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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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12.
Bey Gott, Herr Ritter, (spricht, indem er zu ihm hinkt,
Der Zedernprinz) ihr seyd ein scharfer stecher!
Doch basta! eure hand! kommt, weil der abend winkt,
Zum brüderlichen mahl und zum versöhnungsbecher.
Herr Hüon nimmt den antrag dankbar an;
Drey stunden fliehen weg mit trinken und mit scherzen:
Und, wie die Herren ihn so schön und höflich sahn,
Verziehn sie ihm ihr rippenweh von herzen.
13.
Izt, spricht er, liebe Herrn und Freunde, da ich euch,
Was mein war ohnedies, so redlich abgewonnen,
Izt, sollt ihr wissen, geht's geraden wegs sogleich
Dem Riesen zu. Ich war's vorhin gesonnen,
Und thu es nun mit desto größrer lust,
Weil diesem Biedermann ein dienst damit geschiehet.
Drauf dankt er, daß sie sich soviel mit ihm bemühet,
Und drückt der reyhe nach sie all' an seine brust.
14.
Und als sie ihm zur burg des ungeschlachten Riesen
Durch einen förenwald den nächsten weg gewiesen,
Entläßt er sie, mit der versicherung,
Sie sollten bald von ihrer Dame hören.
Ade, ihr Herrn! -- "Viel glücks!" -- Und nun in vollem sprung
Zum wald hinaus. Kaum röthete die fören
Die morgensonn, als ihm, im blachen feld,
Ein ungeheurer thurm von ferne dar sich stellt.
15. Aus
D 2
12.
Bey Gott, Herr Ritter, (ſpricht, indem er zu ihm hinkt,
Der Zedernprinz) ihr ſeyd ein ſcharfer ſtecher!
Doch baſta! eure hand! kommt, weil der abend winkt,
Zum bruͤderlichen mahl und zum verſoͤhnungsbecher.
Herr Huͤon nimmt den antrag dankbar an;
Drey ſtunden fliehen weg mit trinken und mit ſcherzen:
Und, wie die Herren ihn ſo ſchoͤn und hoͤflich ſahn,
Verziehn ſie ihm ihr rippenweh von herzen.
13.
Izt, ſpricht er, liebe Herrn und Freunde, da ich euch,
Was mein war ohnedies, ſo redlich abgewonnen,
Izt, ſollt ihr wiſſen, geht's geraden wegs ſogleich
Dem Rieſen zu. Ich war's vorhin geſonnen,
Und thu es nun mit deſto groͤßrer luſt,
Weil dieſem Biedermann ein dienſt damit geſchiehet.
Drauf dankt er, daß ſie ſich ſoviel mit ihm bemuͤhet,
Und druͤckt der reyhe nach ſie all' an ſeine bruſt.
14.
Und als ſie ihm zur burg des ungeſchlachten Rieſen
Durch einen foͤrenwald den naͤchſten weg gewieſen,
Entlaͤßt er ſie, mit der verſicherung,
Sie ſollten bald von ihrer Dame hoͤren.
Ade, ihr Herrn! — „Viel gluͤcks!“ — Und nun in vollem ſprung
Zum wald hinaus. Kaum roͤthete die foͤren
Die morgenſonn, als ihm, im blachen feld,
Ein ungeheurer thurm von ferne dar ſich ſtellt.
15. Aus
D 2
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[0057] 12. Bey Gott, Herr Ritter, (ſpricht, indem er zu ihm hinkt, Der Zedernprinz) ihr ſeyd ein ſcharfer ſtecher! Doch baſta! eure hand! kommt, weil der abend winkt, Zum bruͤderlichen mahl und zum verſoͤhnungsbecher. Herr Huͤon nimmt den antrag dankbar an; Drey ſtunden fliehen weg mit trinken und mit ſcherzen: Und, wie die Herren ihn ſo ſchoͤn und hoͤflich ſahn, Verziehn ſie ihm ihr rippenweh von herzen. 13. Izt, ſpricht er, liebe Herrn und Freunde, da ich euch, Was mein war ohnedies, ſo redlich abgewonnen, Izt, ſollt ihr wiſſen, geht's geraden wegs ſogleich Dem Rieſen zu. Ich war's vorhin geſonnen, Und thu es nun mit deſto groͤßrer luſt, Weil dieſem Biedermann ein dienſt damit geſchiehet. Drauf dankt er, daß ſie ſich ſoviel mit ihm bemuͤhet, Und druͤckt der reyhe nach ſie all' an ſeine bruſt. 14. Und als ſie ihm zur burg des ungeſchlachten Rieſen Durch einen foͤrenwald den naͤchſten weg gewieſen, Entlaͤßt er ſie, mit der verſicherung, Sie ſollten bald von ihrer Dame hoͤren. Ade, ihr Herrn! — „Viel gluͤcks!“ — Und nun in vollem ſprung Zum wald hinaus. Kaum roͤthete die foͤren Die morgenſonn, als ihm, im blachen feld, Ein ungeheurer thurm von ferne dar ſich ſtellt. 15. Aus D 2

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/57>, abgerufen am 29.04.2024.