Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Erstes Buch. 100. Eins hält daß ander. GOtt ist so vil an mir/ als mir an Jhm gelegen/ Sein wesen helff ich Jhm/ wie Er daß meine hegen. 101. Christus. Hört wunder! Christus ist daß Lamb und auch der Hirt/ Wenn GOtt in meiner Seel ein Mensch gebohren wirdt. 102. Die geistliche Goldmachung. Dann wird daß Bley zu Gold/ dann fällt der Zufall hin/ Wann ich mit GOtt durch GOtt in GOtt verwan- delt bin. 103. Auch von derselben. Jch selbst bin daß Metall/ der Geist ist Feur und Herd/ Messias die Tinctur, die Leib und Seel verklärt. 104. Noch von jhr. So bald durch Gottes Feur ich mag geschmeltzet sein/ So drukt mir GOtt alßbald sein eigen Wesen ein. 105. Daß Bildnuß Gottes. Jch trage GOttesbilde: wenn Er sich wil besehen/ So kan es nur in mir/ und wär mirgleicht/ geschehen. 106. Daß ein' ist in dem Andern. Jch bin nicht ausser GOtt/ und GOtt nicht ausser mir/ Jch bin sein Glantz und Liecht/ und Er ist meine Zihr. 107. Es ist noch alls in GOtt. Jsts/ daß die Creatur auß GOtt ist außgeflossen: Wie hält Er sie dannoch in seiner Schoß beschlossen? 108. Die Rose. Die Rose/ welche hier dein äußres Auge siht/ Die hat von Ewigkeit in GOtt also geblüht.* * idealiter. 109. Die B 6
Erſtes Buch. 100. Eins haͤlt daß ander. GOtt iſt ſo vil an mir/ als mir an Jhm gelegen/ Sein weſen helff ich Jhm/ wie Er daß meine hegen. 101. Chriſtus. Hoͤrt wunder! Chriſtus iſt daß Lamb und auch der Hirt/ Wenn GOtt in meiner Seel ein Menſch gebohren wirdt. 102. Die geiſtliche Goldmachung. Dann wird daß Bley zu Gold/ dañ faͤllt der Zufall hin/ Wann ich mit GOtt durch GOtt in GOtt verwan- delt bin. 103. Auch von derſelben. Jch ſelbſt bin daß Metall/ der Geiſt iſt Feur und Herd/ Meſſias die Tinctur, die Leib und Seel verklaͤrt. 104. Noch von jhr. So bald durch Gottes Feur ich mag geſchmeltzet ſein/ So drukt mir GOtt alßbald ſein eigen Weſen ein. 105. Daß Bildnuß Gottes. Jch trage GOttesbilde: wenn Er ſich wil beſehen/ So kan es nur in mir/ und waͤr mirgleicht/ geſchehen. 106. Daß ein’ iſt in dem Andern. Jch bin nicht auſſer GOtt/ und GOtt nicht auſſer mir/ Jch bin ſein Glantz und Liecht/ und Er iſt meine Zihr. 107. Es iſt noch alls in GOtt. Jſts/ daß die Creatur auß GOtt iſt außgefloſſen: Wie haͤlt Er ſie dannoch in ſeiner Schoß beſchloſſen? 108. Die Roſe. Die Roſe/ welche hier dein aͤußres Auge ſiht/ Die hat von Ewigkeit in GOtt alſo gebluͤht.* * idealiter. 109. Die B 6
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Erſtes Buch.
100. Eins haͤlt daß ander.
GOtt iſt ſo vil an mir/ als mir an Jhm gelegen/
Sein weſen helff ich Jhm/ wie Er daß meine hegen.
101. Chriſtus.
Hoͤrt wunder! Chriſtus iſt daß Lamb und auch der
Hirt/
Wenn GOtt in meiner Seel ein Menſch gebohren
wirdt.
102. Die geiſtliche Goldmachung.
Dann wird daß Bley zu Gold/ dañ faͤllt der Zufall hin/
Wann ich mit GOtt durch GOtt in GOtt verwan-
delt bin.
103. Auch von derſelben.
Jch ſelbſt bin daß Metall/ der Geiſt iſt Feur und Herd/
Meſſias die Tinctur, die Leib und Seel verklaͤrt.
104. Noch von jhr.
So bald durch Gottes Feur ich mag geſchmeltzet ſein/
So drukt mir GOtt alßbald ſein eigen Weſen ein.
105. Daß Bildnuß Gottes.
Jch trage GOttesbilde: wenn Er ſich wil beſehen/
So kan es nur in mir/ und waͤr mirgleicht/ geſchehen.
106. Daß ein’ iſt in dem Andern.
Jch bin nicht auſſer GOtt/ und GOtt nicht auſſer mir/
Jch bin ſein Glantz und Liecht/ und Er iſt meine Zihr.
107. Es iſt noch alls in GOtt.
Jſts/ daß die Creatur auß GOtt iſt außgefloſſen:
Wie haͤlt Er ſie dannoch in ſeiner Schoß beſchloſſen?
108. Die Roſe.
Die Roſe/ welche hier dein aͤußres Auge ſiht/
Die hat von Ewigkeit in GOtt alſo gebluͤht.
*
* idealiter.
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 35[33]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/39>, abgerufen am 29.11.2023. |