Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

"Lebe recht wohl, und schreibe mir ja
fleißig, damit wir uns einander nicht fremde
werden, wie es sonst gar zu leicht geschieht.
Theile mir alles mit was Du denkst und
fühlst, und sey überzeugt, daß in mir be¬
ständig ein mitempfindendes Herz schlägt,
das jeden Ton des Deinigen beantwortet.

Ach! wie lange wird es währen bis wir
uns wieder sehn! Wie traurig wird mir je¬
desmahl die Stunde vorkommen, in welcher
ich mit Lebhaftigkeit an Dich denke, und die
schreckliche leere Richtigkeit der Trennung so
recht im Innersten fühle. Es ist um unser
menschliches Leben eine dürftige Sache, so
wenig Glanz und so viele Schatten, so
viele Erdfarben die durchaus keinen Firniß
vertragen wollen. Adieu. Gott sey mit
Dir. -- "

Der Brief des wackern Albrecht Dürer
lautete also:

«Lebe recht wohl, und ſchreibe mir ja
fleißig, damit wir uns einander nicht fremde
werden, wie es ſonſt gar zu leicht geſchieht.
Theile mir alles mit was Du denkſt und
fühlſt, und ſey überzeugt, daß in mir be¬
ſtändig ein mitempfindendes Herz ſchlägt,
das jeden Ton des Deinigen beantwortet.

Ach! wie lange wird es währen bis wir
uns wieder ſehn! Wie traurig wird mir je¬
desmahl die Stunde vorkommen, in welcher
ich mit Lebhaftigkeit an Dich denke, und die
ſchreckliche leere Richtigkeit der Trennung ſo
recht im Innerſten fühle. Es iſt um unſer
menſchliches Leben eine dürftige Sache, ſo
wenig Glanz und ſo viele Schatten, ſo
viele Erdfarben die durchaus keinen Firniß
vertragen wollen. Adieu. Gott ſey mit
Dir. — «

Der Brief des wackern Albrecht Dürer
lautete alſo:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0114" n="103"/>
«Lebe recht wohl, und &#x017F;chreibe mir ja<lb/>
fleißig, damit wir uns einander nicht fremde<lb/>
werden, wie es &#x017F;on&#x017F;t gar zu leicht ge&#x017F;chieht.<lb/>
Theile mir alles mit was Du denk&#x017F;t und<lb/>
fühl&#x017F;t, und &#x017F;ey überzeugt, daß in mir be¬<lb/>
&#x017F;tändig ein mitempfindendes Herz &#x017F;chlägt,<lb/>
das jeden Ton des Deinigen beantwortet.</p><lb/>
            <p>Ach! wie lange wird es währen bis wir<lb/>
uns wieder &#x017F;ehn! Wie traurig wird mir je¬<lb/>
desmahl die Stunde vorkommen, in welcher<lb/>
ich mit Lebhaftigkeit an Dich denke, und die<lb/>
&#x017F;chreckliche leere Richtigkeit der Trennung &#x017F;o<lb/>
recht im Inner&#x017F;ten fühle. Es i&#x017F;t um un&#x017F;er<lb/>
men&#x017F;chliches Leben eine dürftige Sache, &#x017F;o<lb/>
wenig Glanz und &#x017F;o viele Schatten, &#x017F;o<lb/>
viele Erdfarben die durchaus keinen Firniß<lb/>
vertragen wollen. Adieu. Gott &#x017F;ey mit<lb/>
Dir. &#x2014; «</p><lb/>
            <p>Der Brief des wackern Albrecht Dürer<lb/>
lautete al&#x017F;o:<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0114] «Lebe recht wohl, und ſchreibe mir ja fleißig, damit wir uns einander nicht fremde werden, wie es ſonſt gar zu leicht geſchieht. Theile mir alles mit was Du denkſt und fühlſt, und ſey überzeugt, daß in mir be¬ ſtändig ein mitempfindendes Herz ſchlägt, das jeden Ton des Deinigen beantwortet. Ach! wie lange wird es währen bis wir uns wieder ſehn! Wie traurig wird mir je¬ desmahl die Stunde vorkommen, in welcher ich mit Lebhaftigkeit an Dich denke, und die ſchreckliche leere Richtigkeit der Trennung ſo recht im Innerſten fühle. Es iſt um unſer menſchliches Leben eine dürftige Sache, ſo wenig Glanz und ſo viele Schatten, ſo viele Erdfarben die durchaus keinen Firniß vertragen wollen. Adieu. Gott ſey mit Dir. — « Der Brief des wackern Albrecht Dürer lautete alſo:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/114
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/114>, abgerufen am 03.05.2024.