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Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873.

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werden; ist sie aber vorhanden, so kann es nicht darauf
ankommen, ob die eigene Thätigkeit mit oder ohne eigenen
Vortheil ausgeführt wurde, ob sie in der Aneignung einer
Sache besteht, oder sie sich in anderer Weise wirksam erwiesen
hat. Es kann dann selbstverständlich auch von Theilnahme
und culpa bei der Begünstigung die Rede sein. Ebenso
kann Versuch vorliegen. Er würde begründet sein, wenn die
Thätigkeit nicht causal geworden ist; aber auch dann ange-
nommen werden müssen, wenn Jemand aus verzeihlichem
Jrrthum statt Begünstigung eine Mitwirkung zur Entstehung
der Rechtsverletzung zu Wege gebracht hat.

Auf diesen Gesichtspunkt der Causalität ist bereits, der
in Geltung befindlichen Theorie entgegen, in m. Theiln. und
Beg. 1860, S. 85 flg. hingewiesen worden. Die Bezeichnung
der Begünstigung als Beförderung der Fortdauer der Rechts-
verletzung scheint auch seither einige Billigung gefunden zu
haben; aber man hat sie nicht in dem gemeinten Sinne auf-
gefaßt. Man will vielmehr unter der Beförderung der Fort-
dauer der Rechtsverletzung die Verhinderung der strafrecht-
lichen und civilrechtlichen Ausgleichung derselben verstehen.
Erstere wird jedoch, obwohl, wie bereits erwähnt, in der
Bestrafung zugleich eine reale Gegenwirkung gegen das durch
das begangene Verbrechen gegebene böse Beispiel erblickt
werden kann; doch geeigneter als ein besonderes Vergehen
gegen die Strafrechtspflege zu qualificiren sein. Der Gesichts-
punkt der civilrechtlichen Ausgleichung aber führt, indem
hierbei von der Nothwendigkeit der Causalität abstrahirt
werden muß, zu unrichtigen Resultaten.

Auch Geyer in von Holtzendorffs Handbuch findet das
Wesen der -- zweiten Form der -- Begünstigung in der
Vereitelung der civilrechtlichen Ausgleichung des begangenen
Delicts (§. 42). Der Ankauf einer gestohlenen etc. Sache

werden; iſt ſie aber vorhanden, ſo kann es nicht darauf
ankommen, ob die eigene Thätigkeit mit oder ohne eigenen
Vortheil ausgeführt wurde, ob ſie in der Aneignung einer
Sache beſteht, oder ſie ſich in anderer Weiſe wirkſam erwieſen
hat. Es kann dann ſelbſtverſtändlich auch von Theilnahme
und culpa bei der Begünſtigung die Rede ſein. Ebenſo
kann Verſuch vorliegen. Er würde begründet ſein, wenn die
Thätigkeit nicht cauſal geworden iſt; aber auch dann ange-
nommen werden müſſen, wenn Jemand aus verzeihlichem
Jrrthum ſtatt Begünſtigung eine Mitwirkung zur Entſtehung
der Rechtsverletzung zu Wege gebracht hat.

Auf dieſen Geſichtspunkt der Cauſalität iſt bereits, der
in Geltung befindlichen Theorie entgegen, in m. Theiln. und
Beg. 1860, S. 85 flg. hingewieſen worden. Die Bezeichnung
der Begünſtigung als Beförderung der Fortdauer der Rechts-
verletzung ſcheint auch ſeither einige Billigung gefunden zu
haben; aber man hat ſie nicht in dem gemeinten Sinne auf-
gefaßt. Man will vielmehr unter der Beförderung der Fort-
dauer der Rechtsverletzung die Verhinderung der ſtrafrecht-
lichen und civilrechtlichen Ausgleichung derſelben verſtehen.
Erſtere wird jedoch, obwohl, wie bereits erwähnt, in der
Beſtrafung zugleich eine reale Gegenwirkung gegen das durch
das begangene Verbrechen gegebene böſe Beiſpiel erblickt
werden kann; doch geeigneter als ein beſonderes Vergehen
gegen die Strafrechtspflege zu qualificiren ſein. Der Geſichts-
punkt der civilrechtlichen Ausgleichung aber führt, indem
hierbei von der Nothwendigkeit der Cauſalität abſtrahirt
werden muß, zu unrichtigen Reſultaten.

Auch Geyer in von Holtzendorffs Handbuch findet das
Weſen der — zweiten Form der — Begünſtigung in der
Vereitelung der civilrechtlichen Ausgleichung des begangenen
Delicts (§. 42). Der Ankauf einer geſtohlenen ꝛc. Sache

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[150/0154] werden; iſt ſie aber vorhanden, ſo kann es nicht darauf ankommen, ob die eigene Thätigkeit mit oder ohne eigenen Vortheil ausgeführt wurde, ob ſie in der Aneignung einer Sache beſteht, oder ſie ſich in anderer Weiſe wirkſam erwieſen hat. Es kann dann ſelbſtverſtändlich auch von Theilnahme und culpa bei der Begünſtigung die Rede ſein. Ebenſo kann Verſuch vorliegen. Er würde begründet ſein, wenn die Thätigkeit nicht cauſal geworden iſt; aber auch dann ange- nommen werden müſſen, wenn Jemand aus verzeihlichem Jrrthum ſtatt Begünſtigung eine Mitwirkung zur Entſtehung der Rechtsverletzung zu Wege gebracht hat. Auf dieſen Geſichtspunkt der Cauſalität iſt bereits, der in Geltung befindlichen Theorie entgegen, in m. Theiln. und Beg. 1860, S. 85 flg. hingewieſen worden. Die Bezeichnung der Begünſtigung als Beförderung der Fortdauer der Rechts- verletzung ſcheint auch ſeither einige Billigung gefunden zu haben; aber man hat ſie nicht in dem gemeinten Sinne auf- gefaßt. Man will vielmehr unter der Beförderung der Fort- dauer der Rechtsverletzung die Verhinderung der ſtrafrecht- lichen und civilrechtlichen Ausgleichung derſelben verſtehen. Erſtere wird jedoch, obwohl, wie bereits erwähnt, in der Beſtrafung zugleich eine reale Gegenwirkung gegen das durch das begangene Verbrechen gegebene böſe Beiſpiel erblickt werden kann; doch geeigneter als ein beſonderes Vergehen gegen die Strafrechtspflege zu qualificiren ſein. Der Geſichts- punkt der civilrechtlichen Ausgleichung aber führt, indem hierbei von der Nothwendigkeit der Cauſalität abſtrahirt werden muß, zu unrichtigen Reſultaten. Auch Geyer in von Holtzendorffs Handbuch findet das Weſen der — zweiten Form der — Begünſtigung in der Vereitelung der civilrechtlichen Ausgleichung des begangenen Delicts (§. 42). Der Ankauf einer geſtohlenen ꝛc. Sache

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Zitationshilfe: Buri, Maximilian von: Ueber Causalität und deren Verantwortung. Leipzig, 1873, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buri_causalitaet_1873/154>, abgerufen am 29.04.2024.