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Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band.

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und Sonne zu Theil werden kann. Drei kraftvolle Aepfelbäume, deren Aeste,
von Früchten gebeugt, fast den Boden berühren, bilden schon eine große Gruppe
für einen kleinen Garten. Ein einzelner, hochgewachsener Kirschbaum oder meh¬
rere von verschiedenfarbigen Früchten, zu einer Gruppe vereinigt, können sich
aus einem lichten Gebüsch von niedrigen Frnchtsträuchern, als Mispeln, Quitten ze.
erheben, worin sich zur Abwechselung einige schönblühende Sträucher befinden.
Weinreben, frühe Sorte, können sich nach italienischer Weise in Guirlanden von
Baum zu Baum schlingen wie in den herrlichen Gefilden von Südtyrol und
an den reizenden Usern des Lago maggiore.

In diesem Obstgarten steht ein kleines Wohnhaus, mit Pfirsichen und
Aprikosen umzogen, geschmackvoll als Gärtnerwohnung eingerichtet. Es wird
nicht schwer sein, wenn man sonst guten Willen hat, sich darin glücklich zu
fühlen.




Bilder ans der Türkei.
2.
Die Beamten.

Wie kommt es, daß in diesem Lande, nnter einem Volke,' dessen hervorstechen¬
der Charakterzug die strengste Rechtlichkeit in Handel und Wandel ist, die Ne¬
uerung nicht einen redlichen Beamten zu finden vermag? Im Augenblick, wo
der Türke zu irgend einer Würde erhoben wird, ist er von oben herab die
Beute aller Willkür und Erpressung; von seinem Vorgänger übernimmt er alle
^erflichtnngen, vou seines Gleichen wird er in alle Schleifgänge seines Standes
Angeführt und förmlich überwacht, daß er nicht ans dem Geleise kommt; weh
^M, wenn er es versuchte; nach unten hingegen ist er im vollstem Maße unver¬
antwortlich. Er hat die Erbschaft aus der Zeit der Naubsucht übernommen, er
Muß sie bewachen und fortführen; und sind auch die Verwaltungssormen regel¬
mäßiger geworden, sie bleiben wirkungslos einer geschlossenen Phalanx öffent¬
licher Diener gegenüber, deren erster bis zum letzten in tiefster sittlicher Ernie¬
drigung mir vom Raub und Erpressung sein Leben zu fristen vermag.

Was aber noch mehr die unheilbare Krankheit der türkische", so wie fast
"iter orientalischen Racen bezeichnet, ist, daß irgend einem ihrer Individuen der
geringste Schimmer besserer Erziehung und die geringste Oberherrlichkeit über
seines Gleichen genügt, um ihn augenblicklich der Ehrlichkeit, die ihn in den
Leiden des Volkes auszeichnete, als einer Albernheit, oder vielmehr als eines
gemeinen Vorurtheils zu entkleiden. Erziehung, diese erhebende und veredelnde


und Sonne zu Theil werden kann. Drei kraftvolle Aepfelbäume, deren Aeste,
von Früchten gebeugt, fast den Boden berühren, bilden schon eine große Gruppe
für einen kleinen Garten. Ein einzelner, hochgewachsener Kirschbaum oder meh¬
rere von verschiedenfarbigen Früchten, zu einer Gruppe vereinigt, können sich
aus einem lichten Gebüsch von niedrigen Frnchtsträuchern, als Mispeln, Quitten ze.
erheben, worin sich zur Abwechselung einige schönblühende Sträucher befinden.
Weinreben, frühe Sorte, können sich nach italienischer Weise in Guirlanden von
Baum zu Baum schlingen wie in den herrlichen Gefilden von Südtyrol und
an den reizenden Usern des Lago maggiore.

In diesem Obstgarten steht ein kleines Wohnhaus, mit Pfirsichen und
Aprikosen umzogen, geschmackvoll als Gärtnerwohnung eingerichtet. Es wird
nicht schwer sein, wenn man sonst guten Willen hat, sich darin glücklich zu
fühlen.




Bilder ans der Türkei.
2.
Die Beamten.

Wie kommt es, daß in diesem Lande, nnter einem Volke,' dessen hervorstechen¬
der Charakterzug die strengste Rechtlichkeit in Handel und Wandel ist, die Ne¬
uerung nicht einen redlichen Beamten zu finden vermag? Im Augenblick, wo
der Türke zu irgend einer Würde erhoben wird, ist er von oben herab die
Beute aller Willkür und Erpressung; von seinem Vorgänger übernimmt er alle
^erflichtnngen, vou seines Gleichen wird er in alle Schleifgänge seines Standes
Angeführt und förmlich überwacht, daß er nicht ans dem Geleise kommt; weh
^M, wenn er es versuchte; nach unten hingegen ist er im vollstem Maße unver¬
antwortlich. Er hat die Erbschaft aus der Zeit der Naubsucht übernommen, er
Muß sie bewachen und fortführen; und sind auch die Verwaltungssormen regel¬
mäßiger geworden, sie bleiben wirkungslos einer geschlossenen Phalanx öffent¬
licher Diener gegenüber, deren erster bis zum letzten in tiefster sittlicher Ernie¬
drigung mir vom Raub und Erpressung sein Leben zu fristen vermag.

Was aber noch mehr die unheilbare Krankheit der türkische», so wie fast
"iter orientalischen Racen bezeichnet, ist, daß irgend einem ihrer Individuen der
geringste Schimmer besserer Erziehung und die geringste Oberherrlichkeit über
seines Gleichen genügt, um ihn augenblicklich der Ehrlichkeit, die ihn in den
Leiden des Volkes auszeichnete, als einer Albernheit, oder vielmehr als eines
gemeinen Vorurtheils zu entkleiden. Erziehung, diese erhebende und veredelnde


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[0145] und Sonne zu Theil werden kann. Drei kraftvolle Aepfelbäume, deren Aeste, von Früchten gebeugt, fast den Boden berühren, bilden schon eine große Gruppe für einen kleinen Garten. Ein einzelner, hochgewachsener Kirschbaum oder meh¬ rere von verschiedenfarbigen Früchten, zu einer Gruppe vereinigt, können sich aus einem lichten Gebüsch von niedrigen Frnchtsträuchern, als Mispeln, Quitten ze. erheben, worin sich zur Abwechselung einige schönblühende Sträucher befinden. Weinreben, frühe Sorte, können sich nach italienischer Weise in Guirlanden von Baum zu Baum schlingen wie in den herrlichen Gefilden von Südtyrol und an den reizenden Usern des Lago maggiore. In diesem Obstgarten steht ein kleines Wohnhaus, mit Pfirsichen und Aprikosen umzogen, geschmackvoll als Gärtnerwohnung eingerichtet. Es wird nicht schwer sein, wenn man sonst guten Willen hat, sich darin glücklich zu fühlen. Bilder ans der Türkei. 2. Die Beamten. Wie kommt es, daß in diesem Lande, nnter einem Volke,' dessen hervorstechen¬ der Charakterzug die strengste Rechtlichkeit in Handel und Wandel ist, die Ne¬ uerung nicht einen redlichen Beamten zu finden vermag? Im Augenblick, wo der Türke zu irgend einer Würde erhoben wird, ist er von oben herab die Beute aller Willkür und Erpressung; von seinem Vorgänger übernimmt er alle ^erflichtnngen, vou seines Gleichen wird er in alle Schleifgänge seines Standes Angeführt und förmlich überwacht, daß er nicht ans dem Geleise kommt; weh ^M, wenn er es versuchte; nach unten hingegen ist er im vollstem Maße unver¬ antwortlich. Er hat die Erbschaft aus der Zeit der Naubsucht übernommen, er Muß sie bewachen und fortführen; und sind auch die Verwaltungssormen regel¬ mäßiger geworden, sie bleiben wirkungslos einer geschlossenen Phalanx öffent¬ licher Diener gegenüber, deren erster bis zum letzten in tiefster sittlicher Ernie¬ drigung mir vom Raub und Erpressung sein Leben zu fristen vermag. Was aber noch mehr die unheilbare Krankheit der türkische», so wie fast "iter orientalischen Racen bezeichnet, ist, daß irgend einem ihrer Individuen der geringste Schimmer besserer Erziehung und die geringste Oberherrlichkeit über seines Gleichen genügt, um ihn augenblicklich der Ehrlichkeit, die ihn in den Leiden des Volkes auszeichnete, als einer Albernheit, oder vielmehr als eines gemeinen Vorurtheils zu entkleiden. Erziehung, diese erhebende und veredelnde

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 10, 1851, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341570_280616/145>, abgerufen am 30.04.2024.