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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
wegen eines crimen extraordinarium, denn diese infamirte
nur ausnahmsweise in einigen sogleich näher anzugebenden
Fällen.

Dagegen wurden einige ähnliche Fälle gleichfalls als
Entstehungsgründe der Infamie anerkannt, gleichsam aus
der Fiction eines Criminalurtheils, welches in derselben
wirklich nicht ergangen war. Dahin gehörte (als erster
im Edict selbst ausgedrückter Fall) die schimpfliche Aus-
stoßung eines Soldaten aus dem Heer (d). Ferner der
Fall einer im Ehebruch betroffenen (nicht verurtheilten)
Frau (e). Der Meineid, welcher begangen wird durch
Verletzung eines beschwornen Vergleichs oder Nachlaßver-
trags (e1). Endlich der Fall einer Delation an den Fiscus,
die von ihrem Urheber nicht erwiesen werden konnte (f).

Als die neueste hierher gehörende Erweiterung der
Römischen Lehre von der Infamie kann man die Auth.
Habita
des K. Friedrich I. zum Schutz der Scholaren
der Rechtswissenschaft ansehen. Wer einen solchen belei-

117. 118. 111. 112. findet sich schon
früher eine nur theilweise über-
einstimmende Vorschrift; das Ge-
setz trifft jeden der in dieser Stadt
nach irgend einem publicum ju-
dicium
verurtheilt, so wie jeden
der in Rom aus Italien verbannt
oder irgendwo ex L. Plaetoria
verurtheilt ist. Der Grund dieser
Verschiedenheit wird im § 80 an-
gegeben werden.
(d) L. 1 pr. de his qui not.
(3 2) "qui ab exercitu igno-
miniae causa ab Imperatore....
dimissus erit."
Dieser Fall steht
auch in der tab. Heracl. lin. 121.
(e) L. 43 §. 12. 13 de ritu nupt.
(23 2.) "Quae in adulterio de-
prehensa est, quasi publico ju-
dicio damnata est."
(e1) Es ist also die Rede nur
von solchen Verträgen, die ein
streitiges Rechtsverhältniß zu er-
ledigen bestimmt sind. L. 41 C.
de transact.
(2. 4.).
(f) L. 18 § 7 L. 2 pr. de j.
fisci
(49. 14.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
wegen eines crimen extraordinarium, denn dieſe infamirte
nur ausnahmsweiſe in einigen ſogleich näher anzugebenden
Fällen.

Dagegen wurden einige ähnliche Fälle gleichfalls als
Entſtehungsgründe der Infamie anerkannt, gleichſam aus
der Fiction eines Criminalurtheils, welches in derſelben
wirklich nicht ergangen war. Dahin gehörte (als erſter
im Edict ſelbſt ausgedrückter Fall) die ſchimpfliche Aus-
ſtoßung eines Soldaten aus dem Heer (d). Ferner der
Fall einer im Ehebruch betroffenen (nicht verurtheilten)
Frau (e). Der Meineid, welcher begangen wird durch
Verletzung eines beſchwornen Vergleichs oder Nachlaßver-
trags (e¹). Endlich der Fall einer Delation an den Fiscus,
die von ihrem Urheber nicht erwieſen werden konnte (f).

Als die neueſte hierher gehörende Erweiterung der
Römiſchen Lehre von der Infamie kann man die Auth.
Habita
des K. Friedrich I. zum Schutz der Scholaren
der Rechtswiſſenſchaft anſehen. Wer einen ſolchen belei-

117. 118. 111. 112. findet ſich ſchon
früher eine nur theilweiſe über-
einſtimmende Vorſchrift; das Ge-
ſetz trifft jeden der in dieſer Stadt
nach irgend einem publicum ju-
dicium
verurtheilt, ſo wie jeden
der in Rom aus Italien verbannt
oder irgendwo ex L. Plaetoria
verurtheilt iſt. Der Grund dieſer
Verſchiedenheit wird im § 80 an-
gegeben werden.
(d) L. 1 pr. de his qui not.
(3 2) „qui ab exercitu igno-
miniae causa ab Imperatore....
dimissus erit.”
Dieſer Fall ſteht
auch in der tab. Heracl. lin. 121.
(e) L. 43 §. 12. 13 de ritu nupt.
(23 2.) „Quae in adulterio de-
prehensa est, quasi publico ju-
dicio damnata est.”
(e¹) Es iſt alſo die Rede nur
von ſolchen Verträgen, die ein
ſtreitiges Rechtsverhältniß zu er-
ledigen beſtimmt ſind. L. 41 C.
de transact.
(2. 4.).
(f) L. 18 § 7 L. 2 pr. de j.
fisci
(49. 14.).
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[174/0188] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. wegen eines crimen extraordinarium, denn dieſe infamirte nur ausnahmsweiſe in einigen ſogleich näher anzugebenden Fällen. Dagegen wurden einige ähnliche Fälle gleichfalls als Entſtehungsgründe der Infamie anerkannt, gleichſam aus der Fiction eines Criminalurtheils, welches in derſelben wirklich nicht ergangen war. Dahin gehörte (als erſter im Edict ſelbſt ausgedrückter Fall) die ſchimpfliche Aus- ſtoßung eines Soldaten aus dem Heer (d). Ferner der Fall einer im Ehebruch betroffenen (nicht verurtheilten) Frau (e). Der Meineid, welcher begangen wird durch Verletzung eines beſchwornen Vergleichs oder Nachlaßver- trags (e¹). Endlich der Fall einer Delation an den Fiscus, die von ihrem Urheber nicht erwieſen werden konnte (f). Als die neueſte hierher gehörende Erweiterung der Römiſchen Lehre von der Infamie kann man die Auth. Habita des K. Friedrich I. zum Schutz der Scholaren der Rechtswiſſenſchaft anſehen. Wer einen ſolchen belei- (c) (d) L. 1 pr. de his qui not. (3 2) „qui ab exercitu igno- miniae causa ab Imperatore.... dimissus erit.” Dieſer Fall ſteht auch in der tab. Heracl. lin. 121. (e) L. 43 §. 12. 13 de ritu nupt. (23 2.) „Quae in adulterio de- prehensa est, quasi publico ju- dicio damnata est.” (e¹) Es iſt alſo die Rede nur von ſolchen Verträgen, die ein ſtreitiges Rechtsverhältniß zu er- ledigen beſtimmt ſind. L. 41 C. de transact. (2. 4.). (f) L. 18 § 7 L. 2 pr. de j. fisci (49. 14.). (c) 117. 118. 111. 112. findet ſich ſchon früher eine nur theilweiſe über- einſtimmende Vorſchrift; das Ge- ſetz trifft jeden der in dieſer Stadt nach irgend einem publicum ju- dicium verurtheilt, ſo wie jeden der in Rom aus Italien verbannt oder irgendwo ex L. Plaetoria verurtheilt iſt. Der Grund dieſer Verſchiedenheit wird im § 80 an- gegeben werden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/188>, abgerufen am 29.04.2024.