Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

Bild:
<< vorherige Seite
pwo_178.001
C. Die dramatische Poesie.
pwo_178.002
I. Das Trauerspiel.
pwo_178.003
§ 72. pwo_178.004
Begründung der dramatischen Form.
pwo_178.005

Als Voraussetzung der Lyrik erkannten wir, daß den dargestellten pwo_178.006
Objekten das Subjekt des Dichters gegenübertritt. Eine dritte pwo_178.007
poetische Form bereitet sich vor, indem er die verschiedene Jndividualität pwo_178.008
der im Bericht hervortretenden Subjekte erkennt und zu sondern pwo_178.009
sucht. Diese Sonderung geschieht zunächst äußerlich durch Herausheben pwo_178.010
von Einzelgestalten aus dem Bericht und entsprechende Verteilung pwo_178.011
des Vortrags auf mehrere Personen.

pwo_178.012

Rein psychologisch besteht der weitere Schritt der poetischen Entwicklung pwo_178.013
über die Lyrik hinaus darin, daß der Dichter von der pwo_178.014
eigenen Seele in die Seelen der anderen ergründend einzudringen pwo_178.015
strebt. Wiederum wendet er sich der Außenwelt zu: aber nicht mehr pwo_178.016
wie im epischen Bericht kündet er die bloßen Thaten der andern, pwo_178.017
verkörpert vielmehr die handelnden Personen selbst, so daß ihre Thaten pwo_178.018
nunmehr als ein Ausfluß ihrer Persönlichkeit erscheinen.

pwo_178.019
§ 73. pwo_178.020
Ausbildung der dramatischen Form in Griechenland.
pwo_178.021

Nicht in der Völkerwiege des Orients, insbesondere auch nicht pwo_178.022
in der indischen Urheimat der arischen Völkerfamilie treten uns die pwo_178.023
frühesten geschichtlich erschließbaren Anfänge des Dramas entgegen: pwo_178.024
der Geist der indischen Religionen in Gemeinschaft mit der Vorherrschaft

pwo_178.001
C. Die dramatische Poesie.
pwo_178.002
I. Das Trauerspiel.
pwo_178.003
§ 72. pwo_178.004
Begründung der dramatischen Form.
pwo_178.005

  Als Voraussetzung der Lyrik erkannten wir, daß den dargestellten pwo_178.006
Objekten das Subjekt des Dichters gegenübertritt. Eine dritte pwo_178.007
poetische Form bereitet sich vor, indem er die verschiedene Jndividualität pwo_178.008
der im Bericht hervortretenden Subjekte erkennt und zu sondern pwo_178.009
sucht. Diese Sonderung geschieht zunächst äußerlich durch Herausheben pwo_178.010
von Einzelgestalten aus dem Bericht und entsprechende Verteilung pwo_178.011
des Vortrags auf mehrere Personen.

pwo_178.012

  Rein psychologisch besteht der weitere Schritt der poetischen Entwicklung pwo_178.013
über die Lyrik hinaus darin, daß der Dichter von der pwo_178.014
eigenen Seele in die Seelen der anderen ergründend einzudringen pwo_178.015
strebt. Wiederum wendet er sich der Außenwelt zu: aber nicht mehr pwo_178.016
wie im epischen Bericht kündet er die bloßen Thaten der andern, pwo_178.017
verkörpert vielmehr die handelnden Personen selbst, so daß ihre Thaten pwo_178.018
nunmehr als ein Ausfluß ihrer Persönlichkeit erscheinen.

pwo_178.019
§ 73. pwo_178.020
Ausbildung der dramatischen Form in Griechenland.
pwo_178.021

  Nicht in der Völkerwiege des Orients, insbesondere auch nicht pwo_178.022
in der indischen Urheimat der arischen Völkerfamilie treten uns die pwo_178.023
frühesten geschichtlich erschließbaren Anfänge des Dramas entgegen: pwo_178.024
der Geist der indischen Religionen in Gemeinschaft mit der Vorherrschaft

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0192" n="E178"/>
          </div>
        </div>
        <div n="2">
          <lb n="pwo_178.001"/>
          <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">C</hi>. Die dramatische Poesie.</hi> </head>
          <lb n="pwo_178.002"/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c"><hi rendition="#aq">I</hi>. Das Trauerspiel.</hi> </head>
            <div n="4">
              <lb n="pwo_178.003"/>
              <head> <hi rendition="#c">§ 72. <lb n="pwo_178.004"/>
Begründung der dramatischen Form.</hi> </head>
              <lb n="pwo_178.005"/>
              <p>  Als Voraussetzung der Lyrik erkannten wir, daß den dargestellten <lb n="pwo_178.006"/>
Objekten das Subjekt des Dichters gegenübertritt. Eine dritte <lb n="pwo_178.007"/>
poetische Form bereitet sich vor, indem er die verschiedene Jndividualität <lb n="pwo_178.008"/>
der im Bericht hervortretenden Subjekte erkennt und zu sondern <lb n="pwo_178.009"/>
sucht. Diese Sonderung geschieht zunächst äußerlich durch Herausheben <lb n="pwo_178.010"/>
von Einzelgestalten aus dem Bericht und entsprechende Verteilung <lb n="pwo_178.011"/>
des Vortrags auf mehrere Personen.</p>
              <lb n="pwo_178.012"/>
              <p>  Rein psychologisch besteht der weitere Schritt der poetischen Entwicklung <lb n="pwo_178.013"/>
über die Lyrik hinaus darin, daß der Dichter von der <lb n="pwo_178.014"/>
eigenen Seele in die Seelen der <hi rendition="#g">anderen</hi> ergründend einzudringen <lb n="pwo_178.015"/>
strebt. Wiederum wendet er sich der Außenwelt zu: aber nicht mehr <lb n="pwo_178.016"/>
wie im epischen Bericht kündet er die bloßen Thaten der andern, <lb n="pwo_178.017"/>
verkörpert vielmehr die handelnden Personen selbst, so daß ihre Thaten <lb n="pwo_178.018"/>
nunmehr als ein Ausfluß ihrer Persönlichkeit erscheinen.</p>
            </div>
            <div n="4">
              <lb n="pwo_178.019"/>
              <head> <hi rendition="#c">§ 73. <lb n="pwo_178.020"/>
Ausbildung der dramatischen Form in Griechenland.</hi> </head>
              <lb n="pwo_178.021"/>
              <p>  Nicht in der Völkerwiege des Orients, insbesondere auch nicht <lb n="pwo_178.022"/>
in der indischen Urheimat der arischen Völkerfamilie treten uns die <lb n="pwo_178.023"/>
frühesten geschichtlich erschließbaren Anfänge des Dramas entgegen: <lb n="pwo_178.024"/>
der Geist der indischen Religionen in Gemeinschaft mit der Vorherrschaft
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[E178/0192] pwo_178.001 C. Die dramatische Poesie. pwo_178.002 I. Das Trauerspiel. pwo_178.003 § 72. pwo_178.004 Begründung der dramatischen Form. pwo_178.005   Als Voraussetzung der Lyrik erkannten wir, daß den dargestellten pwo_178.006 Objekten das Subjekt des Dichters gegenübertritt. Eine dritte pwo_178.007 poetische Form bereitet sich vor, indem er die verschiedene Jndividualität pwo_178.008 der im Bericht hervortretenden Subjekte erkennt und zu sondern pwo_178.009 sucht. Diese Sonderung geschieht zunächst äußerlich durch Herausheben pwo_178.010 von Einzelgestalten aus dem Bericht und entsprechende Verteilung pwo_178.011 des Vortrags auf mehrere Personen. pwo_178.012   Rein psychologisch besteht der weitere Schritt der poetischen Entwicklung pwo_178.013 über die Lyrik hinaus darin, daß der Dichter von der pwo_178.014 eigenen Seele in die Seelen der anderen ergründend einzudringen pwo_178.015 strebt. Wiederum wendet er sich der Außenwelt zu: aber nicht mehr pwo_178.016 wie im epischen Bericht kündet er die bloßen Thaten der andern, pwo_178.017 verkörpert vielmehr die handelnden Personen selbst, so daß ihre Thaten pwo_178.018 nunmehr als ein Ausfluß ihrer Persönlichkeit erscheinen. pwo_178.019 § 73. pwo_178.020 Ausbildung der dramatischen Form in Griechenland. pwo_178.021   Nicht in der Völkerwiege des Orients, insbesondere auch nicht pwo_178.022 in der indischen Urheimat der arischen Völkerfamilie treten uns die pwo_178.023 frühesten geschichtlich erschließbaren Anfänge des Dramas entgegen: pwo_178.024 der Geist der indischen Religionen in Gemeinschaft mit der Vorherrschaft

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Technische Universität Darmstadt, Universität Stuttgart: Bereitstellung der Scan-Digitalisate und der Texttranskription. (2015-09-30T09:54:39Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
TextGrid/DARIAH-DE: Langfristige Bereitstellung der TextGrid/DARIAH-DE-Repository-Ausgabe
Stefan Alscher: Bearbeitung der digitalen Edition - Annotation des Metaphernbegriffs
Hans-Werner Bartz: Bearbeitung der digitalen Edition - Tustep-Unterstützung
Michael Bender: Bearbeitung der digitalen Edition - Koordination, Konzeption (Korpusaufbau, Annotationsschema, Workflow, Publikationsformen), Annotation des Metaphernbegriffs, XML-Auszeichnung)
Leonie Blumenschein: Bearbeitung der digitalen Edition - XML-Auszeichnung
David Glück: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung, Annotation des Metaphernbegriffs, XSL+JavaScript
Constanze Hahn: Bearbeitung der digitalen Edition - Korpusaufbau, XML-Auszeichnung
Philipp Hegel: Bearbeitung der digitalen Edition - XML/XSL/CSS-Unterstützung
Andrea Rapp: ePoetics-Projekt-Koordination

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: nicht übernommen; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/192
Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. E178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/192>, abgerufen am 29.04.2024.