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Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721.

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Die heimlichen Liebes-Geschichte
Liebe und Vergnüglichkeit leiten möge!
Mademoiselle! erwiederte Ibrahim Ahmet,
ich weiß, daß ehrliebende Frauen-Bil-
der, die Lauterkeit ihrer Neigungen aus-
zudrucken, ihr Leben auf der Grufft ih-
rer erblaßten Liebhaber aufgegeben;
Nun halte ich
Mademoiselle auch für ei-
ne so getreue Seele, daß, woferne der
Tod unsere Leiber von einander scheiden
sollte, die Liebe dennoch unsere Aschen
vereinigen, und die Unsterblichkeit unserer
Neigungen durch die Unsterblichkeit un-
serer Seelen erhalten werde: Ja, meine
Liebe, die ich zu ihnen trage, ist so groß,
daß, woferne die Hand des Schicksals
meine Seele zuerst von meinem Leibe ab-
sondern sollte, solche dero reinen Geist,
wie ein Schatten den Cörper, allenthal-
ben begleiten würde. Also erlauben sie
mir, allerwertheste
Mademoiselle, zur
Verbannung des Mißtrauens, so sie
auf meine Treue setzen, wenn ich von ih-
nen abwesend bin, daß ich sie mit der
Offenhertzigkeit meines Gemüthes, und
der Uberschwenglichkeit meiner Liebe so
inbrünstig umfangen möge, biß unsere
Seelen sich einer der andern gleichsam
eingehauchet. Eine Entlegenheit, so weit

als

Die heimlichen Liebes-Geſchichte
Liebe und Vergnuͤglichkeit leiten moͤge!
Mademoiſelle! erwiederte Ibrahim Ahmet,
ich weiß, daß ehrliebende Frauen-Bil-
der, die Lauterkeit ihrer Neigungen aus-
zudrucken, ihr Leben auf der Grufft ih-
rer erblaßten Liebhaber aufgegeben;
Nun halte ich
Mademoiſelle auch fuͤr ei-
ne ſo getreue Seele, daß, woferne der
Tod unſere Leiber von einander ſcheiden
ſollte, die Liebe dennoch unſere Aſchen
vereinigen, uñ die Unſterblichkeit unſerer
Neigungen durch die Unſterblichkeit un-
ſerer Seelen erhalten werde: Ja, meine
Liebe, die ich zu ihnen trage, iſt ſo groß,
daß, woferne die Hand des Schickſals
meine Seele zuerſt von meinem Leibe ab-
ſondern ſollte, ſolche dero reinen Geiſt,
wie ein Schatten den Coͤrper, allenthal-
ben begleiten wuͤrde. Alſo erlauben ſie
mir, allerwertheſte
Mademoiſelle, zur
Verbannung des Mißtrauens, ſo ſie
auf meine Treue ſetzen, wenn ich von ih-
nen abweſend bin, daß ich ſie mit der
Offenhertzigkeit meines Gemuͤthes, und
der Uberſchwenglichkeit meiner Liebe ſo
inbruͤnſtig umfangen moͤge, biß unſere
Seelen ſich einer der andern gleichſam
eingehauchet. Eine Entlegenheit, ſo weit

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[538/0558] Die heimlichen Liebes-Geſchichte Liebe und Vergnuͤglichkeit leiten moͤge! Mademoiſelle! erwiederte Ibrahim Ahmet, ich weiß, daß ehrliebende Frauen-Bil- der, die Lauterkeit ihrer Neigungen aus- zudrucken, ihr Leben auf der Grufft ih- rer erblaßten Liebhaber aufgegeben; Nun halte ich Mademoiſelle auch fuͤr ei- ne ſo getreue Seele, daß, woferne der Tod unſere Leiber von einander ſcheiden ſollte, die Liebe dennoch unſere Aſchen vereinigen, uñ die Unſterblichkeit unſerer Neigungen durch die Unſterblichkeit un- ſerer Seelen erhalten werde: Ja, meine Liebe, die ich zu ihnen trage, iſt ſo groß, daß, woferne die Hand des Schickſals meine Seele zuerſt von meinem Leibe ab- ſondern ſollte, ſolche dero reinen Geiſt, wie ein Schatten den Coͤrper, allenthal- ben begleiten wuͤrde. Alſo erlauben ſie mir, allerwertheſte Mademoiſelle, zur Verbannung des Mißtrauens, ſo ſie auf meine Treue ſetzen, wenn ich von ih- nen abweſend bin, daß ich ſie mit der Offenhertzigkeit meines Gemuͤthes, und der Uberſchwenglichkeit meiner Liebe ſo inbruͤnſtig umfangen moͤge, biß unſere Seelen ſich einer der andern gleichſam eingehauchet. Eine Entlegenheit, ſo weit als

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Zitationshilfe: Rost, Johann Leonhard: Leben und Thaten Derer berühmtesten Englischen Coquetten und Maitressen. Nürnberg, 1721, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rost_thaten_1721/558>, abgerufen am 26.04.2024.