Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Aber dort! sagte Hadumoth erschrocken, und wies rückwärts.

Von des Bötzbergs Höhe schlug eine Lohe empor und kreiste feu-
rig und sprühte in Funken. Es war dasselbe Zeichen. Und drüben
auf dem Schwarzwald hub sich an dem Platze, wo die Fackel ge-
schwungen worden, eine hohe Flamme himmelan und leuchtete durch
die sternlose Nacht. Von der Wache im Thal draußen scholl ein gel-
lender Pfiff. Im Lager regte sich's. Die Waldfrau kam herein. Was
träumst du noch, Bub'! rief sie drohend, schirr unser Gespann und
rüste das Saumroß!

Schweigend gehorchte Audifax.

Der Wagen stand geschirrt, das Saumroß an Pfahl gebunden;
vorsichtig schlich die Alte heran und hing ihm zwei Körbe um und
trug zwei Truhen herzu, die packte sie in die Körbe und that Heu
drüber. Sie spähte lauernd hinaus. Es war wieder still. Der
Frickthaler Wein schaffte den Hunnen einen festen Schlaf.

Es ist nichts! brummte die Waldfrau, wir können die Gäule wie-
der zur Ruhe bringen. Da fuhr sie auf, wie geblendet. Der Berg
über dem Lager war lebendig geworden, es blitzte und sprühte von
viel hundert Fackeln und Feuerbränden192) und donnerte mit wüthen-
dem Schlachtruf dazwischen, -- vom Rhein her wälzten sich dunkle
Massen, auf allen Gipfeln flammte es gen Himmel. -- Heraus, ihr
Schläfer!... es war zu spät -- schon flog der helle Brand in's
Hunnenlager, -- klagend Gewieher der Rosse tönte auf -- der große
Stall stand in Flammen -- dunkle Gestalten brechen ein, fackelglanz-
beschienen kommt heute der Tod; -- das ist der alte Irminger, Herr
im Frickgau, der ihn bringt, er der starke Vater sechs starker Söhne,
der wie Mathathias mit seinen Maccabäern das Elend seines Volkes
nicht länger erschauen wollte; -- und von ihnen geführt die Männer
von Hornussen und Herznach und die aus dem Aarthal und von Brugg
und Badens heißen Quellen und weit von der Giselaflueh her. In
sicherm Waldversteck waren sie gelegen, bis auf dem Eggberg drüben
die Fackel schwirrte, das war des Schwarzwalds nachbarliche Hilfe
-- da ging's vorwärts zum Sturm.

Graunvoll tönte der Ueberfallenen Schrei in den Sturmruf.
Blutigen Hauptes sprengte Snewelin vorüber, ein wohlgeschleuderter
Pechbrand haftete in seiner Gewandung und flackerte weiter, daß er

Aber dort! ſagte Hadumoth erſchrocken, und wies rückwärts.

Von des Bötzbergs Höhe ſchlug eine Lohe empor und kreiste feu-
rig und ſprühte in Funken. Es war daſſelbe Zeichen. Und drüben
auf dem Schwarzwald hub ſich an dem Platze, wo die Fackel ge-
ſchwungen worden, eine hohe Flamme himmelan und leuchtete durch
die ſternloſe Nacht. Von der Wache im Thal draußen ſcholl ein gel-
lender Pfiff. Im Lager regte ſich's. Die Waldfrau kam herein. Was
träumſt du noch, Bub'! rief ſie drohend, ſchirr unſer Geſpann und
rüſte das Saumroß!

Schweigend gehorchte Audifax.

Der Wagen ſtand geſchirrt, das Saumroß an Pfahl gebunden;
vorſichtig ſchlich die Alte heran und hing ihm zwei Körbe um und
trug zwei Truhen herzu, die packte ſie in die Körbe und that Heu
drüber. Sie ſpähte lauernd hinaus. Es war wieder ſtill. Der
Frickthaler Wein ſchaffte den Hunnen einen feſten Schlaf.

Es iſt nichts! brummte die Waldfrau, wir können die Gäule wie-
der zur Ruhe bringen. Da fuhr ſie auf, wie geblendet. Der Berg
über dem Lager war lebendig geworden, es blitzte und ſprühte von
viel hundert Fackeln und Feuerbränden192) und donnerte mit wüthen-
dem Schlachtruf dazwiſchen, — vom Rhein her wälzten ſich dunkle
Maſſen, auf allen Gipfeln flammte es gen Himmel. — Heraus, ihr
Schläfer!... es war zu ſpät — ſchon flog der helle Brand in's
Hunnenlager, — klagend Gewieher der Roſſe tönte auf — der große
Stall ſtand in Flammen — dunkle Geſtalten brechen ein, fackelglanz-
beſchienen kommt heute der Tod; — das iſt der alte Irminger, Herr
im Frickgau, der ihn bringt, er der ſtarke Vater ſechs ſtarker Söhne,
der wie Mathathias mit ſeinen Maccabäern das Elend ſeines Volkes
nicht länger erſchauen wollte; — und von ihnen geführt die Männer
von Hornuſſen und Herznach und die aus dem Aarthal und von Brugg
und Badens heißen Quellen und weit von der Giſelaflueh her. In
ſicherm Waldverſteck waren ſie gelegen, bis auf dem Eggberg drüben
die Fackel ſchwirrte, das war des Schwarzwalds nachbarliche Hilfe
— da ging's vorwärts zum Sturm.

Graunvoll tönte der Ueberfallenen Schrei in den Sturmruf.
Blutigen Hauptes ſprengte Snewelin vorüber, ein wohlgeſchleuderter
Pechbrand haftete in ſeiner Gewandung und flackerte weiter, daß er

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0232" n="210"/>
        <p>Aber dort! &#x017F;agte Hadumoth er&#x017F;chrocken, und wies rückwärts.</p><lb/>
        <p>Von des Bötzbergs Höhe &#x017F;chlug eine Lohe empor und kreiste feu-<lb/>
rig und &#x017F;prühte in Funken. Es war da&#x017F;&#x017F;elbe Zeichen. Und drüben<lb/>
auf dem Schwarzwald hub &#x017F;ich an dem Platze, wo die Fackel ge-<lb/>
&#x017F;chwungen worden, eine hohe Flamme himmelan und leuchtete durch<lb/>
die &#x017F;ternlo&#x017F;e Nacht. Von der Wache im Thal draußen &#x017F;choll ein gel-<lb/>
lender Pfiff. Im Lager regte &#x017F;ich's. Die Waldfrau kam herein. Was<lb/>
träum&#x017F;t du noch, Bub'! rief &#x017F;ie drohend, &#x017F;chirr un&#x017F;er Ge&#x017F;pann und<lb/>&#x017F;te das Saumroß!</p><lb/>
        <p>Schweigend gehorchte Audifax.</p><lb/>
        <p>Der Wagen &#x017F;tand ge&#x017F;chirrt, das Saumroß an Pfahl gebunden;<lb/>
vor&#x017F;ichtig &#x017F;chlich die Alte heran und hing ihm zwei Körbe um und<lb/>
trug zwei Truhen herzu, die packte &#x017F;ie in die Körbe und that Heu<lb/>
drüber. Sie &#x017F;pähte lauernd hinaus. Es war wieder &#x017F;till. Der<lb/>
Frickthaler Wein &#x017F;chaffte den Hunnen einen fe&#x017F;ten Schlaf.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t nichts! brummte die Waldfrau, wir können die Gäule wie-<lb/>
der zur Ruhe bringen. Da fuhr &#x017F;ie auf, wie geblendet. Der Berg<lb/>
über dem Lager war lebendig geworden, es blitzte und &#x017F;prühte von<lb/>
viel hundert Fackeln und Feuerbränden<note xml:id="ed192" next="#edt192" place="end" n="192)"/> und donnerte mit wüthen-<lb/>
dem Schlachtruf dazwi&#x017F;chen, &#x2014; vom Rhein her wälzten &#x017F;ich dunkle<lb/>
Ma&#x017F;&#x017F;en, auf allen Gipfeln flammte es gen Himmel. &#x2014; Heraus, ihr<lb/>
Schläfer!... es war zu &#x017F;pät &#x2014; &#x017F;chon flog der helle Brand in's<lb/>
Hunnenlager, &#x2014; klagend Gewieher der Ro&#x017F;&#x017F;e tönte auf &#x2014; der große<lb/>
Stall &#x017F;tand in Flammen &#x2014; dunkle Ge&#x017F;talten brechen ein, fackelglanz-<lb/>
be&#x017F;chienen kommt heute der Tod; &#x2014; das i&#x017F;t der alte Irminger, Herr<lb/>
im Frickgau, der ihn bringt, er der &#x017F;tarke Vater &#x017F;echs &#x017F;tarker Söhne,<lb/>
der wie Mathathias mit &#x017F;einen Maccabäern das Elend &#x017F;eines Volkes<lb/>
nicht länger er&#x017F;chauen wollte; &#x2014; und von ihnen geführt die Männer<lb/>
von Hornu&#x017F;&#x017F;en und Herznach und die aus dem Aarthal und von Brugg<lb/>
und Badens heißen Quellen und weit von der Gi&#x017F;elaflueh her. In<lb/>
&#x017F;icherm Waldver&#x017F;teck waren &#x017F;ie gelegen, bis auf dem Eggberg drüben<lb/>
die Fackel &#x017F;chwirrte, das war des Schwarzwalds nachbarliche Hilfe<lb/>
&#x2014; da ging's vorwärts zum Sturm.</p><lb/>
        <p>Graunvoll tönte der Ueberfallenen Schrei in den Sturmruf.<lb/>
Blutigen Hauptes &#x017F;prengte Snewelin vorüber, ein wohlge&#x017F;chleuderter<lb/>
Pechbrand haftete in &#x017F;einer Gewandung und flackerte weiter, daß er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[210/0232] Aber dort! ſagte Hadumoth erſchrocken, und wies rückwärts. Von des Bötzbergs Höhe ſchlug eine Lohe empor und kreiste feu- rig und ſprühte in Funken. Es war daſſelbe Zeichen. Und drüben auf dem Schwarzwald hub ſich an dem Platze, wo die Fackel ge- ſchwungen worden, eine hohe Flamme himmelan und leuchtete durch die ſternloſe Nacht. Von der Wache im Thal draußen ſcholl ein gel- lender Pfiff. Im Lager regte ſich's. Die Waldfrau kam herein. Was träumſt du noch, Bub'! rief ſie drohend, ſchirr unſer Geſpann und rüſte das Saumroß! Schweigend gehorchte Audifax. Der Wagen ſtand geſchirrt, das Saumroß an Pfahl gebunden; vorſichtig ſchlich die Alte heran und hing ihm zwei Körbe um und trug zwei Truhen herzu, die packte ſie in die Körbe und that Heu drüber. Sie ſpähte lauernd hinaus. Es war wieder ſtill. Der Frickthaler Wein ſchaffte den Hunnen einen feſten Schlaf. Es iſt nichts! brummte die Waldfrau, wir können die Gäule wie- der zur Ruhe bringen. Da fuhr ſie auf, wie geblendet. Der Berg über dem Lager war lebendig geworden, es blitzte und ſprühte von viel hundert Fackeln und Feuerbränden ¹⁹²⁾ und donnerte mit wüthen- dem Schlachtruf dazwiſchen, — vom Rhein her wälzten ſich dunkle Maſſen, auf allen Gipfeln flammte es gen Himmel. — Heraus, ihr Schläfer!... es war zu ſpät — ſchon flog der helle Brand in's Hunnenlager, — klagend Gewieher der Roſſe tönte auf — der große Stall ſtand in Flammen — dunkle Geſtalten brechen ein, fackelglanz- beſchienen kommt heute der Tod; — das iſt der alte Irminger, Herr im Frickgau, der ihn bringt, er der ſtarke Vater ſechs ſtarker Söhne, der wie Mathathias mit ſeinen Maccabäern das Elend ſeines Volkes nicht länger erſchauen wollte; — und von ihnen geführt die Männer von Hornuſſen und Herznach und die aus dem Aarthal und von Brugg und Badens heißen Quellen und weit von der Giſelaflueh her. In ſicherm Waldverſteck waren ſie gelegen, bis auf dem Eggberg drüben die Fackel ſchwirrte, das war des Schwarzwalds nachbarliche Hilfe — da ging's vorwärts zum Sturm. Graunvoll tönte der Ueberfallenen Schrei in den Sturmruf. Blutigen Hauptes ſprengte Snewelin vorüber, ein wohlgeſchleuderter Pechbrand haftete in ſeiner Gewandung und flackerte weiter, daß er

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/232
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/232>, abgerufen am 28.04.2024.