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Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701.

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Erste Handlung.
Sieh sieh Poncinello/ bistu nicht eher klug worden/ als
itzund? muß man also zum reichthum kommen? halt/
ich will die pfeiffen brav schneiden: denn habe ich nur
geld/ so mag es auff die letzt an den tag kommen/ ich
will doch wol bleiben. Jst doch heute ein reicher
schelm angenehmer/ als ein armer mann/ der seine ehr-
ligkeit mit der Bxabantischen elle ausmessen kan:
(er
besinnet sich)
zwar wenn der handel offenbar wür-
de/ und käme für den Fürsten/ was würde Signor
Poncinello vor capriolen auf dem galgen schneiden?
Doch wer will ein narr seyn/ und das ding verrathen/
und darzu habe ich geld weil ich lebe/ wer fragt nach
der bösen viertel-stunde. Es stirbt mancher an dem
galgen viel sänffter/ als ein ander auf dem todt-bette/
der sich etliche jahr qvälen muß. Nun es geht drauff
loß/ je grösser schelme/ je besser glücke/ wer mir das gu-
te leben nicht gönnet/ der thue mirs nach. Jn der
welt gehet es so zu/ wer was haben will/ muß was wa-
gen/ die karte liegt auf dem tische/ gewinne ich/ wohl
gut: verspiel ich/ pacience.


Andere Handlung.
Leonore/ Sophie.
(Der schau-platz präsentirt einen garten.)
Soph. Mein gebietendes Fräulein/ wozu dienet
dieses trauren/ haben Jhr Gn. ein gelübde gethan/ al-
le freude und ergetzligkeit aus dero hertzen zu verbannen?
Leon. Ach schweig Sophie/ und laß meine gedan-
cken unverstört.
Soph. Wie kömmt aber Camillo darzu/ daß er
seine Leonore nicht so schön antreffen soll/ als er sie
verlassen hat?
Leon.
H h 4
Erſte Handlung.
Sieh ſieh Poncinello/ biſtu nicht eher klug worden/ als
itzund? muß man alſo zum reichthum kommen? halt/
ich will die pfeiffen brav ſchneiden: denn habe ich nur
geld/ ſo mag es auff die letzt an den tag kommen/ ich
will doch wol bleiben. Jſt doch heute ein reicher
ſchelm angenehmer/ als ein armer mann/ der ſeine ehr-
ligkeit mit der Bxabantiſchen elle ausmeſſen kan:
(er
beſinnet ſich)
zwar wenn der handel offenbar wuͤr-
de/ und kaͤme fuͤr den Fuͤrſten/ was wuͤrde Signor
Poncinello vor capriolen auf dem galgen ſchneiden?
Doch wer will ein narr ſeyn/ und das ding verrathen/
und darzu habe ich geld weil ich lebe/ wer fragt nach
der boͤſen viertel-ſtunde. Es ſtirbt mancher an dem
galgen viel ſaͤnffter/ als ein ander auf dem todt-bette/
der ſich etliche jahr qvaͤlen muß. Nun es geht drauff
loß/ je groͤſſer ſchelme/ je beſſer gluͤcke/ wer mir das gu-
te leben nicht goͤnnet/ der thue mirs nach. Jn der
welt gehet es ſo zu/ wer was haben will/ muß was wa-
gen/ die karte liegt auf dem tiſche/ gewinne ich/ wohl
gut: verſpiel ich/ pacience.


Andere Handlung.
Leonore/ Sophie.
(Der ſchau-platz praͤſentirt einen garten.)
Soph. Mein gebietendes Fraͤulein/ wozu dienet
dieſes trauren/ haben Jhr Gn. ein geluͤbde gethan/ al-
le freude uñ ergetzligkeit aus dero hertzen zu verbañen?
Leon. Ach ſchweig Sophie/ und laß meine gedan-
cken unverſtoͤrt.
Soph. Wie koͤmmt aber Camillo darzu/ daß er
ſeine Leonore nicht ſo ſchoͤn antreffen ſoll/ als er ſie
verlaſſen hat?
Leon.
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[487/0503] Erſte Handlung. Sieh ſieh Poncinello/ biſtu nicht eher klug worden/ als itzund? muß man alſo zum reichthum kommen? halt/ ich will die pfeiffen brav ſchneiden: denn habe ich nur geld/ ſo mag es auff die letzt an den tag kommen/ ich will doch wol bleiben. Jſt doch heute ein reicher ſchelm angenehmer/ als ein armer mann/ der ſeine ehr- ligkeit mit der Bxabantiſchen elle ausmeſſen kan: (er beſinnet ſich) zwar wenn der handel offenbar wuͤr- de/ und kaͤme fuͤr den Fuͤrſten/ was wuͤrde Signor Poncinello vor capriolen auf dem galgen ſchneiden? Doch wer will ein narr ſeyn/ und das ding verrathen/ und darzu habe ich geld weil ich lebe/ wer fragt nach der boͤſen viertel-ſtunde. Es ſtirbt mancher an dem galgen viel ſaͤnffter/ als ein ander auf dem todt-bette/ der ſich etliche jahr qvaͤlen muß. Nun es geht drauff loß/ je groͤſſer ſchelme/ je beſſer gluͤcke/ wer mir das gu- te leben nicht goͤnnet/ der thue mirs nach. Jn der welt gehet es ſo zu/ wer was haben will/ muß was wa- gen/ die karte liegt auf dem tiſche/ gewinne ich/ wohl gut: verſpiel ich/ pacience. Andere Handlung. Leonore/ Sophie. (Der ſchau-platz praͤſentirt einen garten.) Soph. Mein gebietendes Fraͤulein/ wozu dienet dieſes trauren/ haben Jhr Gn. ein geluͤbde gethan/ al- le freude uñ ergetzligkeit aus dero hertzen zu verbañen? Leon. Ach ſchweig Sophie/ und laß meine gedan- cken unverſtoͤrt. Soph. Wie koͤmmt aber Camillo darzu/ daß er ſeine Leonore nicht ſo ſchoͤn antreffen ſoll/ als er ſie verlaſſen hat? Leon. H h 4

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Zitationshilfe: Weise, Christian: Überflüßige Gedancken Der grünenden jugend. Leipzig, 1701, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/weise_jugend_1701/503>, abgerufen am 31.05.2024.