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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] gewidmet war/ die Nachtleuchterin genennet wurde. Man hat ihr sonsten noch viel andere Namen gegeben/ von welchen wir aber hernach handeln wollen.

Wann Pausanias deß Tyrannen Cypsellus zu Corintho in der Juno Tempel stehende Kisten beschreibet/ sagt er unter andern/ daß viel Bildlein in derselben eingelegt und ausgegraben zu sehen gewesen/ deren theils von Gold/ theils aber von Helffenbein/ und unter denselben der Diana Bild mit Flügeln/ mit der rechten Hand auf einen Leopard/ mit der lincken aber auf einen Löwen zeigend/ sich befunden/ worvon er/ wie er selbst bekennet/ keine Ursach zu geben wisse; dannenhero wir unsere Unwissenheit hierinnen zu bekennen/ auch keine Scheue tragen/ ein iedweder mag ihme hierüber eine eigne Auslegung machen/ welches ihme zu thun von uns wol vergönnt ist.

Diana ist dreygestaltig/ oder dreygesichtig. Die Diana ist wegen der dreyen Angesichter/ die ihr von den Poeten zugeeignet werden/ dreygestaltig/ dreygesichtig/ und Trivia, oder die sich dreymahl in ihrer Gestalt und Lauffe verändere/ genennet worden/ und hat die Hecate mit ihr diesen Namen gleichfalls gemein gehabt/ worvon Ovidius also saget:

Ora vides Hecates in tres vergen-
tia partes.

Man sahe Hecate mit einem solchen Mund/
der in drey sondre Theil zertheilet offen
stund.

Jedoch waren diese beyde eigentlich nur eine Göttin/ ob sie wol dem Namen nach unterschieden waren/ damit ihre verschiedene Kräffte/ Eigenschafften und Würckungen/ die man von dieser einigen Göttin herzufliessen sich einbildete/ vor die Augen gestellet würden. Daher Hecate. man in den Fabeln lieset/ die Hecate habe vom Jupiter erlanget/ daß sie zur Vorsteherin der Elementen erkieset wurde; dann das Wörtlein ekhaTon so viel als hundert bedeutet/ durch welche Zahl die Griechen unterweilen eine unzehliche Menge bezeichnen wollen/ weil die Hecate unzehliche Macht und Vermögen zu haben geachtet wurde. Dann es hat das Ansehen/ als ob der Mond den Elementen und allen daraus bestehenden Dingen gleichsam die Ordnung und Gesetz vorschreite/ indeme/ wann er sich verändert/ sie auch ebenmässig mit verwandelt werden. Oder aber es ist der Mond deßwegen Hecate genennt worden/ weil die Alten ihm auf hundert aus grünen Wasen gemachten Altären zu opffern/ und hundert Thiere zu schlachten pflegten/ welche gemeiniglich Schweine und Schafe waren; wann aber das Opffer für den Kayser geschahe/ wurden hundert Löwen oder Adler geschlachtet/ Hecatombe. und solch Opffer Hecatombe genennet. Wiewohl ich nicht glauben kan/ daß alle diese [Spaltenumbruch] Thiere/ so zu den Opffern gebraucht wurden/ seyen warhafftig gewesen/ sondern halte gäntzlich davor/ daß sie unterweilen nur nachgebildet worden; dann die Alten zum öfftern Verstellte Opffer. aus wohlriechenden Dingen/ oder anderer Materia/ ein Thier zum Opffer zu formiren pflegten/ welches sie anders nicht/ als mit höchster Beschwerligkeit/ zu bekommen wusten. Arme Leute pflegten/ wie Svidas meldet/ wann sie das Geld nicht hatten/ die wahren Opffer zu bezahlen/ diese erdichtete/ an deren statt/ aufzusetzen. Eben dergleichen ist beym Herodotus zu lesen/ wann er saget/ daß die Egypter keinem andern Gott eine Sau geopffert/ ausser der Luna/ oder dem Bachus/ oder auch an denen Festen/ so zur Zeit deß Neumonden gefeyret wurden/ sonsten hüteten sie sich sehr fleißig an andern Tägen/ nach ietztbenannten/ (als an welchen sie das Schweinen-Fleisch ohne alle Scheu zu essen pflegten/) kein solches Thier anzurühren: Die Armen aber/ welche wegen Geldmangel keine rechte Sau zu bezahlen vermochten/ haben eine erdichtete geopffert.

Appianus erzehlet/ es haben die Cycener (die sich rühmten/ daß ihre Stadt vom Jupiter der Proserpina zur Morgengabe seye gegeben worden/) jährlich dieser Göttin eine schwartze Kuhe zu opffern pflegen/ aber einsmahls/ da sie von dem Mithridates hart belagert gewesen/ dergleichen nicht bekommen können/ und dannenher an statt derselben eine von Getraide gebildet. Als sie nun eben ietzo dieses Opffer zu verrichten im Wercke gewesen/ sey ein schwartzes/ ihrem Götzen-Dienst gemäßes Thier aus dem Meere/ mitten durch die feindliche Flotte/gedrungen/ in die Stadt getretten/ und freywillig zu der Göttin Altar gegangen/ da sie dann vom Volcke mit öffentlicher Freudbezeugung geopffert worden/ der gefaßten zuversichtlichen Hoffnung/ daß sie unfehlbar/ wegen dieses glückseeligen Zeichens/ von der Belagerung befreyet werden würden; welches auch bald darauf geschehen/ indem Mithridates/ nach ausgestandnem vielem Unglück Zeit währender dieser Belägerung/ dieselbe aufzuheben gezwungen worden.

Die Königin Dido verrichtete/ wie beym Virgilius zu sehen/ ihr letztes Opffer/ vor ihrem Tode/ mit Besprengung falschen Wassers aus dem Avernus/ allda Servius bemercket/ daß die Alten in Gewonheit gehabt/ in den Opffern/ an statt der Dinge/ die man entweder gar nicht/ oder doch schwehrlich haben können/ etwas anders dergleichen zu gebrauchen. Und an einem andern Ort sagt er/ daß das Wasser/ wormit der Isis Tempel besprenget worden/ nicht iederzeit aus dem Nilus geschöpfft gewesen/ ob es wol ins gemein daher geholt zu seyn ausgegeben worden. Es wurden aber die falschen Opffer denen/ so die Wahren nicht herbeyschaffen konten/ nicht allein an statt der Wahrhafften zugerechnet/ sondern

[Spaltenumbruch] gewidmet war/ die Nachtleuchterin genennet wurde. Man hat ihr sonsten noch viel andere Namen gegeben/ von welchen wir aber hernach handeln wollen.

Wann Pausanias deß Tyrannen Cypsellus zu Corintho in der Juno Tempel stehende Kisten beschreibet/ sagt er unter andern/ daß viel Bildlein in derselben eingelegt und ausgegraben zu sehen gewesen/ deren theils von Gold/ theils aber von Helffenbein/ und unter denselben der Diana Bild mit Flügeln/ mit der rechten Hand auf einen Leopard/ mit der lincken aber auf einen Löwen zeigend/ sich befunden/ worvon er/ wie er selbst bekennet/ keine Ursach zu geben wisse; dannenhero wir unsere Unwissenheit hierinnen zu bekennen/ auch keine Scheue tragen/ ein iedweder mag ihme hierüber eine eigne Auslegung machen/ welches ihme zu thun von uns wol vergönnt ist.

Diana ist dreygestaltig/ oder dreygesichtig. Die Diana ist wegen der dreyen Angesichter/ die ihr von den Poeten zugeeignet werden/ dreygestaltig/ dreygesichtig/ und Trivia, oder die sich dreymahl in ihrer Gestalt und Lauffe verändere/ genennet worden/ und hat die Hecate mit ihr diesen Namen gleichfalls gemein gehabt/ worvon Ovidius also saget:

Ora vides Hecates in tres vergen-
tia partes.

Man sahe Hecate mit einem solchen Mund/
der in drey sondre Theil zertheilet offen
stund.

Jedoch waren diese beyde eigentlich nur eine Göttin/ ob sie wol dem Namen nach unterschieden waren/ damit ihre verschiedene Kräffte/ Eigenschafften und Würckungen/ die man von dieser einigen Göttin herzufliessen sich einbildete/ vor die Augen gestellet würden. Daher Hecate. man in den Fabeln lieset/ die Hecate habe vom Jupiter erlanget/ daß sie zur Vorsteherin der Elementen erkieset wurde; dann das Wörtlein εχαΤον so viel als hundert bedeutet/ durch welche Zahl die Griechen unterweilen eine unzehliche Menge bezeichnen wollen/ weil die Hecate unzehliche Macht und Vermögen zu haben geachtet wurde. Dann es hat das Ansehen/ als ob der Mond den Elementen und allen daraus bestehenden Dingen gleichsam die Ordnung und Gesetz vorschreite/ indeme/ wann er sich verändert/ sie auch ebenmässig mit verwandelt werden. Oder aber es ist der Mond deßwegen Hecate genennt worden/ weil die Alten ihm auf hundert aus grünen Wasen gemachten Altären zu opffern/ und hundert Thiere zu schlachten pflegten/ welche gemeiniglich Schweine und Schafe waren; wann aber das Opffer für den Kayser geschahe/ wurden hundert Löwen oder Adler geschlachtet/ Hecatombe. und solch Opffer Hecatombe genennet. Wiewohl ich nicht glauben kan/ daß alle diese [Spaltenumbruch] Thiere/ so zu den Opffern gebraucht wurden/ seyen warhafftig gewesen/ sondern halte gäntzlich davor/ daß sie unterweilen nur nachgebildet worden; dann die Alten zum öfftern Verstellte Opffer. aus wohlriechenden Dingen/ oder anderer Materia/ ein Thier zum Opffer zu formiren pflegten/ welches sie anders nicht/ als mit höchster Beschwerligkeit/ zu bekommen wusten. Arme Leute pflegten/ wie Svidas meldet/ wann sie das Geld nicht hatten/ die wahren Opffer zu bezahlen/ diese erdichtete/ an deren statt/ aufzusetzen. Eben dergleichen ist beym Herodotus zu lesen/ wann er saget/ daß die Egypter keinem andern Gott eine Sau geopffert/ ausser der Luna/ oder dem Bachus/ oder auch an denen Festen/ so zur Zeit deß Neumonden gefeyret wurden/ sonsten hüteten sie sich sehr fleißig an andern Tägen/ nach ietztbenannten/ (als an welchen sie das Schweinen-Fleisch ohne alle Scheu zu essen pflegten/) kein solches Thier anzurühren: Die Armen aber/ welche wegen Geldmangel keine rechte Sau zu bezahlen vermochten/ haben eine erdichtete geopffert.

Appianus erzehlet/ es haben die Cycener (die sich rühmten/ daß ihre Stadt vom Jupiter der Proserpina zur Morgengabe seye gegeben worden/) jährlich dieser Göttin eine schwartze Kuhe zu opffern pflegen/ aber einsmahls/ da sie von dem Mithridates hart belagert gewesen/ dergleichen nicht bekommen können/ und dannenher an statt derselben eine von Getraide gebildet. Als sie nun eben ietzo dieses Opffer zu verrichten im Wercke gewesen/ sey ein schwartzes/ ihrem Götzen-Dienst gemäßes Thier aus dem Meere/ mitten durch die feindliche Flotte/gedrungen/ in die Stadt getretten/ und freywillig zu der Göttin Altar gegangen/ da sie dann vom Volcke mit öffentlicher Freudbezeugung geopffert worden/ der gefaßten zuversichtlichen Hoffnung/ daß sie unfehlbar/ wegen dieses glückseeligen Zeichens/ von der Belagerung befreyet werden würden; welches auch bald darauf geschehen/ indem Mithridates/ nach ausgestandnem vielem Unglück Zeit währender dieser Belägerung/ dieselbe aufzuheben gezwungen worden.

Die Königin Dido verrichtete/ wie beym Virgilius zu sehen/ ihr letztes Opffer/ vor ihrem Tode/ mit Besprengung falschen Wassers aus dem Avernus/ allda Servius bemercket/ daß die Alten in Gewonheit gehabt/ in den Opffern/ an statt der Dinge/ die man entweder gar nicht/ oder doch schwehrlich haben können/ etwas anders dergleichen zu gebrauchen. Und an einem andern Ort sagt er/ daß das Wasser/ wormit der Isis Tempel besprenget worden/ nicht iederzeit aus dem Nilus geschöpfft gewesen/ ob es wol ins gemein daher geholt zu seyn ausgegeben worden. Es wurden aber die falschen Opffer denen/ so die Wahren nicht herbeyschaffen konten/ nicht allein an statt der Wahrhafften zugerechnet/ sondern

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 40/0098] gewidmet war/ die Nachtleuchterin genennet wurde. Man hat ihr sonsten noch viel andere Namen gegeben/ von welchen wir aber hernach handeln wollen. Wann Pausanias deß Tyrannen Cypsellus zu Corintho in der Juno Tempel stehende Kisten beschreibet/ sagt er unter andern/ daß viel Bildlein in derselben eingelegt und ausgegraben zu sehen gewesen/ deren theils von Gold/ theils aber von Helffenbein/ und unter denselben der Diana Bild mit Flügeln/ mit der rechten Hand auf einen Leopard/ mit der lincken aber auf einen Löwen zeigend/ sich befunden/ worvon er/ wie er selbst bekennet/ keine Ursach zu geben wisse; dannenhero wir unsere Unwissenheit hierinnen zu bekennen/ auch keine Scheue tragen/ ein iedweder mag ihme hierüber eine eigne Auslegung machen/ welches ihme zu thun von uns wol vergönnt ist. Die Diana ist wegen der dreyen Angesichter/ die ihr von den Poeten zugeeignet werden/ dreygestaltig/ dreygesichtig/ und Trivia, oder die sich dreymahl in ihrer Gestalt und Lauffe verändere/ genennet worden/ und hat die Hecate mit ihr diesen Namen gleichfalls gemein gehabt/ worvon Ovidius also saget: Diana ist dreygestaltig/ oder dreygesichtig. Ora vides Hecates in tres vergen- tia partes. Man sahe Hecate mit einem solchen Mund/ der in drey sondre Theil zertheilet offen stund. Jedoch waren diese beyde eigentlich nur eine Göttin/ ob sie wol dem Namen nach unterschieden waren/ damit ihre verschiedene Kräffte/ Eigenschafften und Würckungen/ die man von dieser einigen Göttin herzufliessen sich einbildete/ vor die Augen gestellet würden. Daher man in den Fabeln lieset/ die Hecate habe vom Jupiter erlanget/ daß sie zur Vorsteherin der Elementen erkieset wurde; dann das Wörtlein εχαΤον so viel als hundert bedeutet/ durch welche Zahl die Griechen unterweilen eine unzehliche Menge bezeichnen wollen/ weil die Hecate unzehliche Macht und Vermögen zu haben geachtet wurde. Dann es hat das Ansehen/ als ob der Mond den Elementen und allen daraus bestehenden Dingen gleichsam die Ordnung und Gesetz vorschreite/ indeme/ wann er sich verändert/ sie auch ebenmässig mit verwandelt werden. Oder aber es ist der Mond deßwegen Hecate genennt worden/ weil die Alten ihm auf hundert aus grünen Wasen gemachten Altären zu opffern/ und hundert Thiere zu schlachten pflegten/ welche gemeiniglich Schweine und Schafe waren; wann aber das Opffer für den Kayser geschahe/ wurden hundert Löwen oder Adler geschlachtet/ und solch Opffer Hecatombe genennet. Wiewohl ich nicht glauben kan/ daß alle diese Thiere/ so zu den Opffern gebraucht wurden/ seyen warhafftig gewesen/ sondern halte gäntzlich davor/ daß sie unterweilen nur nachgebildet worden; dann die Alten zum öfftern aus wohlriechenden Dingen/ oder anderer Materia/ ein Thier zum Opffer zu formiren pflegten/ welches sie anders nicht/ als mit höchster Beschwerligkeit/ zu bekommen wusten. Arme Leute pflegten/ wie Svidas meldet/ wann sie das Geld nicht hatten/ die wahren Opffer zu bezahlen/ diese erdichtete/ an deren statt/ aufzusetzen. Eben dergleichen ist beym Herodotus zu lesen/ wann er saget/ daß die Egypter keinem andern Gott eine Sau geopffert/ ausser der Luna/ oder dem Bachus/ oder auch an denen Festen/ so zur Zeit deß Neumonden gefeyret wurden/ sonsten hüteten sie sich sehr fleißig an andern Tägen/ nach ietztbenannten/ (als an welchen sie das Schweinen-Fleisch ohne alle Scheu zu essen pflegten/) kein solches Thier anzurühren: Die Armen aber/ welche wegen Geldmangel keine rechte Sau zu bezahlen vermochten/ haben eine erdichtete geopffert. Hecate. Hecatombe. Verstellte Opffer.Appianus erzehlet/ es haben die Cycener (die sich rühmten/ daß ihre Stadt vom Jupiter der Proserpina zur Morgengabe seye gegeben worden/) jährlich dieser Göttin eine schwartze Kuhe zu opffern pflegen/ aber einsmahls/ da sie von dem Mithridates hart belagert gewesen/ dergleichen nicht bekommen können/ und dannenher an statt derselben eine von Getraide gebildet. Als sie nun eben ietzo dieses Opffer zu verrichten im Wercke gewesen/ sey ein schwartzes/ ihrem Götzen-Dienst gemäßes Thier aus dem Meere/ mitten durch die feindliche Flotte/gedrungen/ in die Stadt getretten/ und freywillig zu der Göttin Altar gegangen/ da sie dann vom Volcke mit öffentlicher Freudbezeugung geopffert worden/ der gefaßten zuversichtlichen Hoffnung/ daß sie unfehlbar/ wegen dieses glückseeligen Zeichens/ von der Belagerung befreyet werden würden; welches auch bald darauf geschehen/ indem Mithridates/ nach ausgestandnem vielem Unglück Zeit währender dieser Belägerung/ dieselbe aufzuheben gezwungen worden. Die Königin Dido verrichtete/ wie beym Virgilius zu sehen/ ihr letztes Opffer/ vor ihrem Tode/ mit Besprengung falschen Wassers aus dem Avernus/ allda Servius bemercket/ daß die Alten in Gewonheit gehabt/ in den Opffern/ an statt der Dinge/ die man entweder gar nicht/ oder doch schwehrlich haben können/ etwas anders dergleichen zu gebrauchen. Und an einem andern Ort sagt er/ daß das Wasser/ wormit der Isis Tempel besprenget worden/ nicht iederzeit aus dem Nilus geschöpfft gewesen/ ob es wol ins gemein daher geholt zu seyn ausgegeben worden. Es wurden aber die falschen Opffer denen/ so die Wahren nicht herbeyschaffen konten/ nicht allein an statt der Wahrhafften zugerechnet/ sondern

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  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/98>, abgerufen am 28.04.2024.