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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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himmelvolles Wesen, alle streben sie nach dir, wie
wird das werden, o wie wird das werden?!""

""Gustav, Gustav,"" antwortete sie, ""du bist der
trefflichste von allen, du bist ihr König, du bist der
Einzige, alles ist gut und herrlich, und Millionen
Kräfte sollen es nicht zerreißen können.""

"Ich ergrif ihre Hand, ein glühender Kuß nur
einen Augenblick gegeben aber mit fest aneinanderge¬
drückten Lippen bekräftigte die Worte. Ich hörte ihre
Seide die Treppe emporrauschen, ich aber ging die
Stufen hinunter. Da ich unten die gläserne Doppel¬
thür der Treppe geöffnet hatte, sah ich den Wagen
stehen. Hinter den Fenstern desselben saß freundlich
die Mutter Mathildens, und sah mich an. Ich grüßte
sie ehrerbiethig, und ging vorüber. Ich ging nun nicht
mehr zu dem Freunde, den ich hatte besuchen wollen."

"Mit Alfred betrieb ich das, was er zu lernen
hatte, immer eifriger, ich war immer sorgsamer, daß
er es gut inne habe, und legte, wo ich konnte, wie
früher und in noch größerem Maße selber Hand an.
Auch auf den Gang seiner Entwickelung im Allge¬
meinen suchte ich so einzuwirken, wie es mir nur
möglich war. Ich sprach sehr viel mit ihm, und ging
sehr viel mit ihm um. Er schloß sich, da er es wohl

himmelvolles Weſen, alle ſtreben ſie nach dir, wie
wird das werden, o wie wird das werden?!““

„„Guſtav, Guſtav,““ antwortete ſie, „„du biſt der
trefflichſte von allen, du biſt ihr König, du biſt der
Einzige, alles iſt gut und herrlich, und Millionen
Kräfte ſollen es nicht zerreißen können.““

„Ich ergrif ihre Hand, ein glühender Kuß nur
einen Augenblick gegeben aber mit feſt aneinanderge¬
drückten Lippen bekräftigte die Worte. Ich hörte ihre
Seide die Treppe emporrauſchen, ich aber ging die
Stufen hinunter. Da ich unten die gläſerne Doppel¬
thür der Treppe geöffnet hatte, ſah ich den Wagen
ſtehen. Hinter den Fenſtern desſelben ſaß freundlich
die Mutter Mathildens, und ſah mich an. Ich grüßte
ſie ehrerbiethig, und ging vorüber. Ich ging nun nicht
mehr zu dem Freunde, den ich hatte beſuchen wollen.“

„Mit Alfred betrieb ich das, was er zu lernen
hatte, immer eifriger, ich war immer ſorgſamer, daß
er es gut inne habe, und legte, wo ich konnte, wie
früher und in noch größerem Maße ſelber Hand an.
Auch auf den Gang ſeiner Entwickelung im Allge¬
meinen ſuchte ich ſo einzuwirken, wie es mir nur
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[303/0317] himmelvolles Weſen, alle ſtreben ſie nach dir, wie wird das werden, o wie wird das werden?!““ „„Guſtav, Guſtav,““ antwortete ſie, „„du biſt der trefflichſte von allen, du biſt ihr König, du biſt der Einzige, alles iſt gut und herrlich, und Millionen Kräfte ſollen es nicht zerreißen können.““ „Ich ergrif ihre Hand, ein glühender Kuß nur einen Augenblick gegeben aber mit feſt aneinanderge¬ drückten Lippen bekräftigte die Worte. Ich hörte ihre Seide die Treppe emporrauſchen, ich aber ging die Stufen hinunter. Da ich unten die gläſerne Doppel¬ thür der Treppe geöffnet hatte, ſah ich den Wagen ſtehen. Hinter den Fenſtern desſelben ſaß freundlich die Mutter Mathildens, und ſah mich an. Ich grüßte ſie ehrerbiethig, und ging vorüber. Ich ging nun nicht mehr zu dem Freunde, den ich hatte beſuchen wollen.“ „Mit Alfred betrieb ich das, was er zu lernen hatte, immer eifriger, ich war immer ſorgſamer, daß er es gut inne habe, und legte, wo ich konnte, wie früher und in noch größerem Maße ſelber Hand an. Auch auf den Gang ſeiner Entwickelung im Allge¬ meinen ſuchte ich ſo einzuwirken, wie es mir nur möglich war. Ich ſprach ſehr viel mit ihm, und ging ſehr viel mit ihm um. Er ſchloß ſich, da er es wohl

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/317>, abgerufen am 28.04.2024.