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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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von Nizza nach Deutschland.
Vorsichtigkeit sich wieder herauszuhelfen suchen, um
sich nicht durch allzu lebhafte Bewegung noch tiefer in
den Schnee herein zu arbeiten. Das Pferd worauf
ich ritt, war etwas lebhafter als die andern, und be-
strebte sich in solchen Fällen zu stark, daher es einige
mal tief hineinsank. Dieses machte mir das Reiten
zu beschwerlich, und ich entschloß mich, so schwach ich
auch war, zu gehen. Aber auch dieses wurde mir
sehr sauer, und ich fiel oft, wenn ich selbst etwas tief
eintrat, um. Nach einem mühseligen zwey Stunden
langen Wege über den Schnee, kam ich endlich gegen
9 Uhr auf der obersten Höhe des Weges bey den Ca-
puzinern an, wo ich etwas ausruhte. Es sind hier
zwey Häuser: in dem einen wohnen zwey Capuziner,
welche die Durchreisenden von einigem Ansehen beher-
bergen und sehr gut bewirthen; das andere Haus ist
ein Gasthof für Durchreisende von geringerm Stande,
besonders für Säumer, oder solche, die auf Pfer-
den, die hier Saumrosse (Chevaux de somme)
genennt werden, Waaren fortschaffen. Mir begeg-
neten viele Säumer auf dem Wege, und ich lernte,
aber zu spät, von ihnen, wie man sich die Reise über
den Schnee erleichtern könne. Jeder Säumer geht
mit einer Spathe vor seinen Pferden her, und wo er
den Schnee weich, oder wo er eingetretene Löcher darin
findet, füllet er den Weg mit frischem Schnee aus,
den er fest einstampfet; und so sinken seine wiewohl
schwer beladene Pferde selten ein.

Diese oberste Höhe bey den Capuzinern ist dennoch
nur ein Thal. Denn zu beyden Seiten desselben er-
heben sich hohe Berge von kahlen Felsen. Aber das
Thal ist ziemlich weit. Jn demselben liegen nahe an

den

von Nizza nach Deutſchland.
Vorſichtigkeit ſich wieder herauszuhelfen ſuchen, um
ſich nicht durch allzu lebhafte Bewegung noch tiefer in
den Schnee herein zu arbeiten. Das Pferd worauf
ich ritt, war etwas lebhafter als die andern, und be-
ſtrebte ſich in ſolchen Faͤllen zu ſtark, daher es einige
mal tief hineinſank. Dieſes machte mir das Reiten
zu beſchwerlich, und ich entſchloß mich, ſo ſchwach ich
auch war, zu gehen. Aber auch dieſes wurde mir
ſehr ſauer, und ich fiel oft, wenn ich ſelbſt etwas tief
eintrat, um. Nach einem muͤhſeligen zwey Stunden
langen Wege uͤber den Schnee, kam ich endlich gegen
9 Uhr auf der oberſten Hoͤhe des Weges bey den Ca-
puzinern an, wo ich etwas ausruhte. Es ſind hier
zwey Haͤuſer: in dem einen wohnen zwey Capuziner,
welche die Durchreiſenden von einigem Anſehen beher-
bergen und ſehr gut bewirthen; das andere Haus iſt
ein Gaſthof fuͤr Durchreiſende von geringerm Stande,
beſonders fuͤr Saͤumer, oder ſolche, die auf Pfer-
den, die hier Saumroſſe (Chevaux de ſomme)
genennt werden, Waaren fortſchaffen. Mir begeg-
neten viele Saͤumer auf dem Wege, und ich lernte,
aber zu ſpaͤt, von ihnen, wie man ſich die Reiſe uͤber
den Schnee erleichtern koͤnne. Jeder Saͤumer geht
mit einer Spathe vor ſeinen Pferden her, und wo er
den Schnee weich, oder wo er eingetretene Loͤcher darin
findet, fuͤllet er den Weg mit friſchem Schnee aus,
den er feſt einſtampfet; und ſo ſinken ſeine wiewohl
ſchwer beladene Pferde ſelten ein.

Dieſe oberſte Hoͤhe bey den Capuzinern iſt dennoch
nur ein Thal. Denn zu beyden Seiten deſſelben er-
heben ſich hohe Berge von kahlen Felſen. Aber das
Thal iſt ziemlich weit. Jn demſelben liegen nahe an

den
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[363/0383] von Nizza nach Deutſchland. Vorſichtigkeit ſich wieder herauszuhelfen ſuchen, um ſich nicht durch allzu lebhafte Bewegung noch tiefer in den Schnee herein zu arbeiten. Das Pferd worauf ich ritt, war etwas lebhafter als die andern, und be- ſtrebte ſich in ſolchen Faͤllen zu ſtark, daher es einige mal tief hineinſank. Dieſes machte mir das Reiten zu beſchwerlich, und ich entſchloß mich, ſo ſchwach ich auch war, zu gehen. Aber auch dieſes wurde mir ſehr ſauer, und ich fiel oft, wenn ich ſelbſt etwas tief eintrat, um. Nach einem muͤhſeligen zwey Stunden langen Wege uͤber den Schnee, kam ich endlich gegen 9 Uhr auf der oberſten Hoͤhe des Weges bey den Ca- puzinern an, wo ich etwas ausruhte. Es ſind hier zwey Haͤuſer: in dem einen wohnen zwey Capuziner, welche die Durchreiſenden von einigem Anſehen beher- bergen und ſehr gut bewirthen; das andere Haus iſt ein Gaſthof fuͤr Durchreiſende von geringerm Stande, beſonders fuͤr Saͤumer, oder ſolche, die auf Pfer- den, die hier Saumroſſe (Chevaux de ſomme) genennt werden, Waaren fortſchaffen. Mir begeg- neten viele Saͤumer auf dem Wege, und ich lernte, aber zu ſpaͤt, von ihnen, wie man ſich die Reiſe uͤber den Schnee erleichtern koͤnne. Jeder Saͤumer geht mit einer Spathe vor ſeinen Pferden her, und wo er den Schnee weich, oder wo er eingetretene Loͤcher darin findet, fuͤllet er den Weg mit friſchem Schnee aus, den er feſt einſtampfet; und ſo ſinken ſeine wiewohl ſchwer beladene Pferde ſelten ein. Dieſe oberſte Hoͤhe bey den Capuzinern iſt dennoch nur ein Thal. Denn zu beyden Seiten deſſelben er- heben ſich hohe Berge von kahlen Felſen. Aber das Thal iſt ziemlich weit. Jn demſelben liegen nahe an den

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/383>, abgerufen am 10.10.2024.