Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Anhang zum dritten Theil,
ihre sinnlose und sündliche Freude haben, kein Vergnü-
gen finden können.

Weil aber die Romanen-Freunde von allen solchen Dingen
keinen Begriff haben, noch haben können, so lange ihnen
JEsus seinen Sinn nicht aus Erbarmen schencket, und
sie denselben auch danckbarlich annehmen: so muß man
ihnen auch wol über diese noch andere Gründe anführen,
die sie, wenn sie selbige der Uberlegung würdigten, gar
wohl disponiren könten, ein solch schädliches Unterneh-
men, so wieder ihre eigene Seele und Leben streitet, mit
gutem Willen fahren zu lassen. Wer sich selbst wohl
will, und sich auf eine vernünftige, billige und ehr-
liche Weise liebet, der kann sich mit Romanen lesen
nicht einlassen,

1) weil man dabey sein gut Talent, das man zu vortref-
lichen Wissenschaften gebrauchen könte und solte, so
übel anwendet. Dis kommt auf Rechnung und zur
Verantwortung.
2) Weil man einen blossen Kitzel oder unziemliche und
kindische Belustigung, die nur ein kleines und nieder-
trächtiges Gemüth gefangen nehmen kann, dem wahren
und realen Nutzen,
den man von andern Beschäfti-
gungen haben könte, vorziehet. Man lieset Romanen
nur zur Lust, und nicht zum Nutzen: jedoch, damit dis
nicht allzu unvernünftig lasse: so fingiret man sich gleich-
wol so viel Nutzbarkeiten als nur möglich, die man da-
her zu haben hoffet.
3) Weil man sich der Republic unnütz und unbrauch-
bar macht,
da man doch verbunden ist, sich ihr so
brauchbar und nützlich als immer möglich machen zu
lassen. Man unterhält sein Gemüth mit lauter nichts-
würdigen Dingen, die man Zeit Lebens in keinem Amt,
Stand, Ort, Geschäfte etc. wieder anbringen kann, und
wird dadurch ein unwürdiges und faules Mitglied sei-
ner Societät, jederman zur Last und Schaden. Wenn
man älter worden, hat die Welt versucht, und wahrge-
nommen, was man darin braucht und nicht braucht,
und hat die brausende Hitze eines jungen Verstandes und
jungen Willens nun müssen fahren lassen, ist auch dabey
kein müßiger Brotesser blieben sondern zu allerley Ex-
peditionen in der Welt gezogen worden: so verliert man
alle Hochachtung und allen Geschmack an dergleichen
faulen und müßigen Geschmiere, wodurch sich zum Theil
eine grosse Anzahl verdorbener Leute aus Desperation
und Noth nur ihr Brot zu erwerben suchen, weil sie
sonst nicht viel reales gelernt, oder bey einiger vermein-
ten Cultur ihres Verstandes auf die Verbesserung ihres
Willens nicht einmal gedacht haben.
4) Weil

Anhang zum dritten Theil,
ihre ſinnloſe und ſuͤndliche Freude haben, kein Vergnuͤ-
gen finden koͤnnen.

Weil aber die Romanen-Freunde von allen ſolchen Dingen
keinen Begriff haben, noch haben koͤnnen, ſo lange ihnen
JEſus ſeinen Sinn nicht aus Erbarmen ſchencket, und
ſie denſelben auch danckbarlich annehmen: ſo muß man
ihnen auch wol uͤber dieſe noch andere Gruͤnde anfuͤhren,
die ſie, wenn ſie ſelbige der Uberlegung wuͤrdigten, gar
wohl diſponiren koͤnten, ein ſolch ſchaͤdliches Unterneh-
men, ſo wieder ihre eigene Seele und Leben ſtreitet, mit
gutem Willen fahren zu laſſen. Wer ſich ſelbſt wohl
will, und ſich auf eine vernuͤnftige, billige und ehr-
liche Weiſe liebet, der kann ſich mit Romanen leſen
nicht einlaſſen,

1) weil man dabey ſein gut Talent, das man zu vortref-
lichen Wiſſenſchaften gebrauchen koͤnte und ſolte, ſo
uͤbel anwendet. Dis kommt auf Rechnung und zur
Verantwortung.
2) Weil man einen bloſſen Kitzel oder unziemliche und
kindiſche Beluſtigung, die nur ein kleines und nieder-
traͤchtiges Gemuͤth gefangen nehmen kann, dem wahren
und realen Nutzen,
den man von andern Beſchaͤfti-
gungen haben koͤnte, vorziehet. Man lieſet Romanen
nur zur Luſt, und nicht zum Nutzen: jedoch, damit dis
nicht allzu unvernuͤnftig laſſe: ſo fingiret man ſich gleich-
wol ſo viel Nutzbarkeiten als nur moͤglich, die man da-
her zu haben hoffet.
3) Weil man ſich der Republic unnuͤtz und unbrauch-
bar macht,
da man doch verbunden iſt, ſich ihr ſo
brauchbar und nuͤtzlich als immer moͤglich machen zu
laſſen. Man unterhaͤlt ſein Gemuͤth mit lauter nichts-
wuͤrdigen Dingen, die man Zeit Lebens in keinem Amt,
Stand, Ort, Geſchaͤfte ꝛc. wieder anbringen kann, und
wird dadurch ein unwuͤrdiges und faules Mitglied ſei-
ner Societaͤt, jederman zur Laſt und Schaden. Wenn
man aͤlter worden, hat die Welt verſucht, und wahrge-
nommen, was man darin braucht und nicht braucht,
und hat die brauſende Hitze eines jungen Verſtandes und
jungen Willens nun muͤſſen fahren laſſen, iſt auch dabey
kein muͤßiger Broteſſer blieben ſondern zu allerley Ex-
peditionen in der Welt gezogen worden: ſo verliert man
alle Hochachtung und allen Geſchmack an dergleichen
faulen und muͤßigen Geſchmiere, wodurch ſich zum Theil
eine groſſe Anzahl verdorbener Leute aus Deſperation
und Noth nur ihr Brot zu erwerben ſuchen, weil ſie
ſonſt nicht viel reales gelernt, oder bey einiger vermein-
ten Cultur ihres Verſtandes auf die Verbeſſerung ihres
Willens nicht einmal gedacht haben.
4) Weil
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0596" n="576"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Anhang zum dritten Theil,</hi></fw><lb/>
ihre &#x017F;innlo&#x017F;e und &#x017F;u&#x0364;ndliche Freude haben, kein Vergnu&#x0364;-<lb/>
gen finden ko&#x0364;nnen.</p><lb/>
            <p>Weil aber die Romanen-Freunde von allen &#x017F;olchen Dingen<lb/><hi rendition="#et">keinen Begriff haben, noch haben ko&#x0364;nnen, &#x017F;o lange ihnen<lb/>
JE&#x017F;us &#x017F;einen Sinn nicht aus Erbarmen &#x017F;chencket, und<lb/>
&#x017F;ie den&#x017F;elben auch danckbarlich annehmen: &#x017F;o muß man<lb/>
ihnen auch wol u&#x0364;ber die&#x017F;e noch andere Gru&#x0364;nde anfu&#x0364;hren,<lb/>
die &#x017F;ie, wenn &#x017F;ie &#x017F;elbige der Uberlegung wu&#x0364;rdigten, gar<lb/>
wohl di&#x017F;poniren ko&#x0364;nten, ein &#x017F;olch &#x017F;cha&#x0364;dliches Unterneh-<lb/>
men, &#x017F;o wieder ihre eigene Seele und Leben &#x017F;treitet, mit<lb/>
gutem Willen fahren zu la&#x017F;&#x017F;en. Wer &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t wohl<lb/>
will, und &#x017F;ich auf eine vernu&#x0364;nftige, billige und ehr-<lb/>
liche Wei&#x017F;e liebet, der kann &#x017F;ich mit Romanen le&#x017F;en<lb/>
nicht einla&#x017F;&#x017F;en,</hi></p><lb/>
            <list>
              <item>1) weil man dabey &#x017F;ein <hi rendition="#fr">gut Talent,</hi> das man zu vortref-<lb/>
lichen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften gebrauchen ko&#x0364;nte und &#x017F;olte, &#x017F;o<lb/><hi rendition="#fr">u&#x0364;bel anwendet.</hi> Dis kommt auf Rechnung und zur<lb/>
Verantwortung.</item><lb/>
              <item>2) Weil man einen blo&#x017F;&#x017F;en Kitzel oder unziemliche und<lb/>
kindi&#x017F;che <hi rendition="#fr">Belu&#x017F;tigung,</hi> die nur ein kleines und nieder-<lb/>
tra&#x0364;chtiges Gemu&#x0364;th gefangen nehmen kann, <hi rendition="#fr">dem wahren<lb/>
und realen Nutzen,</hi> den man von andern Be&#x017F;cha&#x0364;fti-<lb/>
gungen haben ko&#x0364;nte, vorziehet. Man lie&#x017F;et Romanen<lb/>
nur zur Lu&#x017F;t, und nicht zum Nutzen: jedoch, damit dis<lb/>
nicht allzu unvernu&#x0364;nftig la&#x017F;&#x017F;e: &#x017F;o fingiret man &#x017F;ich gleich-<lb/>
wol &#x017F;o viel Nutzbarkeiten als nur mo&#x0364;glich, die man da-<lb/>
her zu haben hoffet.</item><lb/>
              <item>3) Weil man &#x017F;ich <hi rendition="#fr">der Republic unnu&#x0364;tz und unbrauch-<lb/>
bar macht,</hi> da man doch verbunden i&#x017F;t, <hi rendition="#fr">&#x017F;ich</hi> ihr &#x017F;o<lb/>
brauchbar und nu&#x0364;tzlich als immer mo&#x0364;glich machen zu<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Man unterha&#x0364;lt &#x017F;ein Gemu&#x0364;th mit lauter nichts-<lb/>
wu&#x0364;rdigen Dingen, die man Zeit Lebens in keinem Amt,<lb/>
Stand, Ort, Ge&#x017F;cha&#x0364;fte &#xA75B;c. wieder anbringen kann, und<lb/>
wird dadurch ein unwu&#x0364;rdiges und faules Mitglied &#x017F;ei-<lb/>
ner Societa&#x0364;t, jederman zur La&#x017F;t und Schaden. Wenn<lb/>
man a&#x0364;lter worden, hat die Welt ver&#x017F;ucht, und wahrge-<lb/>
nommen, was man darin braucht und nicht braucht,<lb/>
und hat die brau&#x017F;ende Hitze eines jungen Ver&#x017F;tandes und<lb/>
jungen Willens nun mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en fahren la&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t auch dabey<lb/>
kein mu&#x0364;ßiger Brote&#x017F;&#x017F;er blieben &#x017F;ondern zu allerley Ex-<lb/>
peditionen in der Welt gezogen worden: &#x017F;o verliert man<lb/>
alle Hochachtung und allen Ge&#x017F;chmack an dergleichen<lb/>
faulen und mu&#x0364;ßigen Ge&#x017F;chmiere, wodurch &#x017F;ich zum Theil<lb/>
eine gro&#x017F;&#x017F;e Anzahl verdorbener Leute aus De&#x017F;peration<lb/>
und Noth nur ihr Brot zu erwerben &#x017F;uchen, weil &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t nicht viel reales gelernt, oder bey einiger vermein-<lb/>
ten Cultur ihres Ver&#x017F;tandes auf die Verbe&#x017F;&#x017F;erung ihres<lb/>
Willens nicht einmal gedacht haben.</item>
            </list><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">4) Weil</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[576/0596] Anhang zum dritten Theil, ihre ſinnloſe und ſuͤndliche Freude haben, kein Vergnuͤ- gen finden koͤnnen. Weil aber die Romanen-Freunde von allen ſolchen Dingen keinen Begriff haben, noch haben koͤnnen, ſo lange ihnen JEſus ſeinen Sinn nicht aus Erbarmen ſchencket, und ſie denſelben auch danckbarlich annehmen: ſo muß man ihnen auch wol uͤber dieſe noch andere Gruͤnde anfuͤhren, die ſie, wenn ſie ſelbige der Uberlegung wuͤrdigten, gar wohl diſponiren koͤnten, ein ſolch ſchaͤdliches Unterneh- men, ſo wieder ihre eigene Seele und Leben ſtreitet, mit gutem Willen fahren zu laſſen. Wer ſich ſelbſt wohl will, und ſich auf eine vernuͤnftige, billige und ehr- liche Weiſe liebet, der kann ſich mit Romanen leſen nicht einlaſſen, 1) weil man dabey ſein gut Talent, das man zu vortref- lichen Wiſſenſchaften gebrauchen koͤnte und ſolte, ſo uͤbel anwendet. Dis kommt auf Rechnung und zur Verantwortung. 2) Weil man einen bloſſen Kitzel oder unziemliche und kindiſche Beluſtigung, die nur ein kleines und nieder- traͤchtiges Gemuͤth gefangen nehmen kann, dem wahren und realen Nutzen, den man von andern Beſchaͤfti- gungen haben koͤnte, vorziehet. Man lieſet Romanen nur zur Luſt, und nicht zum Nutzen: jedoch, damit dis nicht allzu unvernuͤnftig laſſe: ſo fingiret man ſich gleich- wol ſo viel Nutzbarkeiten als nur moͤglich, die man da- her zu haben hoffet. 3) Weil man ſich der Republic unnuͤtz und unbrauch- bar macht, da man doch verbunden iſt, ſich ihr ſo brauchbar und nuͤtzlich als immer moͤglich machen zu laſſen. Man unterhaͤlt ſein Gemuͤth mit lauter nichts- wuͤrdigen Dingen, die man Zeit Lebens in keinem Amt, Stand, Ort, Geſchaͤfte ꝛc. wieder anbringen kann, und wird dadurch ein unwuͤrdiges und faules Mitglied ſei- ner Societaͤt, jederman zur Laſt und Schaden. Wenn man aͤlter worden, hat die Welt verſucht, und wahrge- nommen, was man darin braucht und nicht braucht, und hat die brauſende Hitze eines jungen Verſtandes und jungen Willens nun muͤſſen fahren laſſen, iſt auch dabey kein muͤßiger Broteſſer blieben ſondern zu allerley Ex- peditionen in der Welt gezogen worden: ſo verliert man alle Hochachtung und allen Geſchmack an dergleichen faulen und muͤßigen Geſchmiere, wodurch ſich zum Theil eine groſſe Anzahl verdorbener Leute aus Deſperation und Noth nur ihr Brot zu erwerben ſuchen, weil ſie ſonſt nicht viel reales gelernt, oder bey einiger vermein- ten Cultur ihres Verſtandes auf die Verbeſſerung ihres Willens nicht einmal gedacht haben. 4) Weil

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/596
Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 576. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/596>, abgerufen am 12.05.2024.