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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] den Fest-Tägen/ nachdem sie ihn mit etwas Oehl begossen hatten/ mit ungewaschner Wolle zu bedecken. Die Römer aber haben dafür gehalten/ daß er/ nemlich Saturnus/ wann alle Götter weggewichen/ allein beständig in des Jupiters Tempel im Capitolio verblieben/ derowegen er nachmahls für den Gott Terminus gehalten worden. Durch gleichmässigen Betrug hat hernachmals die Mutter auch den Neptunus erhalten/ da sie vorgegeben/ sie habe ein junges Pferde-Füllen zur Welt gebracht; welches sie/ wie die Arcadier/ nach dem Zeugnus des Pausanias/ geglaubt/ dem Manne zu fressen dargereicht habe. So ist auch Pluto dem Tode entgangen/ als er auf einmal/ neben seiner Schwester der Glauca/ gebohren wurde/ die gleichfalls allein dem Vatter vorgezeiget worden/ dann die übrigen Knäblein alle/ ausgenommen diese dreye/ hat er gefressen/ und von Stund an wieder ausgespyen. Welches alles dahin zielet/ daß alles das/ was in der Zeit aus dieser Materialischen Welt entstanden/ endlich auch von der Zeit wiederum verzehret werde/ ausgenommen die vier Elementen (wann man ihre gantze und allgemeine Vermisch- oder Vereinigung/ und nicht nur deren Theile betrachtet) das ist/Feuer/ Lufft/ Wasser/ Erde/ welche durch die vier Söhne des Saturnus/ den Jupiter nemlich/ die Juno/ den Neptunus und Pluto vorgestellet werden/ die der Zeit Verzehrlichkeit entflihen/ weil sie allezeit in einem Stande verbleiben.

Andere Abbildung deß Saturnus. Martianus Capella beschreibet unter andern den Saturnus folgender Gestalt/ er gehe sehr langsam und gemächlich einher/ sey am Haupt mit einem dunckelgrauen Gewande bedeckt/ halte in der Hand einen feuerspeyenden Drachen oder Schlange/ so das euserste des Schwantzes zwischen die Zähne gefasst (auch/ wie sie glaubten/ die Jahrzahl mit Namen anweisen solte) und habe ein Eyßgraues Haupt-Haar: wiewohl man auch dafür hielte/ er könte ein Kind werden; welches man nicht unfüglich auf die jährlich sich wieder erneuende Erklärung dieser Bildnus. Zeit ziehen kan: Dann das dunckelgraue Gewand/ wormit sein weisses Haar bedeckt wird/ zeiget des Jahres Anfang an/ wann im angehenden Frühling die Erde grünet/ welche im Winter mit Schnee bedeckt war; also folget stracks eine Zeit auf die andere/ daß sie an einander gebunden zu seyn scheinen. Die Langsamkeit des Gehens kan mit des Planeten Saturnus Umlauffe verglichen werden/ als welcher eine sehr lange Zeit zu demselben von nöthen hat/ zumahl er unter den Irrsternen der Gröste und Höheste/ und folgbarlich auch seinen Lauff am langsamsten vollendet. Weil aber den Menschen von dessen Sterne viel Unglücke gedrohet werden/ hat man ihn alt/ betrübt/ schmutzicht/ mit einem krummen Halse und blossem Haupte/ auch faul/ träg und verdrossen abgebildet/ [Spaltenumbruch] weil die Krafft oder Gewalt seines Sterns diese Unterdinge erkältet/ austrucknet und in uns die schwartze Gall erreget. Dannenhero eben dieser Martianus/ da er seine Philologiam. durch alle Himmel oder Sphaeren führet/ sobald sie an des Saturnus Circul/ oder Umlauff kommen/ verschaffet/ daß sie selbigen daselbst gefroren/ mit Schnee und Reiff bedeckt/ und auf dem ober Haupte eine Schlange/ oder unterweilen auch eines Löwen oder Zähn-blökenden wilden Schweins Kopff/ liegend gefunden; welche Köpffe vielleicht für die Wirckungen der Zeit genommen werden können; wiewol ich solches/ weil keiner unter den Alten etwas darvon gedencket/ nicht behaupten will/ ungeachtet das Bild/ so von den Egyptiern neben des Serapis Bildnus gestellt wurde/ mit diesem sehr genau übereinkommt; dasselbe aber hatte drey Köpffe/ eines Löwen nemlich/ Hundes und Wolffs/ die/ wie an seinem Orte gesagt werden soll/ der vergangenen/ gegenwärtigen und zukünfftigen Zeit eine vortreffliche Bedeut- und Anzeigung gewesen.

Eusebii Bildnus des Saturnus. Nun wollen wir besehen/ was Eusebius von Krafft und Natur der Zeit/ die durch des Saturnus Bildnus angedeutet wurde/ geschrieben habe. Astarte / eine Tochter des Himmels/ und des Saturnus Schwester und Gemahlin (deren er eine grosse Anzahl hatte) machte ihrem Gemahl einen Königlichen Schmuck/ der vier Augen hatte/ zwey nemlich vornen/ und zwey hinden: diese wurden bald verschlossen/ und stunden bald wieder offen/dergestalt/ daß allezeit zwey darunter wacheten; denen Achseln waren vier Flügel angefüget/ worvon zwey/ als eines zum Fliegen fertigen Vogels/ausgebreitet/ die andern zwey aber/ als eines stehenden/ eingezogen und zusammen gelegt waren. Wordurch wir gelehrt werden/ daß die Zeit/ ob sie wol unterweilen zu schlaffen scheinet/ dannoch wache/ und unter dem Wachen auch zugleich schlaffe/ Ja auch/ wann sie still stehet/ auffs schnelleste fliege/ und unter dem Fliegen stillstehe. Ebendiese hat auch dem Haupt ihres Gemahls und Bruders zwey Flügel angefüget/ durch deren einen des Geistes Vortrefflichkeit/ durch den andern aber der leiblichen Empfindlichkeit Krafft und Natur angedeutet wird: dann einige der Philosophen halten dafür/ daß das Gemüth/ wann es/ mit dem Leibe verbunden zu werden/ herunter kommet/ von des Saturnus Circkel oder Umlauffe das Vermögen/ oder die Krafft zu verstehen/ und die Vernunfft zu gebrauchen entlehne/ welche indem sie daselbst ist/ nicht allein in denen Dingen/ die es durch den Verstand begreifft/ sondern auch in den jenigen/ welche/ vermittelst der Sinnen/ erkannt werden/ hervorleuchten und sehen lässet. Allein/ wann wir denen Platonisten folgen wollen/ so bezeichnet uns der Saturnus eine Bildnus eines solchen Geistes/ oder Gemühts/ das alles

[Spaltenumbruch] den Fest-Tägen/ nachdem sie ihn mit etwas Oehl begossen hatten/ mit ungewaschner Wolle zu bedecken. Die Römer aber haben dafür gehalten/ daß er/ nemlich Saturnus/ wann alle Götter weggewichen/ allein beständig in des Jupiters Tempel im Capitolio verblieben/ derowegen er nachmahls für den Gott Terminus gehalten worden. Durch gleichmässigen Betrug hat hernachmals die Mutter auch den Neptunus erhalten/ da sie vorgegeben/ sie habe ein junges Pferde-Füllen zur Welt gebracht; welches sie/ wie die Arcadier/ nach dem Zeugnus des Pausanias/ geglaubt/ dem Manne zu fressen dargereicht habe. So ist auch Pluto dem Tode entgangen/ als er auf einmal/ neben seiner Schwester der Glauca/ gebohren wurde/ die gleichfalls allein dem Vatter vorgezeiget worden/ dann die übrigen Knäblein alle/ ausgenommen diese dreye/ hat er gefressen/ und von Stund an wieder ausgespyen. Welches alles dahin zielet/ daß alles das/ was in der Zeit aus dieser Materialischen Welt entstanden/ endlich auch von der Zeit wiederum verzehret werde/ ausgenommen die vier Elementen (wann man ihre gantze und allgemeine Vermisch- oder Vereinigung/ und nicht nur deren Theile betrachtet) das ist/Feuer/ Lufft/ Wasser/ Erde/ welche durch die vier Söhne des Saturnus/ den Jupiter nemlich/ die Juno/ den Neptunus und Pluto vorgestellet werden/ die der Zeit Verzehrlichkeit entflihen/ weil sie allezeit in einem Stande verbleiben.

Andere Abbildung deß Saturnus. Martianus Capella beschreibet unter andern den Saturnus folgender Gestalt/ er gehe sehr langsam und gemächlich einher/ sey am Haupt mit einem dunckelgrauen Gewande bedeckt/ halte in der Hand einen feuerspeyenden Drachen oder Schlange/ so das euserste des Schwantzes zwischen die Zähne gefasst (auch/ wie sie glaubten/ die Jahrzahl mit Namen anweisen solte) und habe ein Eyßgraues Haupt-Haar: wiewohl man auch dafür hielte/ er könte ein Kind werden; welches man nicht unfüglich auf die jährlich sich wieder erneuende Erklärung dieser Bildnus. Zeit ziehen kan: Dann das dunckelgraue Gewand/ wormit sein weisses Haar bedeckt wird/ zeiget des Jahres Anfang an/ wann im angehenden Frühling die Erde grünet/ welche im Winter mit Schnee bedeckt war; also folget stracks eine Zeit auf die andere/ daß sie an einander gebunden zu seyn scheinen. Die Langsamkeit des Gehens kan mit des Planeten Saturnus Umlauffe verglichen werden/ als welcher eine sehr lange Zeit zu demselben von nöthen hat/ zumahl er unter den Irrsternen der Gröste und Höheste/ und folgbarlich auch seinen Lauff am langsamsten vollendet. Weil aber den Menschen von dessen Sterne viel Unglücke gedrohet werden/ hat man ihn alt/ betrübt/ schmutzicht/ mit einem krummen Halse und blossem Haupte/ auch faul/ träg und verdrossen abgebildet/ [Spaltenumbruch] weil die Krafft oder Gewalt seines Sterns diese Unterdinge erkältet/ austrucknet und in uns die schwartze Gall erreget. Dannenhero eben dieser Martianus/ da er seine Philologiam. durch alle Himmel oder Sphaeren führet/ sobald sie an des Saturnus Circul/ oder Umlauff kommen/ verschaffet/ daß sie selbigen daselbst gefroren/ mit Schnee und Reiff bedeckt/ und auf dem ober Haupte eine Schlange/ oder unterweilen auch eines Löwen oder Zähn-blökenden wilden Schweins Kopff/ liegend gefunden; welche Köpffe vielleicht für die Wirckungen der Zeit genommen werden können; wiewol ich solches/ weil keiner unter den Alten etwas darvon gedencket/ nicht behaupten will/ ungeachtet das Bild/ so von den Egyptiern neben des Serapis Bildnus gestellt wurde/ mit diesem sehr genau übereinkommt; dasselbe aber hatte drey Köpffe/ eines Löwen nemlich/ Hundes und Wolffs/ die/ wie an seinem Orte gesagt werden soll/ der vergangenen/ gegenwärtigen und zukünfftigen Zeit eine vortreffliche Bedeut- und Anzeigung gewesen.

Eusebii Bildnus des Saturnus. Nun wollen wir besehen/ was Eusebius von Krafft und Natur der Zeit/ die durch des Saturnus Bildnus angedeutet wurde/ geschrieben habe. Astarte / eine Tochter des Himmels/ und des Saturnus Schwester und Gemahlin (deren er eine grosse Anzahl hatte) machte ihrem Gemahl einen Königlichen Schmuck/ der vier Augen hatte/ zwey nemlich vornen/ und zwey hinden: diese wurden bald verschlossen/ und stunden bald wieder offen/dergestalt/ daß allezeit zwey darunter wacheten; denen Achseln waren vier Flügel angefüget/ worvon zwey/ als eines zum Fliegen fertigen Vogels/ausgebreitet/ die andern zwey aber/ als eines stehenden/ eingezogen und zusammen gelegt waren. Wordurch wir gelehrt werden/ daß die Zeit/ ob sie wol unterweilen zu schlaffen scheinet/ dannoch wache/ und unter dem Wachen auch zugleich schlaffe/ Ja auch/ wann sie still stehet/ auffs schnelleste fliege/ und unter dem Fliegen stillstehe. Ebendiese hat auch dem Haupt ihres Gemahls und Bruders zwey Flügel angefüget/ durch deren einen des Geistes Vortrefflichkeit/ durch den andern aber der leiblichen Empfindlichkeit Krafft und Natur angedeutet wird: dann einige der Philosophen halten dafür/ daß das Gemüth/ wann es/ mit dem Leibe verbunden zu werden/ herunter kommet/ von des Saturnus Circkel oder Umlauffe das Vermögen/ oder die Krafft zu verstehen/ und die Vernunfft zu gebrauchen entlehne/ welche indem sie daselbst ist/ nicht allein in denen Dingen/ die es durch den Verstand begreifft/ sondern auch in den jenigen/ welche/ vermittelst der Sinnen/ erkannt werden/ hervorleuchten und sehen lässet. Allein/ wann wir denen Platonisten folgen wollen/ so bezeichnet uns der Saturnus eine Bildnus eines solchen Geistes/ oder Gemühts/ das alles

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 15/0071] den Fest-Tägen/ nachdem sie ihn mit etwas Oehl begossen hatten/ mit ungewaschner Wolle zu bedecken. Die Römer aber haben dafür gehalten/ daß er/ nemlich Saturnus/ wann alle Götter weggewichen/ allein beständig in des Jupiters Tempel im Capitolio verblieben/ derowegen er nachmahls für den Gott Terminus gehalten worden. Durch gleichmässigen Betrug hat hernachmals die Mutter auch den Neptunus erhalten/ da sie vorgegeben/ sie habe ein junges Pferde-Füllen zur Welt gebracht; welches sie/ wie die Arcadier/ nach dem Zeugnus des Pausanias/ geglaubt/ dem Manne zu fressen dargereicht habe. So ist auch Pluto dem Tode entgangen/ als er auf einmal/ neben seiner Schwester der Glauca/ gebohren wurde/ die gleichfalls allein dem Vatter vorgezeiget worden/ dann die übrigen Knäblein alle/ ausgenommen diese dreye/ hat er gefressen/ und von Stund an wieder ausgespyen. Welches alles dahin zielet/ daß alles das/ was in der Zeit aus dieser Materialischen Welt entstanden/ endlich auch von der Zeit wiederum verzehret werde/ ausgenommen die vier Elementen (wann man ihre gantze und allgemeine Vermisch- oder Vereinigung/ und nicht nur deren Theile betrachtet) das ist/Feuer/ Lufft/ Wasser/ Erde/ welche durch die vier Söhne des Saturnus/ den Jupiter nemlich/ die Juno/ den Neptunus und Pluto vorgestellet werden/ die der Zeit Verzehrlichkeit entflihen/ weil sie allezeit in einem Stande verbleiben. Martianus Capella beschreibet unter andern den Saturnus folgender Gestalt/ er gehe sehr langsam und gemächlich einher/ sey am Haupt mit einem dunckelgrauen Gewande bedeckt/ halte in der Hand einen feuerspeyenden Drachen oder Schlange/ so das euserste des Schwantzes zwischen die Zähne gefasst (auch/ wie sie glaubten/ die Jahrzahl mit Namen anweisen solte) und habe ein Eyßgraues Haupt-Haar: wiewohl man auch dafür hielte/ er könte ein Kind werden; welches man nicht unfüglich auf die jährlich sich wieder erneuende Zeit ziehen kan: Dann das dunckelgraue Gewand/ wormit sein weisses Haar bedeckt wird/ zeiget des Jahres Anfang an/ wann im angehenden Frühling die Erde grünet/ welche im Winter mit Schnee bedeckt war; also folget stracks eine Zeit auf die andere/ daß sie an einander gebunden zu seyn scheinen. Die Langsamkeit des Gehens kan mit des Planeten Saturnus Umlauffe verglichen werden/ als welcher eine sehr lange Zeit zu demselben von nöthen hat/ zumahl er unter den Irrsternen der Gröste und Höheste/ und folgbarlich auch seinen Lauff am langsamsten vollendet. Weil aber den Menschen von dessen Sterne viel Unglücke gedrohet werden/ hat man ihn alt/ betrübt/ schmutzicht/ mit einem krummen Halse und blossem Haupte/ auch faul/ träg und verdrossen abgebildet/ weil die Krafft oder Gewalt seines Sterns diese Unterdinge erkältet/ austrucknet und in uns die schwartze Gall erreget. Dannenhero eben dieser Martianus/ da er seine Philologiam. durch alle Himmel oder Sphaeren führet/ sobald sie an des Saturnus Circul/ oder Umlauff kommen/ verschaffet/ daß sie selbigen daselbst gefroren/ mit Schnee und Reiff bedeckt/ und auf dem ober Haupte eine Schlange/ oder unterweilen auch eines Löwen oder Zähn-blökenden wilden Schweins Kopff/ liegend gefunden; welche Köpffe vielleicht für die Wirckungen der Zeit genommen werden können; wiewol ich solches/ weil keiner unter den Alten etwas darvon gedencket/ nicht behaupten will/ ungeachtet das Bild/ so von den Egyptiern neben des Serapis Bildnus gestellt wurde/ mit diesem sehr genau übereinkommt; dasselbe aber hatte drey Köpffe/ eines Löwen nemlich/ Hundes und Wolffs/ die/ wie an seinem Orte gesagt werden soll/ der vergangenen/ gegenwärtigen und zukünfftigen Zeit eine vortreffliche Bedeut- und Anzeigung gewesen. Andere Abbildung deß Saturnus. Erklärung dieser Bildnus. Nun wollen wir besehen/ was Eusebius von Krafft und Natur der Zeit/ die durch des Saturnus Bildnus angedeutet wurde/ geschrieben habe. Astarte / eine Tochter des Himmels/ und des Saturnus Schwester und Gemahlin (deren er eine grosse Anzahl hatte) machte ihrem Gemahl einen Königlichen Schmuck/ der vier Augen hatte/ zwey nemlich vornen/ und zwey hinden: diese wurden bald verschlossen/ und stunden bald wieder offen/dergestalt/ daß allezeit zwey darunter wacheten; denen Achseln waren vier Flügel angefüget/ worvon zwey/ als eines zum Fliegen fertigen Vogels/ausgebreitet/ die andern zwey aber/ als eines stehenden/ eingezogen und zusammen gelegt waren. Wordurch wir gelehrt werden/ daß die Zeit/ ob sie wol unterweilen zu schlaffen scheinet/ dannoch wache/ und unter dem Wachen auch zugleich schlaffe/ Ja auch/ wann sie still stehet/ auffs schnelleste fliege/ und unter dem Fliegen stillstehe. Ebendiese hat auch dem Haupt ihres Gemahls und Bruders zwey Flügel angefüget/ durch deren einen des Geistes Vortrefflichkeit/ durch den andern aber der leiblichen Empfindlichkeit Krafft und Natur angedeutet wird: dann einige der Philosophen halten dafür/ daß das Gemüth/ wann es/ mit dem Leibe verbunden zu werden/ herunter kommet/ von des Saturnus Circkel oder Umlauffe das Vermögen/ oder die Krafft zu verstehen/ und die Vernunfft zu gebrauchen entlehne/ welche indem sie daselbst ist/ nicht allein in denen Dingen/ die es durch den Verstand begreifft/ sondern auch in den jenigen/ welche/ vermittelst der Sinnen/ erkannt werden/ hervorleuchten und sehen lässet. Allein/ wann wir denen Platonisten folgen wollen/ so bezeichnet uns der Saturnus eine Bildnus eines solchen Geistes/ oder Gemühts/ das alles Eusebii Bildnus des Saturnus.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/71>, abgerufen am 26.04.2024.