Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668.Das Neunde Buch. Abnehmen die gestalt/ die sterblich wesen träget/Daran die lange zeit die scharffen zähne leget; Ich wil zu göttinnen sie machen dergestalt/ Damit sie übers meer empfangen die gewalt/ Wie Nercus tochter ist die schöne Dodo worden/ Und mit der Galathee gesetzt in götter orden/ Die liegend auff der brust durchschneiden fluht und meer/ das von der winde macht braust/ tobt und schäumet sehr. Drauff schwur er einen eyd darüber fest zu halten/ Bey seines bruders fluß und höllischen gewalten (nennt/ Des Plutons/ bey dem strom/ den man Styr griegisch Der in dem tieffen schlund von pech und schweffel brennt. Letzt that er einen winck/ davon erbebt der himmel/ In wolcken hörte man ein schreckliches getümmel. Nun kam der tag herbey/ der itzt verheissen war/ Und hatten ziel und zeit erfüllet gantz und gar Die lebens-göttinnen/ die darzu war bestimmet/ Die mutter dencket nach/ und ihr zu sinnen nimmet Zu treiben ab das feur von schiffen/ weil so sehr Der Turnus übt gewalt und frevelt mehr und mehr. Hier ließ ein newes licht sich erst für augen sehen/ Und von dem auffgang sah man einen glantz entstehen/ Der umb den himmel lieff: Es ließ sich sehen auch Der Corybauten hauff nach ihrem tollen brauch. Man höret auch ihr spiel mit zymbeln und schalmeyen/ Mit pfeiff- und trommelen/ mit springen und mit schreyen Auff dem Idaeer berg. Zu dem kam unverhofft/ Mit schrecken eine stimm aus der gestirnten Lufft/ Und D d 3
Das Neunde Buch. Abnehmen die geſtalt/ die ſterblich weſen traͤget/Daran die lange zeit die ſcharffen zaͤhne leget; Ich wil zu goͤttinnen ſie machen dergeſtalt/ Damit ſie uͤbers meer empfangen die gewalt/ Wie Nercus tochter iſt die ſchoͤne Dodo worden/ Und mit der Galathee geſetzt in goͤtter orden/ Die liegend auff der bruſt durchſchneiden fluht und meer/ das von der winde macht brauſt/ tobt und ſchaͤumet ſehr. Drauff ſchwur er einen eyd daruͤber feſt zu halten/ Bey ſeines bruders fluß und hoͤlliſchen gewalten (neñt/ Des Plutons/ bey dem ſtrom/ den man Styr griegiſch Der in dem tieffen ſchlund von pech und ſchweffel breñt. Letzt that er einen winck/ davon erbebt der himmel/ In wolcken hoͤrte man ein ſchreckliches getuͤmmel. Nun kam der tag herbey/ der itzt verheiſſen war/ Und hatten ziel und zeit erfuͤllet gantz und gar Die lebens-goͤttinnen/ die darzu war beſtimmet/ Die mutter dencket nach/ und ihr zu ſinnen nimmet Zu treiben ab das feur von ſchiffen/ weil ſo ſehr Der Turnus uͤbt gewalt und frevelt mehr und mehr. Hier ließ ein newes licht ſich erſt fuͤr augen ſehen/ Und von dem auffgang ſah man einen glantz entſtehen/ Der umb den himmel lieff: Es ließ ſich ſehen auch Der Corybauten hauff nach ihrem tollen brauch. Man hoͤret auch ihr ſpiel mit zymbeln und ſchalmeyen/ Mit pfeiff- und trom̃elen/ mit ſpringen und mit ſchreyen Auff dem Idæer berg. Zu dem kam unverhofft/ Mit ſchrecken eine ſtimm aus der geſtirnten Lufft/ Und D d 3
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Das Neunde Buch.
Abnehmen die geſtalt/ die ſterblich weſen traͤget/
Daran die lange zeit die ſcharffen zaͤhne leget;
Ich wil zu goͤttinnen ſie machen dergeſtalt/
Damit ſie uͤbers meer empfangen die gewalt/
Wie Nercus tochter iſt die ſchoͤne Dodo worden/
Und mit der Galathee geſetzt in goͤtter orden/
Die liegend auff der bruſt durchſchneiden fluht und meer/
das von der winde macht brauſt/ tobt und ſchaͤumet ſehr.
Drauff ſchwur er einen eyd daruͤber feſt zu halten/
Bey ſeines bruders fluß und hoͤlliſchen gewalten (neñt/
Des Plutons/ bey dem ſtrom/ den man Styr griegiſch
Der in dem tieffen ſchlund von pech und ſchweffel breñt.
Letzt that er einen winck/ davon erbebt der himmel/
In wolcken hoͤrte man ein ſchreckliches getuͤmmel.
Nun kam der tag herbey/ der itzt verheiſſen war/
Und hatten ziel und zeit erfuͤllet gantz und gar
Die lebens-goͤttinnen/ die darzu war beſtimmet/
Die mutter dencket nach/ und ihr zu ſinnen nimmet
Zu treiben ab das feur von ſchiffen/ weil ſo ſehr
Der Turnus uͤbt gewalt und frevelt mehr und mehr.
Hier ließ ein newes licht ſich erſt fuͤr augen ſehen/
Und von dem auffgang ſah man einen glantz entſtehen/
Der umb den himmel lieff: Es ließ ſich ſehen auch
Der Corybauten hauff nach ihrem tollen brauch.
Man hoͤret auch ihr ſpiel mit zymbeln und ſchalmeyen/
Mit pfeiff- und trom̃elen/ mit ſpringen und mit ſchreyen
Auff dem Idæer berg. Zu dem kam unverhofft/
Mit ſchrecken eine ſtimm aus der geſtirnten Lufft/
Und
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Zitationshilfe: | Vergilius Maro, Publius: Eigentlicher Abriß Eines verständigen/ tapfferen und frommen Fürsten/ Von dem fürtrefflichsten Poeten Virgilius. Cölln (Spree), 1668, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/maro_abriss_1668/443>, abgerufen am 17.06.2024. |