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Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791.

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in zwey Theile, so daß sie nichts sahen, hör-
ten, von nichts sprachen und träumten, als
dem Teufel, der weissen Nonne und dem
Pater Gebhardt. Auf den Kathedern jeder
Fakultät ward darüber disputirt; die Ka-
suisten, nachdem sie die Nonne und den Pa-
ter ad protocollum genommen und gegen
einander gestellt hatten, schrieben Foliobän-
de über alle die möglichen sündigen und
nicht sündigen Fälle der Träume. War
dies eine Zeit für Fausten und seine Er-
findung?

3.

In Frankfurth nun, dem stillen Sitz
der Musen, dem Schutzort der Wissenschaf-
ten, hoffte Faust beßres Glück. Er both
dem erlauchten Rath seine Bibel, für zwey-
hundert Goldgulden an; da man aber vor
einigen Wochen fünf Stück Fäßer Rhein-
wein in den Rathskeller gekauft hatte, so
fand sein Gesuch so leicht nicht statt. Er
hofirte den Schöppen, dem Schultheiß, den

Sena-

in zwey Theile, ſo daß ſie nichts ſahen, hoͤr-
ten, von nichts ſprachen und traͤumten, als
dem Teufel, der weiſſen Nonne und dem
Pater Gebhardt. Auf den Kathedern jeder
Fakultaͤt ward daruͤber diſputirt; die Ka-
ſuiſten, nachdem ſie die Nonne und den Pa-
ter ad protocollum genommen und gegen
einander geſtellt hatten, ſchrieben Foliobaͤn-
de uͤber alle die moͤglichen ſuͤndigen und
nicht ſuͤndigen Faͤlle der Traͤume. War
dies eine Zeit fuͤr Fauſten und ſeine Er-
findung?

3.

In Frankfurth nun, dem ſtillen Sitz
der Muſen, dem Schutzort der Wiſſenſchaf-
ten, hoffte Fauſt beßres Gluͤck. Er both
dem erlauchten Rath ſeine Bibel, fuͤr zwey-
hundert Goldgulden an; da man aber vor
einigen Wochen fuͤnf Stuͤck Faͤßer Rhein-
wein in den Rathskeller gekauft hatte, ſo
fand ſein Geſuch ſo leicht nicht ſtatt. Er
hofirte den Schoͤppen, dem Schultheiß, den

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[15/0026] in zwey Theile, ſo daß ſie nichts ſahen, hoͤr- ten, von nichts ſprachen und traͤumten, als dem Teufel, der weiſſen Nonne und dem Pater Gebhardt. Auf den Kathedern jeder Fakultaͤt ward daruͤber diſputirt; die Ka- ſuiſten, nachdem ſie die Nonne und den Pa- ter ad protocollum genommen und gegen einander geſtellt hatten, ſchrieben Foliobaͤn- de uͤber alle die moͤglichen ſuͤndigen und nicht ſuͤndigen Faͤlle der Traͤume. War dies eine Zeit fuͤr Fauſten und ſeine Er- findung? 3. In Frankfurth nun, dem ſtillen Sitz der Muſen, dem Schutzort der Wiſſenſchaf- ten, hoffte Fauſt beßres Gluͤck. Er both dem erlauchten Rath ſeine Bibel, fuͤr zwey- hundert Goldgulden an; da man aber vor einigen Wochen fuͤnf Stuͤck Faͤßer Rhein- wein in den Rathskeller gekauft hatte, ſo fand ſein Geſuch ſo leicht nicht ſtatt. Er hofirte den Schoͤppen, dem Schultheiß, den Sena-

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Zitationshilfe: Klinger, Friedrich Maximilian: Fausts Leben, Thaten und Höllenfahrt. St. Petersburg, 1791, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/klinger_faust_1791/26>, abgerufen am 27.04.2024.