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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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lich, ihr und den Schwestern (so nennt sie die
andern beiden) zu sagen, was sie zu thun haben, und
was sie bei der Wartung der Kranken vermeiden
müßten.

Bewegt von des Kindes unschuldiger freimüthi-
ger Bitte, sagte er ihr alles, und instruirte sie
wie eine erwachsene Person. Sie horchte scharf
auf, und verlor keines seiner Worre. Dem Wol-
demar ward es sehr schwer, sich in den Schran-
ken zu halten, die der Arzt ihm vorgeschrieben.
und diese Anstrengung selbst mochte wohl zu der
Heftigkeit des zweiten Fieberparoxismus mitge-
wirkt haben. Er war wirklich sehr arg. Der
arme Junge declamirte fürchterlich; seine Phan-
tasie malte ihm immer Jda und die andern
kleinen Schwestern vor, die er aus dem Wasser
retten wollte, und die immer wieder versanken,
wenn er sie halb empor gezogen hatte. Jda weinte
schmerzlich, und wandte alles erdenkliche an,
ihn zu überzeugen, daß sie wirklich vor ihm stän-
de, dann lächelte er ihr zu, und sagte: ja, ja,
ich will es glauben, wenn ich dich erst gerettet

lich, ihr und den Schweſtern (ſo nennt ſie die
andern beiden) zu ſagen, was ſie zu thun haben, und
was ſie bei der Wartung der Kranken vermeiden
müßten.

Bewegt von des Kindes unſchuldiger freimüthi-
ger Bitte, ſagte er ihr alles, und inſtruirte ſie
wie eine erwachſene Perſon. Sie horchte ſcharf
auf, und verlor keines ſeiner Worre. Dem Wol-
demar ward es ſehr ſchwer, ſich in den Schran-
ken zu halten, die der Arzt ihm vorgeſchrieben.
und dieſe Anſtrengung ſelbſt mochte wohl zu der
Heftigkeit des zweiten Fieberparoxismus mitge-
wirkt haben. Er war wirklich ſehr arg. Der
arme Junge declamirte fürchterlich; ſeine Phan-
taſie malte ihm immer Jda und die andern
kleinen Schweſtern vor, die er aus dem Waſſer
retten wollte, und die immer wieder verſanken,
wenn er ſie halb empor gezogen hatte. Jda weinte
ſchmerzlich, und wandte alles erdenkliche an,
ihn zu überzeugen, daß ſie wirklich vor ihm ſtän-
de, dann lächelte er ihr zu, und ſagte: ja, ja,
ich will es glauben, wenn ich dich erſt gerettet

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[47/0055] lich, ihr und den Schweſtern (ſo nennt ſie die andern beiden) zu ſagen, was ſie zu thun haben, und was ſie bei der Wartung der Kranken vermeiden müßten. Bewegt von des Kindes unſchuldiger freimüthi- ger Bitte, ſagte er ihr alles, und inſtruirte ſie wie eine erwachſene Perſon. Sie horchte ſcharf auf, und verlor keines ſeiner Worre. Dem Wol- demar ward es ſehr ſchwer, ſich in den Schran- ken zu halten, die der Arzt ihm vorgeſchrieben. und dieſe Anſtrengung ſelbſt mochte wohl zu der Heftigkeit des zweiten Fieberparoxismus mitge- wirkt haben. Er war wirklich ſehr arg. Der arme Junge declamirte fürchterlich; ſeine Phan- taſie malte ihm immer Jda und die andern kleinen Schweſtern vor, die er aus dem Waſſer retten wollte, und die immer wieder verſanken, wenn er ſie halb empor gezogen hatte. Jda weinte ſchmerzlich, und wandte alles erdenkliche an, ihn zu überzeugen, daß ſie wirklich vor ihm ſtän- de, dann lächelte er ihr zu, und ſagte: ja, ja, ich will es glauben, wenn ich dich erſt gerettet

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/55>, abgerufen am 27.04.2024.