretair thut, das iſt nicht Jhre Suͤnde. Gefallen Jhnen alle dieſe

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/426>, abgerufen am 04.05.2024.