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Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672.

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nach dem Lachen kömt Trauren/ und nach der Freu-
de kömt Leid.
Wohin auch der Heilige Apostel zielet/
wenner spricht. (Galat. VI 7. 8.) Was der Mensch sä-
et/ das wird er ärndten/ wer auff sein Fleisch säet/

(dem Fleisch in Sünden dienet) der wird von dem
Fleisch das Verderben ärndten.

§. 15.

Dieses könte mit einem und andern Exempel
bewehret werden/ alß mit Judas/ welchen die heimlich ab-
gezwackte und außdem ihm vertrauten Säckel gestohlene
Pfennige so süsse waren/ daß er immer mehr zu haben ver-
langte/ und weil ers auf einmahl bey des HErrn beutel nicht
zu grob machen durffte/ dachte er auff eine andere Weise
eine ziemliche Summe zu erschnappen/ nehmlich durch
das Verrathen seines Meisters; Es machte ihm der Sa-
tan die 30. Silberlinge so süsse und angenehm/ daß er dar-
über aller Liebe und Freundligkeit seines HErrn vergaß/
und daß ihm die süssesten und holdseligsten Worte die aus
dessen Munde kamen/ nicht zu Hertzen giengen/ Jch hal-
te auch/ alß er nunmehr die 30. Silberlinge bekommen
hatte/ daß er dieselbe mit sonderlicher Lust wird beschauet/
und seine Freude darann gefunden haben: Allein wie lan-
ge wehrets/ da wird diese Freude in lauter Leid/ und die-
se Süssigkeit in lauter Galle verwandelt/ Er mochte her-
nach das verfluchte Gelt nicht mehr sehen/ sondern warffs
von sich/ und rieff: Jch habe übel gethan/ daß ich unschul-
dig Blut verrathen habe: So gehts: Dem Vogel sind
die rothe Beer lieblich/ und schmecken ihm wol/ biß er mer-
cket/ daß er verstricket und gefangen/ an solcher süssen Spei-
se erwürgen muß.

§. 16.

Mit dem reichen Mann giengs nicht anders/
der lebte alle Tage herrlich und in Freuden/ die Sünden-

Wurtzel

nach dem Lachen koͤmt Trauren/ und nach der Freu-
de koͤmt Leid.
Wohin auch der Heilige Apoſtel zielet/
wenner ſpricht. (Galat. VI 7. 8.) Was der Menſch ſaͤ-
et/ das wird er aͤrndten/ wer auff ſein Fleiſch ſaͤet/

(dem Fleiſch in Suͤnden dienet) der wird von dem
Fleiſch das Verderben aͤrndten.

§. 15.

Dieſes koͤnte mit einem und andern Exempel
bewehret werden/ alß mit Judas/ welchen die heimlich ab-
gezwackte und außdem ihm vertrauten Saͤckel geſtohlene
Pfennige ſo ſuͤſſe waren/ daß er immer mehr zu haben ver-
langte/ uñ weil ers auf einmahl bey des HErꝛn beutel nicht
zu grob machen durffte/ dachte er auff eine andere Weiſe
eine ziemliche Summe zu erſchnappen/ nehmlich durch
das Verrathen ſeines Meiſters; Es machte ihm der Sa-
tan die 30. Silberlinge ſo ſuͤſſe und angenehm/ daß er dar-
uͤber aller Liebe und Freundligkeit ſeines HErrn vergaß/
und daß ihm die ſuͤſſeſten und holdſeligſten Worte die aus
deſſen Munde kamen/ nicht zu Hertzen giengen/ Jch hal-
te auch/ alß er nunmehr die 30. Silberlinge bekommen
hatte/ daß er dieſelbe mit ſonderlicher Luſt wird beſchauet/
und ſeine Freude darann gefunden haben: Allein wie lan-
ge wehrets/ da wird dieſe Freude in lauter Leid/ und die-
ſe Suͤſſigkeit in lauter Galle verwandelt/ Er mochte her-
nach das verfluchte Gelt nicht mehr ſehen/ ſondern warffs
von ſich/ und rieff: Jch habe uͤbel gethan/ daß ich unſchul-
dig Blut verrathen habe: So gehts: Dem Vogel ſind
die rothe Beer lieblich/ und ſchmecken ihm wol/ biß er mer-
cket/ daß er verſtricket und gefangen/ an ſolcher ſuͤſſen Spei-
ſe erwuͤrgen muß.

§. 16.

Mit dem reichen Mann giengs nicht anders/
der lebte alle Tage herrlich und in Freuden/ die Suͤnden-

Wurtzel
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[0090] nach dem Lachen koͤmt Trauren/ und nach der Freu- de koͤmt Leid. Wohin auch der Heilige Apoſtel zielet/ wenner ſpricht. (Galat. VI 7. 8.) Was der Menſch ſaͤ- et/ das wird er aͤrndten/ wer auff ſein Fleiſch ſaͤet/ (dem Fleiſch in Suͤnden dienet) der wird von dem Fleiſch das Verderben aͤrndten. §. 15.Dieſes koͤnte mit einem und andern Exempel bewehret werden/ alß mit Judas/ welchen die heimlich ab- gezwackte und außdem ihm vertrauten Saͤckel geſtohlene Pfennige ſo ſuͤſſe waren/ daß er immer mehr zu haben ver- langte/ uñ weil ers auf einmahl bey des HErꝛn beutel nicht zu grob machen durffte/ dachte er auff eine andere Weiſe eine ziemliche Summe zu erſchnappen/ nehmlich durch das Verrathen ſeines Meiſters; Es machte ihm der Sa- tan die 30. Silberlinge ſo ſuͤſſe und angenehm/ daß er dar- uͤber aller Liebe und Freundligkeit ſeines HErrn vergaß/ und daß ihm die ſuͤſſeſten und holdſeligſten Worte die aus deſſen Munde kamen/ nicht zu Hertzen giengen/ Jch hal- te auch/ alß er nunmehr die 30. Silberlinge bekommen hatte/ daß er dieſelbe mit ſonderlicher Luſt wird beſchauet/ und ſeine Freude darann gefunden haben: Allein wie lan- ge wehrets/ da wird dieſe Freude in lauter Leid/ und die- ſe Suͤſſigkeit in lauter Galle verwandelt/ Er mochte her- nach das verfluchte Gelt nicht mehr ſehen/ ſondern warffs von ſich/ und rieff: Jch habe uͤbel gethan/ daß ich unſchul- dig Blut verrathen habe: So gehts: Dem Vogel ſind die rothe Beer lieblich/ und ſchmecken ihm wol/ biß er mer- cket/ daß er verſtricket und gefangen/ an ſolcher ſuͤſſen Spei- ſe erwuͤrgen muß. §. 16.Mit dem reichen Mann giengs nicht anders/ der lebte alle Tage herrlich und in Freuden/ die Suͤnden- Wurtzel

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Zitationshilfe: Scriver, Christian: Das Verlohrne und wiedergefundene Schäfflein. Magdeburg, 1672, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scriver_schaefflein_1672/90>, abgerufen am 27.04.2024.