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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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Johann Jacob ließ sich belehren, und alle an-
dern sagten, der Herr Magister hätte recht.

Sie konnten nun die Zeit nicht erwarten, daß
das Stück aufgeführt würde, und drangen in den
Magister, daß er doch ja morgendes Tages zum
Director der Schauspielergesellschaft gehn möchte.
Confuselius versicherte sie, er selbst würd' es nicht
länger aufschieben, wenn er nicht eine kleine Ver-
hinderung hätte. Es fehlte ihm nemlich an einem
anständigen Kleide: denn wenn er zu einem solchen
Manne so schlecht gekleidet käme, wie hierher, wo
es ihm gute Freunde nicht übel nähmen; so könnte
ihn der Mann, da er ihn noch gar nicht kenne,
über die Achsel ansehn und denken, er dürfe ihm
sein Stück wohl abdrücken. Hätte er itzt nur etli-
che und zwanzig Thaler, so könnte er sich binnen
drei bis vier Tagen einen neuen Anzug schaffen,
den er auch gern gleich bezahlen wollte, sobald er
die funfzig bekäme; und es sollte das auch nicht
das letzte sein, was er fürs Theater ausarbeiten
wollte.

Mein Vater überlegte schon, ob er ihm das
Geld nicht anbieten sollte; ein anderer aber von
der Gesellschaft, der bisher noch gar nichts für den
Magister gethan hatte und sich wegen der funfzig
Thaler für völlig gesichert hielt, kam dem Herrn

Schnitzer

Johann Jacob ließ ſich belehren, und alle an-
dern ſagten, der Herr Magiſter haͤtte recht.

Sie konnten nun die Zeit nicht erwarten, daß
das Stuͤck aufgefuͤhrt wuͤrde, und drangen in den
Magiſter, daß er doch ja morgendes Tages zum
Director der Schauſpielergeſellſchaft gehn moͤchte.
Confuſelius verſicherte ſie, er ſelbſt wuͤrd’ es nicht
laͤnger aufſchieben, wenn er nicht eine kleine Ver-
hinderung haͤtte. Es fehlte ihm nemlich an einem
anſtaͤndigen Kleide: denn wenn er zu einem ſolchen
Manne ſo ſchlecht gekleidet kaͤme, wie hierher, wo
es ihm gute Freunde nicht uͤbel naͤhmen; ſo koͤnnte
ihn der Mann, da er ihn noch gar nicht kenne,
uͤber die Achſel anſehn und denken, er duͤrfe ihm
ſein Stuͤck wohl abdruͤcken. Haͤtte er itzt nur etli-
che und zwanzig Thaler, ſo koͤnnte er ſich binnen
drei bis vier Tagen einen neuen Anzug ſchaffen,
den er auch gern gleich bezahlen wollte, ſobald er
die funfzig bekaͤme; und es ſollte das auch nicht
das letzte ſein, was er fuͤrs Theater ausarbeiten
wollte.

Mein Vater uͤberlegte ſchon, ob er ihm das
Geld nicht anbieten ſollte; ein anderer aber von
der Geſellſchaft, der bisher noch gar nichts fuͤr den
Magiſter gethan hatte und ſich wegen der funfzig
Thaler fuͤr voͤllig geſichert hielt, kam dem Herrn

Schnitzer
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[26/0032] Johann Jacob ließ ſich belehren, und alle an- dern ſagten, der Herr Magiſter haͤtte recht. Sie konnten nun die Zeit nicht erwarten, daß das Stuͤck aufgefuͤhrt wuͤrde, und drangen in den Magiſter, daß er doch ja morgendes Tages zum Director der Schauſpielergeſellſchaft gehn moͤchte. Confuſelius verſicherte ſie, er ſelbſt wuͤrd’ es nicht laͤnger aufſchieben, wenn er nicht eine kleine Ver- hinderung haͤtte. Es fehlte ihm nemlich an einem anſtaͤndigen Kleide: denn wenn er zu einem ſolchen Manne ſo ſchlecht gekleidet kaͤme, wie hierher, wo es ihm gute Freunde nicht uͤbel naͤhmen; ſo koͤnnte ihn der Mann, da er ihn noch gar nicht kenne, uͤber die Achſel anſehn und denken, er duͤrfe ihm ſein Stuͤck wohl abdruͤcken. Haͤtte er itzt nur etli- che und zwanzig Thaler, ſo koͤnnte er ſich binnen drei bis vier Tagen einen neuen Anzug ſchaffen, den er auch gern gleich bezahlen wollte, ſobald er die funfzig bekaͤme; und es ſollte das auch nicht das letzte ſein, was er fuͤrs Theater ausarbeiten wollte. Mein Vater uͤberlegte ſchon, ob er ihm das Geld nicht anbieten ſollte; ein anderer aber von der Geſellſchaft, der bisher noch gar nichts fuͤr den Magiſter gethan hatte und ſich wegen der funfzig Thaler fuͤr voͤllig geſichert hielt, kam dem Herrn Schnitzer

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/32>, abgerufen am 29.04.2024.