Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Mein lieber Schüler und Freund!

"Es hat Gott gefallen, daß wir nun
nicht mehr neben einander leben sollen, ob
mich gleich kein Zwischenraum gänzlich von
Dir wird trennen können. So wie die Ab¬
wechselungen des Lebens gehen, so ist es
nun unter uns dahin gekommen, daß wir
nun an einander denken an einander schreiben
können. Ich habe Dir alle meine Liebe, al¬
le meine herzlichsten Wünsche mit auf den
Weg gegeben, und der allmächtige Gott
leite jeden Deiner Schritte. Bleib ihm und
der Redlichkeit treu, und Du wirst mit Freu¬
den dieses Leben überstehn können, indem
uns mancherlei Leiden suchen irre zu ma¬
chen. Es freut mich, daß Du der Kunst so
fleißig gedenkst, und zwar Vertrauen, aber
kein übermüthiges zu Dir selber hast. Das
Zagen das Dich oft überfällt, kömmt einem

Mein lieber Schüler und Freund!

«Es hat Gott gefallen, daß wir nun
nicht mehr neben einander leben ſollen, ob
mich gleich kein Zwiſchenraum gänzlich von
Dir wird trennen können. So wie die Ab¬
wechſelungen des Lebens gehen, ſo iſt es
nun unter uns dahin gekommen, daß wir
nun an einander denken an einander ſchreiben
können. Ich habe Dir alle meine Liebe, al¬
le meine herzlichſten Wünſche mit auf den
Weg gegeben, und der allmächtige Gott
leite jeden Deiner Schritte. Bleib ihm und
der Redlichkeit treu, und Du wirſt mit Freu¬
den dieſes Leben überſtehn können, indem
uns mancherlei Leiden ſuchen irre zu ma¬
chen. Es freut mich, daß Du der Kunſt ſo
fleißig gedenkſt, und zwar Vertrauen, aber
kein übermüthiges zu Dir ſelber haſt. Das
Zagen das Dich oft überfällt, kömmt einem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0115" n="104"/> <hi rendition="#g">Mein lieber Schüler und Freund!</hi> </p><lb/>
            <p>«Es hat Gott gefallen, daß wir nun<lb/>
nicht mehr neben einander leben &#x017F;ollen, ob<lb/>
mich gleich kein Zwi&#x017F;chenraum gänzlich von<lb/>
Dir wird trennen können. So wie die Ab¬<lb/>
wech&#x017F;elungen des Lebens gehen, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
nun unter uns dahin gekommen, daß wir<lb/>
nun an einander denken an einander &#x017F;chreiben<lb/>
können. Ich habe Dir alle meine Liebe, al¬<lb/>
le meine herzlich&#x017F;ten Wün&#x017F;che mit auf den<lb/>
Weg gegeben, und der allmächtige Gott<lb/>
leite jeden Deiner Schritte. Bleib ihm und<lb/>
der Redlichkeit treu, und Du wir&#x017F;t mit Freu¬<lb/>
den die&#x017F;es Leben über&#x017F;tehn können, indem<lb/>
uns mancherlei Leiden &#x017F;uchen irre zu ma¬<lb/>
chen. Es freut mich, daß Du der Kun&#x017F;t &#x017F;o<lb/>
fleißig gedenk&#x017F;t, und zwar Vertrauen, aber<lb/>
kein übermüthiges zu Dir &#x017F;elber ha&#x017F;t. Das<lb/>
Zagen das Dich oft überfällt, kömmt einem<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0115] Mein lieber Schüler und Freund! «Es hat Gott gefallen, daß wir nun nicht mehr neben einander leben ſollen, ob mich gleich kein Zwiſchenraum gänzlich von Dir wird trennen können. So wie die Ab¬ wechſelungen des Lebens gehen, ſo iſt es nun unter uns dahin gekommen, daß wir nun an einander denken an einander ſchreiben können. Ich habe Dir alle meine Liebe, al¬ le meine herzlichſten Wünſche mit auf den Weg gegeben, und der allmächtige Gott leite jeden Deiner Schritte. Bleib ihm und der Redlichkeit treu, und Du wirſt mit Freu¬ den dieſes Leben überſtehn können, indem uns mancherlei Leiden ſuchen irre zu ma¬ chen. Es freut mich, daß Du der Kunſt ſo fleißig gedenkſt, und zwar Vertrauen, aber kein übermüthiges zu Dir ſelber haſt. Das Zagen das Dich oft überfällt, kömmt einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/115
Zitationshilfe: Tieck, Ludwig: Franz Sternbalds Wanderungen. Bd. 1. Berlin, 1798, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tieck_sternbald01_1798/115>, abgerufen am 03.05.2024.