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Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780.

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54.
Und als ihm's der, wiewol mit müh, gewährt,
Bestieg er heute früh vor tag sein bestes pferd,
Und ritt hinaus. Was weiter vorgegangen
Ist unbekannt. Genug, er kam, zu allem glück,
Auf einem fremden gaul, ganz leise, sonder prangen
Und ohne löwenhaut zurük.
Man sagt, er habe straks, sobald er heimgekommen,
Sich hingelegt, und Bezoar genommen.
55.
Bey allem dem sind nun mit unerhörter pracht
Die zubereitungen zum hochzeitfest gemacht;
Unfehlbar wird es morgen vor sich gehen,
Und Rezia sich in der nächsten nacht
In Babekans verhaßten armen sehen.
Eh dies geschieht, fuhr Hüon rasch heraus,
Eh soll das große rad der Schöpfung stille stehen!
Der Ritter und der Zwerg sind, glaubt mir, auch vom schmaus.
56.
Die Alte wundert sich des wortes, und betrachtet
Genauer, was sie anfangs nicht geachtet,
Des Fremden blaues aug, und langes gelbes haar,
Und seinen ritterschmuk, und daß er nur gebrochen
Arabisch sprach, und daß er schöner war
Als je ein mann, der in die augen ihr gestochen;
Das rasche wort, das er gesprochen,
Und diese ähnlichkeit! Es däucht ihr sonderbar.
57. Wo
54.
Und als ihm's der, wiewol mit muͤh, gewaͤhrt,
Beſtieg er heute fruͤh vor tag ſein beſtes pferd,
Und ritt hinaus. Was weiter vorgegangen
Iſt unbekannt. Genug, er kam, zu allem gluͤck,
Auf einem fremden gaul, ganz leiſe, ſonder prangen
Und ohne loͤwenhaut zuruͤk.
Man ſagt, er habe ſtraks, ſobald er heimgekommen,
Sich hingelegt, und Bezoar genommen.
55.
Bey allem dem ſind nun mit unerhoͤrter pracht
Die zubereitungen zum hochzeitfeſt gemacht;
Unfehlbar wird es morgen vor ſich gehen,
Und Rezia ſich in der naͤchſten nacht
In Babekans verhaßten armen ſehen.
Eh dies geſchieht, fuhr Huͤon raſch heraus,
Eh ſoll das große rad der Schoͤpfung ſtille ſtehen!
Der Ritter und der Zwerg ſind, glaubt mir, auch vom ſchmaus.
56.
Die Alte wundert ſich des wortes, und betrachtet
Genauer, was ſie anfangs nicht geachtet,
Des Fremden blaues aug, und langes gelbes haar,
Und ſeinen ritterſchmuk, und daß er nur gebrochen
Arabiſch ſprach, und daß er ſchoͤner war
Als je ein mann, der in die augen ihr geſtochen;
Das raſche wort, das er geſprochen,
Und dieſe aͤhnlichkeit! Es daͤucht ihr ſonderbar.
57. Wo
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[0094] 54. Und als ihm's der, wiewol mit muͤh, gewaͤhrt, Beſtieg er heute fruͤh vor tag ſein beſtes pferd, Und ritt hinaus. Was weiter vorgegangen Iſt unbekannt. Genug, er kam, zu allem gluͤck, Auf einem fremden gaul, ganz leiſe, ſonder prangen Und ohne loͤwenhaut zuruͤk. Man ſagt, er habe ſtraks, ſobald er heimgekommen, Sich hingelegt, und Bezoar genommen. 55. Bey allem dem ſind nun mit unerhoͤrter pracht Die zubereitungen zum hochzeitfeſt gemacht; Unfehlbar wird es morgen vor ſich gehen, Und Rezia ſich in der naͤchſten nacht In Babekans verhaßten armen ſehen. Eh dies geſchieht, fuhr Huͤon raſch heraus, Eh ſoll das große rad der Schoͤpfung ſtille ſtehen! Der Ritter und der Zwerg ſind, glaubt mir, auch vom ſchmaus. 56. Die Alte wundert ſich des wortes, und betrachtet Genauer, was ſie anfangs nicht geachtet, Des Fremden blaues aug, und langes gelbes haar, Und ſeinen ritterſchmuk, und daß er nur gebrochen Arabiſch ſprach, und daß er ſchoͤner war Als je ein mann, der in die augen ihr geſtochen; Das raſche wort, das er geſprochen, Und dieſe aͤhnlichkeit! Es daͤucht ihr ſonderbar. 57. Wo

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Zitationshilfe: Wieland, Christoph Martin: Oberon. Weimar, 1780, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wieland_oberon_1780/94>, abgerufen am 29.04.2024.