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[N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680.

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Der vollkommene
hen/ daß man so treffliche Materien nie-
mals nicht genug durchsuchen/ noch sein
Gutachten mit allzugrosser Vorsichtigkeit
von sich sagen kan. Gewißlich in dem ge-
heimen Zimmer deß Souverainen ist der
Platz/ da man von dem Glück und dem
Unglück der Völcker anstalt machet/ durch
den Friede und durch den Krieg/ so man
alda beschleust; da ist der Ort/ wo man
Anschläge machet/ nützliche Allianzen auff-
zurichten/ und schädliche zuzernichten; und
mit einem Worte/ das ist der Ort/ wo man
von der Befästigung oder von der Umb-
werffung der Herrschafften Rath fasset.
Darumb ist es rathsam/ daß ein Mann
nicht gar zukühn im rathen sey/ dieweil in
dergleichen Begebenheiten die Kühnheit
eine Einbildung/ welche allezeit eine Miß-
gunst nach sich zeucht/ zuverstehen gibt/
darumb muß er seine Meinung etwas
furchtsam fürbringen/ vielmehr auff solche
Art/ gleich als trüge er einen Zweiffel vor/
und nicht als wann er mit einer Urtheil-
sprecherischen Stimme redete. Verhält er
sich so/ so ist er sicher/ daß wo die Sache ei-
nen übeln Fortgang gewinnet/ man ihm
mit Recht nichts vorwerffen könne. Und ist

das

Der vollkommene
hen/ daß man ſo treffliche Materien nie-
mals nicht genug durchſuchen/ noch ſein
Gutachten mit allzugroſſer Vorſichtigkeit
von ſich ſagen kan. Gewißlich in dem ge-
heimen Zimmer deß Souverainen iſt der
Platz/ da man von dem Gluͤck und dem
Ungluͤck der Voͤlcker anſtalt machet/ durch
den Friede und durch den Krieg/ ſo man
alda beſchleuſt; da iſt der Ort/ wo man
Anſchlaͤge machet/ nuͤtzliche Allianzen auff-
zurichten/ und ſchaͤdliche zuzernichten; und
mit einem Worte/ das iſt der Ort/ wo man
von der Befaͤſtigung oder von der Umb-
werffung der Herrſchafften Rath faſſet.
Darumb iſt es rathſam/ daß ein Mann
nicht gar zukuͤhn im rathen ſey/ dieweil in
dergleichen Begebenheiten die Kuͤhnheit
eine Einbildung/ welche allezeit eine Miß-
gunſt nach ſich zeucht/ zuverſtehen gibt/
darumb muß er ſeine Meinung etwas
furchtſam fuͤrbringen/ vielmehr auff ſolche
Art/ gleich als truͤge er einen Zweiffel vor/
und nicht als wann er mit einer Urtheil-
ſprecheriſchen Stimme redete. Verhaͤlt er
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nen uͤbeln Fortgang gewinnet/ man ihm
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[110/0126] Der vollkommene hen/ daß man ſo treffliche Materien nie- mals nicht genug durchſuchen/ noch ſein Gutachten mit allzugroſſer Vorſichtigkeit von ſich ſagen kan. Gewißlich in dem ge- heimen Zimmer deß Souverainen iſt der Platz/ da man von dem Gluͤck und dem Ungluͤck der Voͤlcker anſtalt machet/ durch den Friede und durch den Krieg/ ſo man alda beſchleuſt; da iſt der Ort/ wo man Anſchlaͤge machet/ nuͤtzliche Allianzen auff- zurichten/ und ſchaͤdliche zuzernichten; und mit einem Worte/ das iſt der Ort/ wo man von der Befaͤſtigung oder von der Umb- werffung der Herrſchafften Rath faſſet. Darumb iſt es rathſam/ daß ein Mann nicht gar zukuͤhn im rathen ſey/ dieweil in dergleichen Begebenheiten die Kuͤhnheit eine Einbildung/ welche allezeit eine Miß- gunſt nach ſich zeucht/ zuverſtehen gibt/ darumb muß er ſeine Meinung etwas furchtſam fuͤrbringen/ vielmehr auff ſolche Art/ gleich als truͤge er einen Zweiffel vor/ und nicht als wann er mit einer Urtheil- ſprecheriſchen Stimme redete. Verhaͤlt er ſich ſo/ ſo iſt er ſicher/ daß wo die Sache ei- nen uͤbeln Fortgang gewinnet/ man ihm mit Recht nichts vorwerffen koͤnne. Und iſt das

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Zitationshilfe: [N. N.]: Der vollkommene rechtschaffene Welt-Mann. Frankfurt (Main), 1680, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/unbekannt_weltmann_1680/126>, abgerufen am 27.04.2024.