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Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800.

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ziemlich gütig waren, und unterhielt sie ihn gar
mit der Hofnung, daß sie diesmal wieder einen
Sohn haben würde, so war er der vergnügteste Mann
von der Welt, sagte dann wohl, ob sie denn gar nichts
von ihm zu wünschen hätte? und wunderte sich
über ihre Mäßigung, wenn sie es verneinte.
Wohl hatte sie eine geheime und zwar sehr heftige
Sehnsucht, sie begehrte nemlich Felßen und So-
phien Busch die Nasen wegzubeißen, aber sie muß-
te dies brennende Verlangen unterdrücken, weil
sichs nicht stillen ließ. Jn der Fortsetzung dieses
Werks wird man sehn, wie diese Wuth zu beißen,
da sie nicht gestillt werden konnte, auf mich erbte
und wie ich sie noch als Kind befriedigte.

Eines noch andern Wunsches, der in Sus-
chen entstand, muß ich ebenfals hier gedenken,
weil er sie auf einen sehr klugen Einfall leitete.

Sie fieng auf einmal an zu überlegen, daß ihr
jetziger Weg, Reichthümer zu sammeln, doch immer
sehr langsam sein würde, wenn sie auch gleich nicht
ganz geringe Fortschritte darauf machte. Sie er-
wog ferner, daß es eine Hypochonder-Grille von
ihr wär, Schnitzern alt und grau werden zu lassen,
und an seiner Seite mit zu veraltern; der Mann,
meinte sie, würde ein für allemal nirgend besser als
im Grabe aufgehoben sein, wer ihn dahin beförder-
te,
ziemlich guͤtig waren, und unterhielt ſie ihn gar
mit der Hofnung, daß ſie diesmal wieder einen
Sohn haben wuͤrde, ſo war er der vergnuͤgteſte Mann
von der Welt, ſagte dann wohl, ob ſie denn gar nichts
von ihm zu wuͤnſchen haͤtte? und wunderte ſich
uͤber ihre Maͤßigung, wenn ſie es verneinte.
Wohl hatte ſie eine geheime und zwar ſehr heftige
Sehnſucht, ſie begehrte nemlich Felßen und So-
phien Buſch die Naſen wegzubeißen, aber ſie muß-
te dies brennende Verlangen unterdruͤcken, weil
ſichs nicht ſtillen ließ. Jn der Fortſetzung dieſes
Werks wird man ſehn, wie dieſe Wuth zu beißen,
da ſie nicht geſtillt werden konnte, auf mich erbte
und wie ich ſie noch als Kind befriedigte.

Eines noch andern Wunſches, der in Sus-
chen entſtand, muß ich ebenfals hier gedenken,
weil er ſie auf einen ſehr klugen Einfall leitete.

Sie fieng auf einmal an zu uͤberlegen, daß ihr
jetziger Weg, Reichthuͤmer zu ſammeln, doch immer
ſehr langſam ſein wuͤrde, wenn ſie auch gleich nicht
ganz geringe Fortſchritte darauf machte. Sie er-
wog ferner, daß es eine Hypochonder-Grille von
ihr waͤr, Schnitzern alt und grau werden zu laſſen,
und an ſeiner Seite mit zu veraltern; der Mann,
meinte ſie, wuͤrde ein fuͤr allemal nirgend beſſer als
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[394/0400] ziemlich guͤtig waren, und unterhielt ſie ihn gar mit der Hofnung, daß ſie diesmal wieder einen Sohn haben wuͤrde, ſo war er der vergnuͤgteſte Mann von der Welt, ſagte dann wohl, ob ſie denn gar nichts von ihm zu wuͤnſchen haͤtte? und wunderte ſich uͤber ihre Maͤßigung, wenn ſie es verneinte. Wohl hatte ſie eine geheime und zwar ſehr heftige Sehnſucht, ſie begehrte nemlich Felßen und So- phien Buſch die Naſen wegzubeißen, aber ſie muß- te dies brennende Verlangen unterdruͤcken, weil ſichs nicht ſtillen ließ. Jn der Fortſetzung dieſes Werks wird man ſehn, wie dieſe Wuth zu beißen, da ſie nicht geſtillt werden konnte, auf mich erbte und wie ich ſie noch als Kind befriedigte. Eines noch andern Wunſches, der in Sus- chen entſtand, muß ich ebenfals hier gedenken, weil er ſie auf einen ſehr klugen Einfall leitete. Sie fieng auf einmal an zu uͤberlegen, daß ihr jetziger Weg, Reichthuͤmer zu ſammeln, doch immer ſehr langſam ſein wuͤrde, wenn ſie auch gleich nicht ganz geringe Fortſchritte darauf machte. Sie er- wog ferner, daß es eine Hypochonder-Grille von ihr waͤr, Schnitzern alt und grau werden zu laſſen, und an ſeiner Seite mit zu veraltern; der Mann, meinte ſie, wuͤrde ein fuͤr allemal nirgend beſſer als im Grabe aufgehoben ſein, wer ihn dahin befoͤrder- te,

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Zitationshilfe: Wallenrodt, Johanna Isabella Eleonore von: Fritz, der Mann wie er nicht seyn sollte oder die Folgen einer übeln Erziehung. Bd. 1. Gera, 1800, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wallenrodt_fritz01_1800/400>, abgerufen am 29.05.2024.