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Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896.

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Die russische Methode bliebe immer noch übrig, falls der
Weg der Jmmatriculation bei den Universitäten oder einzelnen
derselben nicht beschritten werden sollte. Die Einrichtung einer
eigenen Frauenhochschule hätte den Vorzug, daß der hauptsäch-
liche Widerstand fortfiele, weil man nicht neuen Raum in einem
alten Hause verlangte. Der Staat hätte das neue Haus zu
bauen; wollten ihm wohlgesinnte Millionäre dazu bereitwilliger
die Hand öffnen, als unser Finanzminister sie zu öffnen ge-
wohnt ist, so würde die Regierung es gewiß annehmen. Ein
großer Staatsrechtslehrer klagte neulich im Landtage über die
Leiden der Millionäre: er unterließ, ihnen das einfachste Mittel
zu nennen, durch das sie von ihren Leiden erlöst werden. Hier
ist einer der zahlreichen Zwecke, für die sie Gutes stiften können.

Wirklich ist manches der Art bereits geschehen, zumal in den
letzten Jahren. Aus den Acten des preußischen Unterrichts-
Ministeriums entnehme ich, daß in den Jahren 1890-95
Schenkungen und Vermächtnisse für Universitäten und andere
wissenschaftliche Anstalten und Kunstinstitute in Preußen

1.39 Mill. Mark in Geld, 1,39 in natura (Bücher, Kunstwerke r) 2,78 Mill. Mark zusammen,
oder im jährlichen Durchschnitt 463000 Mark gewidmet worden
sind. Darunter an größeren die Jüngkenstiftung von 1891
mit einer Summe von 625000 Mark behufs Unterstützung
von Studirenden der Berliner Universität; die Orlopstiftung
von 1895 mit einer Summe von 330000 Mark für das Ber-
liner Kunstgewerbe-Museum, deren Nießbrauch allerdings die
24jährige Wittwe lebenslänglich hat. Die Stiftung der Frau
Elise Wentzel, geb. Heckmann, vom Jahre 1894, welche für
die Berliner Akademie der Wissenschaften 1 1/2 Millionen Mark

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Die russische Methode bliebe immer noch übrig, falls der
Weg der Jmmatriculation bei den Universitäten oder einzelnen
derselben nicht beschritten werden sollte. Die Einrichtung einer
eigenen Frauenhochschule hätte den Vorzug, daß der hauptsäch-
liche Widerstand fortfiele, weil man nicht neuen Raum in einem
alten Hause verlangte. Der Staat hätte das neue Haus zu
bauen; wollten ihm wohlgesinnte Millionäre dazu bereitwilliger
die Hand öffnen, als unser Finanzminister sie zu öffnen ge-
wohnt ist, so würde die Regierung es gewiß annehmen. Ein
großer Staatsrechtslehrer klagte neulich im Landtage über die
Leiden der Millionäre: er unterließ, ihnen das einfachste Mittel
zu nennen, durch das sie von ihren Leiden erlöst werden. Hier
ist einer der zahlreichen Zwecke, für die sie Gutes stiften können.

Wirklich ist manches der Art bereits geschehen, zumal in den
letzten Jahren. Aus den Acten des preußischen Unterrichts-
Ministeriums entnehme ich, daß in den Jahren 1890-95
Schenkungen und Vermächtnisse für Universitäten und andere
wissenschaftliche Anstalten und Kunstinstitute in Preußen

1.39 Mill. Mark in Geld, 1,39 in natura (Bücher, Kunstwerke ꝛ) 2,78 Mill. Mark zusammen,
oder im jährlichen Durchschnitt 463000 Mark gewidmet worden
sind. Darunter an größeren die Jüngkenstiftung von 1891
mit einer Summe von 625000 Mark behufs Unterstützung
von Studirenden der Berliner Universität; die Orlopstiftung
von 1895 mit einer Summe von 330000 Mark für das Ber-
liner Kunstgewerbe-Museum, deren Nießbrauch allerdings die
24jährige Wittwe lebenslänglich hat. Die Stiftung der Frau
Elise Wentzel, geb. Heckmann, vom Jahre 1894, welche für
die Berliner Akademie der Wissenschaften 1 ½ Millionen Mark

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[211/0227] Die russische Methode bliebe immer noch übrig, falls der Weg der Jmmatriculation bei den Universitäten oder einzelnen derselben nicht beschritten werden sollte. Die Einrichtung einer eigenen Frauenhochschule hätte den Vorzug, daß der hauptsäch- liche Widerstand fortfiele, weil man nicht neuen Raum in einem alten Hause verlangte. Der Staat hätte das neue Haus zu bauen; wollten ihm wohlgesinnte Millionäre dazu bereitwilliger die Hand öffnen, als unser Finanzminister sie zu öffnen ge- wohnt ist, so würde die Regierung es gewiß annehmen. Ein großer Staatsrechtslehrer klagte neulich im Landtage über die Leiden der Millionäre: er unterließ, ihnen das einfachste Mittel zu nennen, durch das sie von ihren Leiden erlöst werden. Hier ist einer der zahlreichen Zwecke, für die sie Gutes stiften können. Wirklich ist manches der Art bereits geschehen, zumal in den letzten Jahren. Aus den Acten des preußischen Unterrichts- Ministeriums entnehme ich, daß in den Jahren 1890-95 Schenkungen und Vermächtnisse für Universitäten und andere wissenschaftliche Anstalten und Kunstinstitute in Preußen 1.39 Mill. Mark in Geld, 1,39 in natura (Bücher, Kunstwerke ꝛ) 2,78 Mill. Mark zusammen, oder im jährlichen Durchschnitt 463000 Mark gewidmet worden sind. Darunter an größeren die Jüngkenstiftung von 1891 mit einer Summe von 625000 Mark behufs Unterstützung von Studirenden der Berliner Universität; die Orlopstiftung von 1895 mit einer Summe von 330000 Mark für das Ber- liner Kunstgewerbe-Museum, deren Nießbrauch allerdings die 24jährige Wittwe lebenslänglich hat. Die Stiftung der Frau Elise Wentzel, geb. Heckmann, vom Jahre 1894, welche für die Berliner Akademie der Wissenschaften 1 ½ Millionen Mark 14*

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Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2021-02-18T15:54:56Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Zitationshilfe: Cohn, Gustav: Die deutsche Frauenbewegung. Berlin, 1896, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/cohn_frauenbewegung_1896/227>, abgerufen am 26.04.2024.