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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Die künstlichen Düngestoffe und die Chemie des Bodens.
dort, wo den Pflanzen schädliche Flüssigkeiten in den Untergrund ver-
sickert sind, was zuweilen in der Umgebung mancher chemischen Fabriken,
welche größere Mengen gewisser Lösungen fortlaufen lassen müssen,
wohl vorkommen kann.

Die Farbe des Bodens kommt insofern in Betracht, als ein dunkler
Boden sich viel leichter erwärmt, als ein heller und die aufgenommene
Wärme auch viel länger behält. Ferner ist die dunkle Farbe gewöhn-
lich ein Zeichen eines größeren Gehaltes an Humus, welcher -- wie
bereits vorher gesagt -- durch fortwährende Zersetzung Kohlensäure
entwickelt, und diese ist nicht nur an und für sich ein wichtiger Nährstoff,
sondern auch ein vorzügliches Lösungsmittel für andere Nährstoffe. --

Die Konsistenz des Bodens und des Untergrundes schließlich ist
sowohl für die Ausbreitung der Wurzeln, als auch für die Regulierung
des Wassergehaltes wichtig. Ist der Boden zu locker, so läßt er zu
viel Wasser durch, ein leichter Boden wird um so schneller trocken, ja
schließlich sogar dürr werden; ist er dagegen zu fest, so werden die
Wurzeln bei ihrer Ausbreitung Widerstände zu überwinden haben,
denen sie nicht immer gewachsen sind und ein zu dichter Untergrund
kann das Abfließen des Wassers derartig hindern, daß schließlich eine
Versumpfung eintritt. Er ist die wesentliche Veranlassung zur Bildung
weiter Moorstrecken, welche lange Zeit unfruchtbar lagen und erst
neuerdings besonders nach der Methode von Rimpau-Cunrau kultiviert
werden.

Die chemischen Mängel des Bodens können durch Zufuhr von
künstlichen Düngemitteln, die physikalischen durch Meliorations-Methoden
verbessert werden. Die wichtigsten der letzteren wollen wir hier kurz
erwähnen, um uns dann eingehender mit den ersteren, wie mit der
Ernährung der Kulturpflanzen überhaupt zu beschäftigen.

Eine der am häufigsten angewendeten Meliorations-Methoden ist die
Bodenmischung. Diese wird überall dort angewendet, wo dem Boden
gewisse Bestandteile ganz oder teilweise fehlen und ist auf sehr ver-
schiedenen Wegen zu erzielen. Durch Tiefpflügen mit dem eigens
hierzu konstruierten Untergrundpflug mischt man den Untergrund mit
den oberen Schichten und erreicht das noch vollkommener durch sog.
Rajolen, d. h. die Erde in einen tiefen und breiten Graben auswerfen,
denselben mit Erde des benachbarten Teiles so füllen, daß der unterste
Teil derselben obenauf zu liegen kommt, u. s. f., bis das ganze Feld
auf diese Art umgestochen ist. Häufig wird auch guter Boden von
anderen Orten zum Mischen herbeigeschafft und ebenso in gewissen Fällen
Kalk oder Mergel. Der Kalk hat dann eine sehr wichtige Rolle, denn
er ist sowohl direkt Nährstoff, als er auch auflösend auf viele Minera-
lien wirkt und schließlich die saure Beschaffenheit des Bodens neutra-
lisiert. Hierbei muß auch erwähnt werden, daß jede mechanische Be-
arbeitung des Bodens, wie alle Arten des Pflügens, Eggens etc. zu
den Meliorations-Methoden zu zählen sind, und nimmt man hierbei

Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens.
dort, wo den Pflanzen ſchädliche Flüſſigkeiten in den Untergrund ver-
ſickert ſind, was zuweilen in der Umgebung mancher chemiſchen Fabriken,
welche größere Mengen gewiſſer Löſungen fortlaufen laſſen müſſen,
wohl vorkommen kann.

Die Farbe des Bodens kommt inſofern in Betracht, als ein dunkler
Boden ſich viel leichter erwärmt, als ein heller und die aufgenommene
Wärme auch viel länger behält. Ferner iſt die dunkle Farbe gewöhn-
lich ein Zeichen eines größeren Gehaltes an Humus, welcher — wie
bereits vorher geſagt — durch fortwährende Zerſetzung Kohlenſäure
entwickelt, und dieſe iſt nicht nur an und für ſich ein wichtiger Nährſtoff,
ſondern auch ein vorzügliches Löſungsmittel für andere Nährſtoffe. —

Die Konſiſtenz des Bodens und des Untergrundes ſchließlich iſt
ſowohl für die Ausbreitung der Wurzeln, als auch für die Regulierung
des Waſſergehaltes wichtig. Iſt der Boden zu locker, ſo läßt er zu
viel Waſſer durch, ein leichter Boden wird um ſo ſchneller trocken, ja
ſchließlich ſogar dürr werden; iſt er dagegen zu feſt, ſo werden die
Wurzeln bei ihrer Ausbreitung Widerſtände zu überwinden haben,
denen ſie nicht immer gewachſen ſind und ein zu dichter Untergrund
kann das Abfließen des Waſſers derartig hindern, daß ſchließlich eine
Verſumpfung eintritt. Er iſt die weſentliche Veranlaſſung zur Bildung
weiter Moorſtrecken, welche lange Zeit unfruchtbar lagen und erſt
neuerdings beſonders nach der Methode von Rimpau-Cunrau kultiviert
werden.

Die chemiſchen Mängel des Bodens können durch Zufuhr von
künſtlichen Düngemitteln, die phyſikaliſchen durch Meliorations-Methoden
verbeſſert werden. Die wichtigſten der letzteren wollen wir hier kurz
erwähnen, um uns dann eingehender mit den erſteren, wie mit der
Ernährung der Kulturpflanzen überhaupt zu beſchäftigen.

Eine der am häufigſten angewendeten Meliorations-Methoden iſt die
Bodenmiſchung. Dieſe wird überall dort angewendet, wo dem Boden
gewiſſe Beſtandteile ganz oder teilweiſe fehlen und iſt auf ſehr ver-
ſchiedenen Wegen zu erzielen. Durch Tiefpflügen mit dem eigens
hierzu konſtruierten Untergrundpflug miſcht man den Untergrund mit
den oberen Schichten und erreicht das noch vollkommener durch ſog.
Rajolen, d. h. die Erde in einen tiefen und breiten Graben auswerfen,
denſelben mit Erde des benachbarten Teiles ſo füllen, daß der unterſte
Teil derſelben obenauf zu liegen kommt, u. ſ. f., bis das ganze Feld
auf dieſe Art umgeſtochen iſt. Häufig wird auch guter Boden von
anderen Orten zum Miſchen herbeigeſchafft und ebenſo in gewiſſen Fällen
Kalk oder Mergel. Der Kalk hat dann eine ſehr wichtige Rolle, denn
er iſt ſowohl direkt Nährſtoff, als er auch auflöſend auf viele Minera-
lien wirkt und ſchließlich die ſaure Beſchaffenheit des Bodens neutra-
liſiert. Hierbei muß auch erwähnt werden, daß jede mechaniſche Be-
arbeitung des Bodens, wie alle Arten des Pflügens, Eggens ꝛc. zu
den Meliorations-Methoden zu zählen ſind, und nimmt man hierbei

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[422/0440] Die künſtlichen Düngeſtoffe und die Chemie des Bodens. dort, wo den Pflanzen ſchädliche Flüſſigkeiten in den Untergrund ver- ſickert ſind, was zuweilen in der Umgebung mancher chemiſchen Fabriken, welche größere Mengen gewiſſer Löſungen fortlaufen laſſen müſſen, wohl vorkommen kann. Die Farbe des Bodens kommt inſofern in Betracht, als ein dunkler Boden ſich viel leichter erwärmt, als ein heller und die aufgenommene Wärme auch viel länger behält. Ferner iſt die dunkle Farbe gewöhn- lich ein Zeichen eines größeren Gehaltes an Humus, welcher — wie bereits vorher geſagt — durch fortwährende Zerſetzung Kohlenſäure entwickelt, und dieſe iſt nicht nur an und für ſich ein wichtiger Nährſtoff, ſondern auch ein vorzügliches Löſungsmittel für andere Nährſtoffe. — Die Konſiſtenz des Bodens und des Untergrundes ſchließlich iſt ſowohl für die Ausbreitung der Wurzeln, als auch für die Regulierung des Waſſergehaltes wichtig. Iſt der Boden zu locker, ſo läßt er zu viel Waſſer durch, ein leichter Boden wird um ſo ſchneller trocken, ja ſchließlich ſogar dürr werden; iſt er dagegen zu feſt, ſo werden die Wurzeln bei ihrer Ausbreitung Widerſtände zu überwinden haben, denen ſie nicht immer gewachſen ſind und ein zu dichter Untergrund kann das Abfließen des Waſſers derartig hindern, daß ſchließlich eine Verſumpfung eintritt. Er iſt die weſentliche Veranlaſſung zur Bildung weiter Moorſtrecken, welche lange Zeit unfruchtbar lagen und erſt neuerdings beſonders nach der Methode von Rimpau-Cunrau kultiviert werden. Die chemiſchen Mängel des Bodens können durch Zufuhr von künſtlichen Düngemitteln, die phyſikaliſchen durch Meliorations-Methoden verbeſſert werden. Die wichtigſten der letzteren wollen wir hier kurz erwähnen, um uns dann eingehender mit den erſteren, wie mit der Ernährung der Kulturpflanzen überhaupt zu beſchäftigen. Eine der am häufigſten angewendeten Meliorations-Methoden iſt die Bodenmiſchung. Dieſe wird überall dort angewendet, wo dem Boden gewiſſe Beſtandteile ganz oder teilweiſe fehlen und iſt auf ſehr ver- ſchiedenen Wegen zu erzielen. Durch Tiefpflügen mit dem eigens hierzu konſtruierten Untergrundpflug miſcht man den Untergrund mit den oberen Schichten und erreicht das noch vollkommener durch ſog. Rajolen, d. h. die Erde in einen tiefen und breiten Graben auswerfen, denſelben mit Erde des benachbarten Teiles ſo füllen, daß der unterſte Teil derſelben obenauf zu liegen kommt, u. ſ. f., bis das ganze Feld auf dieſe Art umgeſtochen iſt. Häufig wird auch guter Boden von anderen Orten zum Miſchen herbeigeſchafft und ebenſo in gewiſſen Fällen Kalk oder Mergel. Der Kalk hat dann eine ſehr wichtige Rolle, denn er iſt ſowohl direkt Nährſtoff, als er auch auflöſend auf viele Minera- lien wirkt und ſchließlich die ſaure Beſchaffenheit des Bodens neutra- liſiert. Hierbei muß auch erwähnt werden, daß jede mechaniſche Be- arbeitung des Bodens, wie alle Arten des Pflügens, Eggens ꝛc. zu den Meliorations-Methoden zu zählen ſind, und nimmt man hierbei

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/440>, abgerufen am 26.04.2024.