Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Fünftes Buch. Fünftes Capitel.
Andre stimmten ihm bei. Es ward ein Verzeichniß ange-
legt, in das die, welche sich beschwert glaubten, ihre Na-
men eintrugen. Anfangs schrieb sich selbst Cöln ein, nicht
sowohl, weil es die neuen Meinungen getheilt hätte, als
weil es in Streitigkeiten mit seiner Geistlichkeit begriffen
war; doch zog es sich später zurück. Auch Frankfurt schrieb
sich anfänglich ein und hier waren denn wirklich die neuen
Meinungen schon fest gewurzelt; später trat es zurück, weil
es sich nicht von dem Kaiser zu scheiden gedenke. Aber
die übrigen blieben standhaft. In dem Instrument werden
ihrer vierzehn als Theilnehmer der Protestation genannt:
Strasburg, Nürnberg, Ulm, Costnitz, Lindau, Memmin-
gen, Kempten, Nördlingen, Heilbronn, Reutlingen, Isny,
St. Gallen, das hier noch einmal als Reichsstadt auftritt,
Weißenburg und Windsheim. Es sind, wie man sieht,
auch alle die dabei, welche sich zu der Zwinglischen Auf-
fassung hielten. In dem dringenden Momente hatten die
Fürsten kein Bedenken getragen, sich mit ihnen zu verbinden.
So bedeutende Fürsten hauptsächlich in dem nördlichen, so
ansehnliche und reiche Städte vornehmlich in dem südlichen
und westlichen Deutschland, alle in Einem Sinn vereinigt,
bildeten noch immer eine sehr respectable Macht. Sie wa-
ren entschlossen sich gegen jede Gewaltthat von Seiten der
Majorität mit gemeinschaftlichen Kräften zu vertheidigen.


1

1 Berichte Fürstenbergs in den frankfurter und des Matthis
Pfarrer in den strasburger Acten. "Auf den Tag ist die Sonderung un-
ter den Städten vor sich gegangen, ruft M. aus, das haben die Geist-
lichen bisher gesucht."

Fuͤnftes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Andre ſtimmten ihm bei. Es ward ein Verzeichniß ange-
legt, in das die, welche ſich beſchwert glaubten, ihre Na-
men eintrugen. Anfangs ſchrieb ſich ſelbſt Cöln ein, nicht
ſowohl, weil es die neuen Meinungen getheilt hätte, als
weil es in Streitigkeiten mit ſeiner Geiſtlichkeit begriffen
war; doch zog es ſich ſpäter zurück. Auch Frankfurt ſchrieb
ſich anfänglich ein und hier waren denn wirklich die neuen
Meinungen ſchon feſt gewurzelt; ſpäter trat es zurück, weil
es ſich nicht von dem Kaiſer zu ſcheiden gedenke. Aber
die übrigen blieben ſtandhaft. In dem Inſtrument werden
ihrer vierzehn als Theilnehmer der Proteſtation genannt:
Strasburg, Nürnberg, Ulm, Coſtnitz, Lindau, Memmin-
gen, Kempten, Nördlingen, Heilbronn, Reutlingen, Isny,
St. Gallen, das hier noch einmal als Reichsſtadt auftritt,
Weißenburg und Windsheim. Es ſind, wie man ſieht,
auch alle die dabei, welche ſich zu der Zwingliſchen Auf-
faſſung hielten. In dem dringenden Momente hatten die
Fürſten kein Bedenken getragen, ſich mit ihnen zu verbinden.
So bedeutende Fürſten hauptſächlich in dem nördlichen, ſo
anſehnliche und reiche Städte vornehmlich in dem ſüdlichen
und weſtlichen Deutſchland, alle in Einem Sinn vereinigt,
bildeten noch immer eine ſehr reſpectable Macht. Sie wa-
ren entſchloſſen ſich gegen jede Gewaltthat von Seiten der
Majorität mit gemeinſchaftlichen Kräften zu vertheidigen.


1

1 Berichte Fuͤrſtenbergs in den frankfurter und des Matthis
Pfarrer in den ſtrasburger Acten. „Auf den Tag iſt die Sonderung un-
ter den Staͤdten vor ſich gegangen, ruft M. aus, das haben die Geiſt-
lichen bisher geſucht.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0176" n="160"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fu&#x0364;nftes Buch. Fu&#x0364;nftes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Andre &#x017F;timmten ihm bei. Es ward ein Verzeichniß ange-<lb/>
legt, in das die, welche &#x017F;ich be&#x017F;chwert glaubten, ihre Na-<lb/>
men eintrugen. Anfangs &#x017F;chrieb &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t Cöln ein, nicht<lb/>
&#x017F;owohl, weil es die neuen Meinungen getheilt hätte, als<lb/>
weil es in Streitigkeiten mit &#x017F;einer Gei&#x017F;tlichkeit begriffen<lb/>
war; doch zog es &#x017F;ich &#x017F;päter zurück. Auch Frankfurt &#x017F;chrieb<lb/>
&#x017F;ich anfänglich ein und hier waren denn wirklich die neuen<lb/>
Meinungen &#x017F;chon fe&#x017F;t gewurzelt; &#x017F;päter trat es zurück, weil<lb/>
es &#x017F;ich nicht von dem Kai&#x017F;er zu &#x017F;cheiden gedenke. Aber<lb/>
die übrigen blieben &#x017F;tandhaft. In dem In&#x017F;trument werden<lb/>
ihrer vierzehn als Theilnehmer der Prote&#x017F;tation genannt:<lb/>
Strasburg, Nürnberg, Ulm, Co&#x017F;tnitz, Lindau, Memmin-<lb/>
gen, Kempten, Nördlingen, Heilbronn, Reutlingen, Isny,<lb/>
St. Gallen, das hier noch einmal als Reichs&#x017F;tadt auftritt,<lb/>
Weißenburg und Windsheim. Es &#x017F;ind, wie man &#x017F;ieht,<lb/>
auch alle die dabei, welche &#x017F;ich zu der Zwingli&#x017F;chen Auf-<lb/>
fa&#x017F;&#x017F;ung hielten. In dem dringenden Momente hatten die<lb/>
Für&#x017F;ten kein Bedenken getragen, &#x017F;ich mit ihnen zu verbinden.<lb/>
So bedeutende Für&#x017F;ten haupt&#x017F;ächlich in dem nördlichen, &#x017F;o<lb/>
an&#x017F;ehnliche und reiche Städte vornehmlich in dem &#x017F;üdlichen<lb/>
und we&#x017F;tlichen Deut&#x017F;chland, alle in Einem Sinn vereinigt,<lb/>
bildeten noch immer eine &#x017F;ehr re&#x017F;pectable Macht. Sie wa-<lb/>
ren ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich gegen jede Gewaltthat von Seiten der<lb/>
Majorität mit gemein&#x017F;chaftlichen Kräften zu vertheidigen.</p><lb/>
          <note place="foot" n="1">Berichte Fu&#x0364;r&#x017F;tenbergs in den frankfurter und des Matthis<lb/>
Pfarrer in den &#x017F;trasburger Acten. &#x201E;Auf den Tag i&#x017F;t die Sonderung un-<lb/>
ter den Sta&#x0364;dten vor &#x017F;ich gegangen, ruft M. aus, das haben die Gei&#x017F;t-<lb/>
lichen bisher ge&#x017F;ucht.&#x201C;</note>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0176] Fuͤnftes Buch. Fuͤnftes Capitel. Andre ſtimmten ihm bei. Es ward ein Verzeichniß ange- legt, in das die, welche ſich beſchwert glaubten, ihre Na- men eintrugen. Anfangs ſchrieb ſich ſelbſt Cöln ein, nicht ſowohl, weil es die neuen Meinungen getheilt hätte, als weil es in Streitigkeiten mit ſeiner Geiſtlichkeit begriffen war; doch zog es ſich ſpäter zurück. Auch Frankfurt ſchrieb ſich anfänglich ein und hier waren denn wirklich die neuen Meinungen ſchon feſt gewurzelt; ſpäter trat es zurück, weil es ſich nicht von dem Kaiſer zu ſcheiden gedenke. Aber die übrigen blieben ſtandhaft. In dem Inſtrument werden ihrer vierzehn als Theilnehmer der Proteſtation genannt: Strasburg, Nürnberg, Ulm, Coſtnitz, Lindau, Memmin- gen, Kempten, Nördlingen, Heilbronn, Reutlingen, Isny, St. Gallen, das hier noch einmal als Reichsſtadt auftritt, Weißenburg und Windsheim. Es ſind, wie man ſieht, auch alle die dabei, welche ſich zu der Zwingliſchen Auf- faſſung hielten. In dem dringenden Momente hatten die Fürſten kein Bedenken getragen, ſich mit ihnen zu verbinden. So bedeutende Fürſten hauptſächlich in dem nördlichen, ſo anſehnliche und reiche Städte vornehmlich in dem ſüdlichen und weſtlichen Deutſchland, alle in Einem Sinn vereinigt, bildeten noch immer eine ſehr reſpectable Macht. Sie wa- ren entſchloſſen ſich gegen jede Gewaltthat von Seiten der Majorität mit gemeinſchaftlichen Kräften zu vertheidigen. 1 1 Berichte Fuͤrſtenbergs in den frankfurter und des Matthis Pfarrer in den ſtrasburger Acten. „Auf den Tag iſt die Sonderung un- ter den Staͤdten vor ſich gegangen, ruft M. aus, das haben die Geiſt- lichen bisher geſucht.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/176
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/176>, abgerufen am 30.04.2024.