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[Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764.

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dessen dieß Dorf und die Welt ohne seinen
Abschied verlassen, und wie viele darinnen
ankommen, die bey ihrer Geburt weder von
dem Lächeln einer Melpomene, noch von
dem stärkenden Anblick des Pastors, begrüßt
werden!

Nach drey kurzen hinweg geplauderten
Stunden waren die beyden Verliebten in
den Mauern der Residenz. Der ehrwür-
dige Fremde begab sich unter den Schutz
des wirthbaren Hirsches, und Braut und
Bräutgam trennten sich hier bis auf ein
glückliches Wiedersehn mit höchst zärtlichen
Küssen. Welche triumphirende Freude durch-
strömte nicht itzt das Herz des verliebten
Magisters, als er sich, seinen Betrachtun-
gen überlassen, in dem weiten Zimmer des
Gasthofs allein sah! -- Eine ganz andere
Empfindung seines Glücks, als er selbst an
dem vergnügten Tage seines überstandenen
Examens nicht gefühlt hatte! Denn damals

mach-

deſſen dieß Dorf und die Welt ohne ſeinen
Abſchied verlaſſen, und wie viele darinnen
ankommen, die bey ihrer Geburt weder von
dem Laͤcheln einer Melpomene, noch von
dem ſtaͤrkenden Anblick des Paſtors, begruͤßt
werden!

Nach drey kurzen hinweg geplauderten
Stunden waren die beyden Verliebten in
den Mauern der Reſidenz. Der ehrwuͤr-
dige Fremde begab ſich unter den Schutz
des wirthbaren Hirſches, und Braut und
Braͤutgam trennten ſich hier bis auf ein
gluͤckliches Wiederſehn mit hoͤchſt zaͤrtlichen
Kuͤſſen. Welche triumphirende Freude durch-
ſtroͤmte nicht itzt das Herz des verliebten
Magiſters, als er ſich, ſeinen Betrachtun-
gen uͤberlaſſen, in dem weiten Zimmer des
Gaſthofs allein ſah! — Eine ganz andere
Empfindung ſeines Gluͤcks, als er ſelbſt an
dem vergnuͤgten Tage ſeines uͤberſtandenen
Examens nicht gefuͤhlt hatte! Denn damals

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[36/0040] deſſen dieß Dorf und die Welt ohne ſeinen Abſchied verlaſſen, und wie viele darinnen ankommen, die bey ihrer Geburt weder von dem Laͤcheln einer Melpomene, noch von dem ſtaͤrkenden Anblick des Paſtors, begruͤßt werden! Nach drey kurzen hinweg geplauderten Stunden waren die beyden Verliebten in den Mauern der Reſidenz. Der ehrwuͤr- dige Fremde begab ſich unter den Schutz des wirthbaren Hirſches, und Braut und Braͤutgam trennten ſich hier bis auf ein gluͤckliches Wiederſehn mit hoͤchſt zaͤrtlichen Kuͤſſen. Welche triumphirende Freude durch- ſtroͤmte nicht itzt das Herz des verliebten Magiſters, als er ſich, ſeinen Betrachtun- gen uͤberlaſſen, in dem weiten Zimmer des Gaſthofs allein ſah! — Eine ganz andere Empfindung ſeines Gluͤcks, als er ſelbſt an dem vergnuͤgten Tage ſeines uͤberſtandenen Examens nicht gefuͤhlt hatte! Denn damals mach-

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Zitationshilfe: [Thümmel, Moritz August von]: Wilhelmine oder der vermählte Pedant. [s. l.], 1764, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thuemmel_wilhelmine_1764/40>, abgerufen am 30.04.2024.