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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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Das ist:

Titan heisset seine Pferde durch die Ho-
ras
kuppeln an/

die dann in geschwinder Eile/ was be-
fohlen war/ gethan.

Vier Horae oder Jahrs-Zeiten. Und sind die Horae nichts anders/ als die Zeiten deß Jahrs: und das ist eben die Ursach/ warumb man vier Horas macht/ gleichwie auch vier Theile deß Jahrs sind/ die von der Sonne also unterschieden und genennet worden: Dann es hat die Sonne bey den Egyptern neben andern auch diesen Namen gehabt/ daß man sie Horus nennete: Dannenhero schreibet Eusebius in Lib. de Praeparat. Evangel. Die Horae, von welchen man saget/ daß sie die vier Jahrs-Zeiten und den Himmel auf und zuschliessen/ werden bisweilen der Sonne/ bisweilen auch der Ceres zugeeignet/ daher tragen sie auch zween Hand-Körbe/ einer ist voll Blumen/ dardurch der Lentz angedeutet wird; der ander voll Feigen/ das den Sommer bedeutet. Ovidius schreibet Lib. I. Fastorum, sie hüten/ benebenst dem Janus/ der Sind Gefertinnen der Flora. Himmels-Pforten. Lib. V. Fastorum machet er sie zu Gefertinnen der Flora/ und führet die Flora also redend ein:

Conveniunt pictis incinctae vesti-
bus Horae,

Inque leves calathos munera no-
stra legunt.

Das ist:

Die Horae kommen an im bunten Klei-
der-Schrein/

und sammlen unsre Gab in leichten
Körben ein.

Pausanias schreibet/ es haben sie die Alten auf Jupiters Haupt samt den Parcen gebildet. Vielleicht wollten sie damit andeuten/ es seye das Fatum nichts anders/ als der Wille Gottes/ von dem auch die Veränderung der Zeiten herkomme.

Ihre Gestalt. Philostratus beschreibet sie also: Die Horae, welche in leiblicher Gestalt auf die Erde hernieder kommen sind/ fassen sich einander bey der Hand an/ und drehen das Jahr herumb/ so bringet dann das Erdreich alle Jahr ihre Früchte. Diese aber gehen in gelber Tracht zu oberst auf den Spitzen der Aehren/ nicht zwar dieselbige zu zerbrechen oder zu beugen/ sondern sie sind so leicht/ daß sie auch mit der Saat umbfallen. Sie sind aber gar lieblich anzuschauen/ und von wunderbarer Kunst; sie singen aufs allerlieblichste/ und wann sie die Welt umbdrehen/ so bringet[Spaltenumbruch] solches den Zusehern sonderbare Ergetzlichkeit/ denn sie alle gleichsam hüpffen und springen. Der aufgehabene Arm aber/ und das Haar/ so sie frey herab hangen lassen/ wie auch die von dem Lauffen sehr heisse Wangen/ und umherschiessende Augen machen sie überaus schön und lieblich. Weil nun diese verschaffen/ daß die Erde den ihr anvertrauten Saamen dem Säeman mit grossem Wucher wieder giebt/ nicht anders/ als wann sie sich der empfangenen Wolthaten danckbarlich erinnere/ und dieselben vergelte/ daher ist es kommen/ daß man Vier Gratien. gesagt/ es seyen vier Gratiae, gleichwie auch vier Zeiten deß Jahrs sind/ welche Horae genennet werden: daraus man dann abnehmen kan/ daß jene und diese eines sind.

Man dichtete aber/ die Gratiae wären gekrönet/ eine mit Blumen und Früchten der Erden/ die andere mit Aehren und Getraid/ die dritte mit Weintrauben/ Reb-Blättern und Obst/ die letzte mit Oliven und andern dergleichen Sachen/ und trage sie Apollo auf der Warum die Gratien der Venus Geferten. rechten Hand. Sie sind auch der Venus als Gefertinnen zugesellet worden/ dieweil man vor Zeiten dafür hielte/ man müste ihnen alles das jenige zuschreiben/ was zu einem schönen Gesicht und wolgestalten Leib gehöre/ wie Diodorus erzehlet. Ferner müssen sie darauf sehen/ daß die Leute der Wolthaten nicht vergessen/ sondern dieselbige danckbarlich vergelten. Zwo Gratien. Daher haben etliche dafür gehalten/ es seyen nur zwo Gratiae, als die Lacedämonier/ welche/ wie Pausanias in Laconicis erzehlet/ nur zwo verehret/ dieweil sie nur zween Dienste den Menschen leisten; der erste ist/ dem Neben-Menschen Wolthat erweisen/ der ander aber/ die empfangene Wolthaten vergelten. Jedoch schreibet gedachter Pausanias/ daß alle/ so in der Insul Delus den Gratien samt dem Mercurius oder Apollo Ehrenbildnussen Drey Gratien. aufgerichtet/ drey derselben erdichtet haben/ welche alle drey in dem Vorhof deß Schlosses zu Athen gestanden: Dann wir müssen die uns erwiesene Wolthaten nicht nur vergleichen/ sondern auch reichlicher und doppelt Ihre Bedeutung. vergelten. Daher kommt es/ daß uns eine unter ihnen den Rücken wendet/ zwey aber ihr Gesicht herkehren und uns ansehen/ damit anzudeuten/ daß wir in Vergeltung der Wolthat milder seyn/ und noch grössere Freygebigkeit gegen unsere Gutthäter erweisen sollen/ als wann wir einen mit unsern Diensten/ die wir ihm eben nicht leisten müssen/ zu Gegendiensten anreitzen/ und dabey der Vergeltung erwarten wollten; dann dieses wäre vielmehr ein Wucher/ als eine Wolthat zu nennen.

Ja es werden uns auch die Gratiae als fröliche und lachende Jungfrauen fürgestellet/ daraus wir sehen sollen/ daß der/ so einem Gutes thut/ keinen Betrug gebrauchen soll/ sondern alles thun mit aufrichtigen einfältigen und frölichen Hertzen. Dahin gehöret auch/

[Spaltenumbruch]

Das ist:

Titan heisset seine Pferde durch die Ho-
ras
kuppeln an/

die dann in geschwinder Eile/ was be-
fohlen war/ gethan.

Vier Horae oder Jahrs-Zeiten. Und sind die Horae nichts anders/ als die Zeiten deß Jahrs: und das ist eben die Ursach/ warumb man vier Horas macht/ gleichwie auch vier Theile deß Jahrs sind/ die von der Sonne also unterschieden und genennet worden: Dann es hat die Sonne bey den Egyptern neben andern auch diesen Namen gehabt/ daß man sie Horus nennete: Dannenhero schreibet Eusebius in Lib. de Praeparat. Evangel. Die Horae, von welchen man saget/ daß sie die vier Jahrs-Zeiten und den Himmel auf und zuschliessen/ werden bisweilen der Sonne/ bisweilen auch der Ceres zugeeignet/ daher tragen sie auch zween Hand-Körbe/ einer ist voll Blumen/ dardurch der Lentz angedeutet wird; der ander voll Feigen/ das den Sommer bedeutet. Ovidius schreibet Lib. I. Fastorum, sie hüten/ benebenst dem Janus/ der Sind Gefertinnen der Flora. Himmels-Pforten. Lib. V. Fastorum machet er sie zu Gefertinnen der Flora/ und führet die Flora also redend ein:

Conveniunt pictis incinctae vesti-
bus Horae,

Inque leves calathos munera no-
stra legunt.

Das ist:

Die Horae kommen an im bunten Klei-
der-Schrein/

und sammlen unsre Gab in leichten
Körben ein.

Pausanias schreibet/ es haben sie die Alten auf Jupiters Haupt samt den Parcen gebildet. Vielleicht wollten sie damit andeuten/ es seye das Fatum nichts anders/ als der Wille Gottes/ von dem auch die Veränderung der Zeiten herkomme.

Ihre Gestalt. Philostratus beschreibet sie also: Die Horae, welche in leiblicher Gestalt auf die Erde hernieder kommen sind/ fassen sich einander bey der Hand an/ und drehen das Jahr herumb/ so bringet dann das Erdreich alle Jahr ihre Früchte. Diese aber gehen in gelber Tracht zu oberst auf den Spitzen der Aehren/ nicht zwar dieselbige zu zerbrechen oder zu beugen/ sondern sie sind so leicht/ daß sie auch mit der Saat umbfallen. Sie sind aber gar lieblich anzuschauen/ und von wunderbarer Kunst; sie singen aufs allerlieblichste/ und wann sie die Welt umbdrehen/ so bringet[Spaltenumbruch] solches den Zusehern sonderbare Ergetzlichkeit/ denn sie alle gleichsam hüpffen und springen. Der aufgehabene Arm aber/ und das Haar/ so sie frey herab hangen lassen/ wie auch die von dem Lauffen sehr heisse Wangen/ und umherschiessende Augen machen sie überaus schön und lieblich. Weil nun diese verschaffen/ daß die Erde den ihr anvertrauten Saamen dem Säeman mit grossem Wucher wieder giebt/ nicht anders/ als wann sie sich der empfangenen Wolthaten danckbarlich erinnere/ und dieselben vergelte/ daher ist es kommen/ daß man Vier Gratien. gesagt/ es seyen vier Gratiae, gleichwie auch vier Zeiten deß Jahrs sind/ welche Horae genennet werden: daraus man dann abnehmen kan/ daß jene und diese eines sind.

Man dichtete aber/ die Gratiae wären gekrönet/ eine mit Blumen und Früchten der Erden/ die andere mit Aehren und Getraid/ die dritte mit Weintrauben/ Reb-Blättern und Obst/ die letzte mit Oliven und andern dergleichen Sachen/ und trage sie Apollo auf der Warum die Gratien der Venus Geferten. rechten Hand. Sie sind auch der Venus als Gefertinnen zugesellet worden/ dieweil man vor Zeiten dafür hielte/ man müste ihnen alles das jenige zuschreiben/ was zu einem schönen Gesicht und wolgestalten Leib gehöre/ wie Diodorus erzehlet. Ferner müssen sie darauf sehen/ daß die Leute der Wolthaten nicht vergessen/ sondern dieselbige danckbarlich vergelten. Zwo Gratien. Daher haben etliche dafür gehalten/ es seyen nur zwo Gratiae, als die Lacedämonier/ welche/ wie Pausanias in Laconicis erzehlet/ nur zwo verehret/ dieweil sie nur zween Dienste den Menschen leisten; der erste ist/ dem Neben-Menschen Wolthat erweisen/ der ander aber/ die empfangene Wolthaten vergelten. Jedoch schreibet gedachter Pausanias/ daß alle/ so in der Insul Delus den Gratien samt dem Mercurius oder Apollo Ehrenbildnussen Drey Gratien. aufgerichtet/ drey derselben erdichtet haben/ welche alle drey in dem Vorhof deß Schlosses zu Athen gestanden: Dann wir müssen die uns erwiesene Wolthaten nicht nur vergleichen/ sondern auch reichlicher und doppelt Ihre Bedeutung. vergelten. Daher kommt es/ daß uns eine unter ihnen den Rücken wendet/ zwey aber ihr Gesicht herkehren und uns ansehen/ damit anzudeuten/ daß wir in Vergeltung der Wolthat milder seyn/ und noch grössere Freygebigkeit gegen unsere Gutthäter erweisen sollen/ als wann wir einen mit unsern Diensten/ die wir ihm eben nicht leisten müssen/ zu Gegendiensten anreitzen/ und dabey der Vergeltung erwarten wollten; dann dieses wäre vielmehr ein Wucher/ als eine Wolthat zu nennen.

Ja es werden uns auch die Gratiae als fröliche und lachende Jungfrauen fürgestellet/ daraus wir sehen sollen/ daß der/ so einem Gutes thut/ keinen Betrug gebrauchen soll/ sondern alles thun mit aufrichtigen einfältigen und frölichen Hertzen. Dahin gehöret auch/

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 192/0290] Das ist: Titan heisset seine Pferde durch die Ho- ras kuppeln an/ die dann in geschwinder Eile/ was be- fohlen war/ gethan. Und sind die Horae nichts anders/ als die Zeiten deß Jahrs: und das ist eben die Ursach/ warumb man vier Horas macht/ gleichwie auch vier Theile deß Jahrs sind/ die von der Sonne also unterschieden und genennet worden: Dann es hat die Sonne bey den Egyptern neben andern auch diesen Namen gehabt/ daß man sie Horus nennete: Dannenhero schreibet Eusebius in Lib. de Praeparat. Evangel. Die Horae, von welchen man saget/ daß sie die vier Jahrs-Zeiten und den Himmel auf und zuschliessen/ werden bisweilen der Sonne/ bisweilen auch der Ceres zugeeignet/ daher tragen sie auch zween Hand-Körbe/ einer ist voll Blumen/ dardurch der Lentz angedeutet wird; der ander voll Feigen/ das den Sommer bedeutet. Ovidius schreibet Lib. I. Fastorum, sie hüten/ benebenst dem Janus/ der Himmels-Pforten. Lib. V. Fastorum machet er sie zu Gefertinnen der Flora/ und führet die Flora also redend ein: Vier Horae oder Jahrs-Zeiten. Sind Gefertinnen der Flora. Conveniunt pictis incinctae vesti- bus Horae, Inque leves calathos munera no- stra legunt. Das ist: Die Horae kommen an im bunten Klei- der-Schrein/ und sammlen unsre Gab in leichten Körben ein. Pausanias schreibet/ es haben sie die Alten auf Jupiters Haupt samt den Parcen gebildet. Vielleicht wollten sie damit andeuten/ es seye das Fatum nichts anders/ als der Wille Gottes/ von dem auch die Veränderung der Zeiten herkomme. Philostratus beschreibet sie also: Die Horae, welche in leiblicher Gestalt auf die Erde hernieder kommen sind/ fassen sich einander bey der Hand an/ und drehen das Jahr herumb/ so bringet dann das Erdreich alle Jahr ihre Früchte. Diese aber gehen in gelber Tracht zu oberst auf den Spitzen der Aehren/ nicht zwar dieselbige zu zerbrechen oder zu beugen/ sondern sie sind so leicht/ daß sie auch mit der Saat umbfallen. Sie sind aber gar lieblich anzuschauen/ und von wunderbarer Kunst; sie singen aufs allerlieblichste/ und wann sie die Welt umbdrehen/ so bringet solches den Zusehern sonderbare Ergetzlichkeit/ denn sie alle gleichsam hüpffen und springen. Der aufgehabene Arm aber/ und das Haar/ so sie frey herab hangen lassen/ wie auch die von dem Lauffen sehr heisse Wangen/ und umherschiessende Augen machen sie überaus schön und lieblich. Weil nun diese verschaffen/ daß die Erde den ihr anvertrauten Saamen dem Säeman mit grossem Wucher wieder giebt/ nicht anders/ als wann sie sich der empfangenen Wolthaten danckbarlich erinnere/ und dieselben vergelte/ daher ist es kommen/ daß man gesagt/ es seyen vier Gratiae, gleichwie auch vier Zeiten deß Jahrs sind/ welche Horae genennet werden: daraus man dann abnehmen kan/ daß jene und diese eines sind. Ihre Gestalt. Vier Gratien.Man dichtete aber/ die Gratiae wären gekrönet/ eine mit Blumen und Früchten der Erden/ die andere mit Aehren und Getraid/ die dritte mit Weintrauben/ Reb-Blättern und Obst/ die letzte mit Oliven und andern dergleichen Sachen/ und trage sie Apollo auf der rechten Hand. Sie sind auch der Venus als Gefertinnen zugesellet worden/ dieweil man vor Zeiten dafür hielte/ man müste ihnen alles das jenige zuschreiben/ was zu einem schönen Gesicht und wolgestalten Leib gehöre/ wie Diodorus erzehlet. Ferner müssen sie darauf sehen/ daß die Leute der Wolthaten nicht vergessen/ sondern dieselbige danckbarlich vergelten. Daher haben etliche dafür gehalten/ es seyen nur zwo Gratiae, als die Lacedämonier/ welche/ wie Pausanias in Laconicis erzehlet/ nur zwo verehret/ dieweil sie nur zween Dienste den Menschen leisten; der erste ist/ dem Neben-Menschen Wolthat erweisen/ der ander aber/ die empfangene Wolthaten vergelten. Jedoch schreibet gedachter Pausanias/ daß alle/ so in der Insul Delus den Gratien samt dem Mercurius oder Apollo Ehrenbildnussen aufgerichtet/ drey derselben erdichtet haben/ welche alle drey in dem Vorhof deß Schlosses zu Athen gestanden: Dann wir müssen die uns erwiesene Wolthaten nicht nur vergleichen/ sondern auch reichlicher und doppelt vergelten. Daher kommt es/ daß uns eine unter ihnen den Rücken wendet/ zwey aber ihr Gesicht herkehren und uns ansehen/ damit anzudeuten/ daß wir in Vergeltung der Wolthat milder seyn/ und noch grössere Freygebigkeit gegen unsere Gutthäter erweisen sollen/ als wann wir einen mit unsern Diensten/ die wir ihm eben nicht leisten müssen/ zu Gegendiensten anreitzen/ und dabey der Vergeltung erwarten wollten; dann dieses wäre vielmehr ein Wucher/ als eine Wolthat zu nennen. Warum die Gratien der Venus Geferten. Zwo Gratien. Drey Gratien. Ihre Bedeutung.Ja es werden uns auch die Gratiae als fröliche und lachende Jungfrauen fürgestellet/ daraus wir sehen sollen/ daß der/ so einem Gutes thut/ keinen Betrug gebrauchen soll/ sondern alles thun mit aufrichtigen einfältigen und frölichen Hertzen. Dahin gehöret auch/

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Anmerkungen zur Transkription:

  • Der Zeilenfall wurde nicht übernommen.
  • Bei Worttrennungen am Spalten- oder Seitenumbruch, steht das gesamte Wort auf der vorhergehenden Spalte bzw. Seite.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.



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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/290>, abgerufen am 30.04.2024.