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Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857.

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tete sie, "dieses Herz gehört nun ewig dir, habe Nach¬
sicht mit seinen Gebrechen und seiner Schwäche."

"O mein theures Weib," entgegnete ich, "ich werde
dich ohne Ende ehren und lieben, wie ich dich heute
ehre und liebe. Habe auch du Geduld mit mir."

"O Heinrich, du bist ja so gut," antwortete sie.

"Natalie, ich werde suchen, jeden Fehler dir zu
Liebe abzulegen," erwiederte ich, "und bis dahin werde
ich jeden so verhüllen, daß er dich nicht verwunde."

"Und ich werde bestrebt sein, dich nie zu kränken,"
antwortete sie.

"Alles wird gut werden," sagte ich.

"Es wird alles gut werden, wie unser zweiter
Vater gesagt hat," antwortete sie.

Ich führte sie näher an das Fenster, und da stan¬
den wir, und hielten uns an den Händen. Die Früh¬
lingssonne schien herein, und neben den Diamanten
glänzten die Tropfen, die auf ihr schönes Kleid ge¬
fallen waren.

"Natalie, bist du glücklich?" sagte ich nach einer
Weile.

"Ich bin es im hohen Maße," antwortete sie,
"mögest du es auch sein."

"Du bist mein Kleinod und mein höchstes Gut

tete ſie, „dieſes Herz gehört nun ewig dir, habe Nach¬
ſicht mit ſeinen Gebrechen und ſeiner Schwäche.“

„O mein theures Weib,“ entgegnete ich, „ich werde
dich ohne Ende ehren und lieben, wie ich dich heute
ehre und liebe. Habe auch du Geduld mit mir.“

„O Heinrich, du biſt ja ſo gut,“ antwortete ſie.

„Natalie, ich werde ſuchen, jeden Fehler dir zu
Liebe abzulegen,“ erwiederte ich, „und bis dahin werde
ich jeden ſo verhüllen, daß er dich nicht verwunde.“

„Und ich werde beſtrebt ſein, dich nie zu kränken,“
antwortete ſie.

„Alles wird gut werden,“ ſagte ich.

„Es wird alles gut werden, wie unſer zweiter
Vater geſagt hat,“ antwortete ſie.

Ich führte ſie näher an das Fenſter, und da ſtan¬
den wir, und hielten uns an den Händen. Die Früh¬
lingsſonne ſchien herein, und neben den Diamanten
glänzten die Tropfen, die auf ihr ſchönes Kleid ge¬
fallen waren.

„Natalie, biſt du glücklich?“ ſagte ich nach einer
Weile.

„Ich bin es im hohen Maße,“ antwortete ſie,
„mögeſt du es auch ſein.“

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[411/0425] tete ſie, „dieſes Herz gehört nun ewig dir, habe Nach¬ ſicht mit ſeinen Gebrechen und ſeiner Schwäche.“ „O mein theures Weib,“ entgegnete ich, „ich werde dich ohne Ende ehren und lieben, wie ich dich heute ehre und liebe. Habe auch du Geduld mit mir.“ „O Heinrich, du biſt ja ſo gut,“ antwortete ſie. „Natalie, ich werde ſuchen, jeden Fehler dir zu Liebe abzulegen,“ erwiederte ich, „und bis dahin werde ich jeden ſo verhüllen, daß er dich nicht verwunde.“ „Und ich werde beſtrebt ſein, dich nie zu kränken,“ antwortete ſie. „Alles wird gut werden,“ ſagte ich. „Es wird alles gut werden, wie unſer zweiter Vater geſagt hat,“ antwortete ſie. Ich führte ſie näher an das Fenſter, und da ſtan¬ den wir, und hielten uns an den Händen. Die Früh¬ lingsſonne ſchien herein, und neben den Diamanten glänzten die Tropfen, die auf ihr ſchönes Kleid ge¬ fallen waren. „Natalie, biſt du glücklich?“ ſagte ich nach einer Weile. „Ich bin es im hohen Maße,“ antwortete ſie, „mögeſt du es auch ſein.“ „Du biſt mein Kleinod und mein höchſtes Gut

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Zitationshilfe: Stifter, Adalbert: Der Nachsommer. Bd. 3. Pesth, 1857, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/stifter_nachsommer03_1857/425>, abgerufen am 14.05.2024.