Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657.Johannis Angeli 109. Die Geschöpffe. Weil die Geschöpffe gar in Gottes Wort bestehn: Wie können sie dann je zerwerden und vergehn? 110 Daß Gesuche deß Geschöpffes. Vom Ersten Anbegin/ und noch biß heute zu/ Sucht daß Geschöpffe nichts als seines Schöpffers Ruh. 111. Die GOttheit ist ein nichts. Die zarte GOttheit ist ein nichts und übernichts: Wer nichts in allem sicht/ Mensch glaube/ diser sichts. 112. Jn der Sonnen ists gut sein. Wer in der Sonnen ist/ dem mangelt nicht daß Licht/ Daß dem/ der ausser jhr verjrret geht/ gebricht. 113. Jehova ist die Sonne. Nimb hin der Sonnen Liecht: Jehova ist die Sosie/ Die meine Seel erleucht/ und macht sie voller Wonne. 114. Die Sonn ist schon genug. Wem seine Sonne scheint/ derselbe darf nicht güken/ Ob jrgend wo der Mon/ und andre Sterne bliken. 115. Du selbst must Sonne sein. Jch selbst muß Sonne seyn/ ich muß mit meinen Strahlen/ Daß farbenlose Meer der gantzen GOttheit mahlen. 116. Der Thau. Der Thau erquikt daß Feld: Sol er mein Hertze laben/ So muß er seinen fall/ vom Hertzen JEsu haben. 117. Nichts süsses in der Welt. Wer etwas in der Welt mag süß' und Lieblich nennen: Der muß die Süssigkeit/ die Gott ist/ noch nicht kennen. 118. Der
Johannis Angeli 109. Die Geſchoͤpffe. Weil die Geſchoͤpffe gar in Gottes Wort beſtehn: Wie koͤnnen ſie dann je zerwerden und vergehn? 110 Daß Geſuche deß Geſchoͤpffes. Vom Erſten Anbegin/ und noch biß heute zu/ Sucht daß Geſchoͤpffe nichts als ſeines Schoͤpffers Ruh. 111. Die GOttheit iſt ein nichts. Die zarte GOttheit iſt ein nichts und uͤbernichts: Wer nichts in allem ſicht/ Menſch glaube/ diſer ſichts. 112. Jn der Sonnen iſts gut ſein. Wer in der Sonnen iſt/ dem mangelt nicht daß Licht/ Daß dem/ der auſſer jhr verjrret geht/ gebricht. 113. Jehova iſt die Sonne. Nimb hin der Sonnen Liecht: Jehova iſt die Soſie/ Die meine Seel erleucht/ und macht ſie voller Woñe. 114. Die Sonn iſt ſchon genug. Wem ſeine Sonne ſcheint/ derſelbe darf nicht guͤken/ Ob jrgend wo der Mon/ und andre Sterne bliken. 115. Du ſelbſt muſt Sonne ſein. Jch ſelbſt muß Sonne ſeyn/ ich muß mit meinen Strahlen/ Daß farbenloſe Meer der gantzen GOttheit mahlen. 116. Der Thau. Der Thau erquikt daß Feld: Sol er mein Hertze laben/ So muß er ſeinen fall/ vom Hertzen JEſu haben. 117. Nichts ſuͤſſes in der Welt. Wer etwas in der Welt mag ſuͤß’ und Lieblich nennen: Der muß die Suͤſſigkeit/ die Gott iſt/ noch nicht keñen. 118. Der
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Johannis Angeli
109. Die Geſchoͤpffe.
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110 Daß Geſuche deß Geſchoͤpffes.
Vom Erſten Anbegin/ und noch biß heute zu/
Sucht daß Geſchoͤpffe nichts als ſeines Schoͤpffers
Ruh.
111. Die GOttheit iſt ein nichts.
Die zarte GOttheit iſt ein nichts und uͤbernichts:
Wer nichts in allem ſicht/ Menſch glaube/ diſer ſichts.
112. Jn der Sonnen iſts gut ſein.
Wer in der Sonnen iſt/ dem mangelt nicht daß Licht/
Daß dem/ der auſſer jhr verjrret geht/ gebricht.
113. Jehova iſt die Sonne.
Nimb hin der Sonnen Liecht: Jehova iſt die Soſie/
Die meine Seel erleucht/ und macht ſie voller Woñe.
114. Die Sonn iſt ſchon genug.
Wem ſeine Sonne ſcheint/ derſelbe darf nicht
guͤken/
Ob jrgend wo der Mon/ und andre Sterne bliken.
115. Du ſelbſt muſt Sonne ſein.
Jch ſelbſt muß Sonne ſeyn/ ich muß mit meinen
Strahlen/
Daß farbenloſe Meer der gantzen GOttheit mahlen.
116. Der Thau.
Der Thau erquikt daß Feld: Sol er mein Hertze
laben/
So muß er ſeinen fall/ vom Hertzen JEſu haben.
117. Nichts ſuͤſſes in der Welt.
Wer etwas in der Welt mag ſuͤß’ und Lieblich
nennen:
Der muß die Suͤſſigkeit/ die Gott iſt/ noch nicht keñen.
118. Der
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Zitationshilfe: | Silesius, Angelus: Geistreiche Sinn- vnd Schlussrime. Wien, 1657, S. 36[34]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/silesius_schlussrime_1657/40>, abgerufen am 29.11.2023. |