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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] Die Raht-Herren-Götter. Consentes/ oder die Rahtherren genannt/ dieweil sie dafür hielten die himmlische Rahtsversammlung bestünde aus Räthen/ und dörffte nichts ohne deren Gutachten geschlossen werden: wie dann auch beym Homerus zu lesen/ daß Jupiter/ wann etwas wichtiges vorgefallen/ den Rath der Götter zusammen beruffen/ und was in solcher Sache zu thun sey/ mit ihme berahtschlagt habe/ wiewol er auch unterweilen für sich allein einen Schluß zu machen gepfleget/ welches die Poeten in ihren Gedichten beglauben/ und Seneca/ da er vom Donnerstrahl redet/ solches bekräfftiget/ es seye nemlich ein gewisser Donnerstral/ welchen Jupiter allein/ und nach eignem Belieben/ ohne Beyraht eines andern unter den Göttern/ zu schiessen pflege. Dann die Götter/ so ihnen die Alten gedichtet/ haben nicht alle bey einander gewohnt/ sondern sind in unterschiedliche Oerter von einander gesondert gewesen/ auch haben sie nicht alle den Himmel besessen/ sondern der meiste Theil hatte seinen Aufenthalt auf der Erde/ in den Flüssen und im Meere. Ebenmässig waren sie auch nicht alle unsterblich: dann die Halbgötter endlich die Schuld der Natur so wol/ als alle andere Menschen/ auch bezalen und sterben müssen/ dessen/ wie Pausanias meldet/ der Silenen zu Pergamus in Asien annoch befindliche Begräbnüsse/ eine genugsame Anzeig und Beweiß sind; wie dann auch die Nymphen gleichfalls sterblich waren.

Woraus dann/ wie auch aus des H. Augustinus Buche von der Stadt GOttes/ klärlich zu sehen/ daß bey den Alten allerley Geschlecht der Götter verehret worden. Dessen allen aber ungeachtet/ waren gleichwol einige unter ihnen/ als der Warheits-Erkänntnus ermanglenden/ welche recht von Gott glaubten/ daß er nemlich einig im Wesen/ ewig und unsichtbar/ dahero auch auf keinerley Weise zu bilden sey: Dann Gottes Form und Gestalt suchen/ pfleget Plinius in seinem andern Buch für eine menschliche Schwachheit zu achten. Dannenhero Antisthenes/ der Cynischen Sect Anfänger und Vorgänger/ nach dem Zeugnus Theodoreti des Cyrenischen Bischoffs/ zu sagen pflegen/ GOtt könne mit leiblichen Augen keines Weges gesehen werden/ dieweil er keinem sichtbaren Dinge gleich sey/ deßwegen auch die jenige gröblich irreten/ welche die Erkänntnus GOttes durch einig Bildnus zu erlangen vermeinten: Wie dann auch Xenophon/ des Socratis gewesener Lehr-Schuler/ in seinen hinterlassenen Schrifften meldet/daß/ obwol die Grösse und Macht Gottes unter andern auch daraus klärlich abzunehmen/ daß er/ unbeweglich verbleibend allen Dingen eine Bewegung gebe/ iedannoch von den Menschen nicht auszugründen sey/ wie er aussehen oder gestaltet seyn müsse. Gott ist unbildlich. Aus eben diesem Grunde pflegte Xenophanes der Menschen Thorheit zu verlachen/ welche die/ von Phidia/ Polycletus und andern[Spaltenumbruch] Gott mag durch keine Figur entworffen werden. künstlichen Bildhauern gemachte Statuen verehrten/ und sagte/ die Pferde/ Ochsen und Elephanten würden ihnen/ wann sie Hände hätten/ und derselben gebrauchen könten/ gleichfalls Götter/ so Pferds- Ochsen und Elephanten-Gestalt vorstelleten/ (wie die Menschen sich ihres gleichen Götter vorgebildet) gemacht haben. Und eben dieses hat Cicero/ im Buch von der Natur der Götter/ unter der Persohn des Cotta/ wider die Epicureer/ durch vortreffliche Beweißgründe/ ausgeführt.

Bey den Juden duldete man keine Bilder. Die Juden/ so weyland allein die wahre Religion hatten/ haben nur einen Gott geehrt/ den sie auch nicht in Bildern oder Gemählden mit den Augen des Leibs angesehen/ sondern durch Betrachtung des Seelen-Auges in der Gottheit selbsten (so weit es dem Menschen vergönnet ist) beschauet/ und/ wie Cornelius Tacitus von ihnen schreibet/ die jenige der grösten Gottlosigkeit beschuldigt/ welche Gott/ nach des menschlichen Leibes Gleichheit/ in mancherley Materien/ zu bilden pflegten: dahero sie dann in ihren Tempel niemahls einig Bild zu bringen/ oder aufzustellen zugelassen; wie dann/ als Herodes/ ihr König/ über desselben Thor einen güldnen Adler stellen lassen/ einige Jünglinge/ da sie gehört/ daß er in Zügen liege/ nach geschehener zusammen Verschwörung/ und im Volck erregten Tumult/ denselben zerbrochen und herunter geworffen/ darneben mit heller Stimme geschryen/ daß es wider ihre Religion und der Vätter Satzungen auch folgbar gegenwärtige Gelegenheit/ diese ihrem Gott beschehene Schmach zu rächen/ billig anzunehmen seye. Allein es ist der Handel den armen Leuten übel gedyen; zumalen Herodes nur noch so lang gelebt/ daß er sie greiffen und lebendig verbrennen lassen können. Svidas schreibt/ daß/ als Pilatus einige Fähnlein/ worauf des Kaysers Tiberius Bildnus gemahlt gewesen/ in das Jüdische Land gebracht/ das gantze Volck unglaublich erregt worden/ weil es die Vätterliche Religion schänden sehen/ als vermöge dero ihnen verbotten war/ kein Bildnus in ihre Landgräntzen zu bringen.

Dieser Meinung sind auch einige andere gewesen/ unter denen Hermes Trismegistus sich befindet/ welcher sagte/ er halte davor/ die jenigen glauben nicht daß die Götter ihre Wohnung im Himmel hätten/ welche derselben Bildnussen sich vor Augen stellen liessen; ja es habe das Ansehen/ als zweiffelten sie/ ob ihre Wünsche und Gebete dahin gelangeten; und aus dieser verkehrten Einbildung hätten sie die Bilder der Götter erfunden/ und sie angefangen Götter zu nennen. Vom Lycurgus/ dem Gesetzgeber der Lacedemonier/ lieset man/ daß er in seinen Gesetzen verbotten/ die Götter weder einem Menschen/ noch einigem

[Spaltenumbruch] Die Raht-Herren-Götter. Consentes/ oder die Rahtherren genannt/ dieweil sie dafür hielten die himmlische Rahtsversammlung bestünde aus Räthen/ und dörffte nichts ohne deren Gutachten geschlossen werden: wie dann auch beym Homerus zu lesen/ daß Jupiter/ wann etwas wichtiges vorgefallen/ den Rath der Götter zusammen beruffen/ und was in solcher Sache zu thun sey/ mit ihme berahtschlagt habe/ wiewol er auch unterweilen für sich allein einen Schluß zu machen gepfleget/ welches die Poeten in ihren Gedichten beglauben/ und Seneca/ da er vom Donnerstrahl redet/ solches bekräfftiget/ es seye nemlich ein gewisser Donnerstral/ welchen Jupiter allein/ und nach eignem Belieben/ ohne Beyraht eines andern unter den Göttern/ zu schiessen pflege. Dann die Götter/ so ihnen die Alten gedichtet/ haben nicht alle bey einander gewohnt/ sondern sind in unterschiedliche Oerter von einander gesondert gewesen/ auch haben sie nicht alle den Himmel besessen/ sondern der meiste Theil hatte seinen Aufenthalt auf der Erde/ in den Flüssen und im Meere. Ebenmässig waren sie auch nicht alle unsterblich: dann die Halbgötter endlich die Schuld der Natur so wol/ als alle andere Menschen/ auch bezalen und sterben müssen/ dessen/ wie Pausanias meldet/ der Silenen zu Pergamus in Asien annoch befindliche Begräbnüsse/ eine genugsame Anzeig und Beweiß sind; wie dann auch die Nymphen gleichfalls sterblich waren.

Woraus dann/ wie auch aus des H. Augustinus Buche von der Stadt GOttes/ klärlich zu sehen/ daß bey den Alten allerley Geschlecht der Götter verehret worden. Dessen allen aber ungeachtet/ waren gleichwol einige unter ihnen/ als der Warheits-Erkänntnus ermanglenden/ welche recht von Gott glaubten/ daß er nemlich einig im Wesen/ ewig und unsichtbar/ dahero auch auf keinerley Weise zu bilden sey: Dann Gottes Form und Gestalt suchen/ pfleget Plinius in seinem andern Buch für eine menschliche Schwachheit zu achten. Dannenhero Antisthenes/ der Cynischen Sect Anfänger und Vorgänger/ nach dem Zeugnus Theodoreti des Cyrenischen Bischoffs/ zu sagen pflegen/ GOtt könne mit leiblichen Augen keines Weges gesehen werden/ dieweil er keinem sichtbaren Dinge gleich sey/ deßwegen auch die jenige gröblich irreten/ welche die Erkänntnus GOttes durch einig Bildnus zu erlangen vermeinten: Wie dann auch Xenophon/ des Socratis gewesener Lehr-Schuler/ in seinen hinterlassenen Schrifften meldet/daß/ obwol die Grösse und Macht Gottes unter andern auch daraus klärlich abzunehmen/ daß er/ unbeweglich verbleibend allen Dingen eine Bewegung gebe/ iedannoch von den Menschen nicht auszugründen sey/ wie er aussehen oder gestaltet seyn müsse. Gott ist unbildlich. Aus eben diesem Grunde pflegte Xenophanes der Menschen Thorheit zu verlachen/ welche die/ von Phidia/ Polycletus und andern[Spaltenumbruch] Gott mag durch keine Figur entworffen werden. künstlichen Bildhauern gemachte Statuen verehrten/ und sagte/ die Pferde/ Ochsen und Elephanten würden ihnen/ wann sie Hände hätten/ und derselben gebrauchen könten/ gleichfalls Götter/ so Pferds- Ochsen und Elephanten-Gestalt vorstelleten/ (wie die Menschen sich ihres gleichen Götter vorgebildet) gemacht haben. Und eben dieses hat Cicero/ im Buch von der Natur der Götter/ unter der Persohn des Cotta/ wider die Epicureer/ durch vortreffliche Beweißgründe/ ausgeführt.

Bey den Juden duldete man keine Bilder. Die Juden/ so weyland allein die wahre Religion hatten/ haben nur einen Gott geehrt/ den sie auch nicht in Bildern oder Gemählden mit den Augen des Leibs angesehen/ sondern durch Betrachtung des Seelen-Auges in der Gottheit selbsten (so weit es dem Menschen vergönnet ist) beschauet/ und/ wie Cornelius Tacitus von ihnen schreibet/ die jenige der grösten Gottlosigkeit beschuldigt/ welche Gott/ nach des menschlichen Leibes Gleichheit/ in mancherley Materien/ zu bilden pflegten: dahero sie dann in ihren Tempel niemahls einig Bild zu bringen/ oder aufzustellen zugelassen; wie dann/ als Herodes/ ihr König/ über desselben Thor einen güldnen Adler stellen lassen/ einige Jünglinge/ da sie gehört/ daß er in Zügen liege/ nach geschehener zusammen Verschwörung/ und im Volck erregten Tumult/ denselben zerbrochen und herunter geworffen/ darneben mit heller Stimme geschryen/ daß es wider ihre Religion und der Vätter Satzungen auch folgbar gegenwärtige Gelegenheit/ diese ihrem Gott beschehene Schmach zu rächen/ billig anzunehmen seye. Allein es ist der Handel den armen Leuten übel gedyen; zumalen Herodes nur noch so lang gelebt/ daß er sie greiffen und lebendig verbrennen lassen können. Svidas schreibt/ daß/ als Pilatus einige Fähnlein/ worauf des Kaysers Tiberius Bildnus gemahlt gewesen/ in das Jüdische Land gebracht/ das gantze Volck unglaublich erregt worden/ weil es die Vätterliche Religion schänden sehen/ als vermöge dero ihnen verbotten war/ kein Bildnus in ihre Landgräntzen zu bringen.

Dieser Meinung sind auch einige andere gewesen/ unter denen Hermes Trismegistus sich befindet/ welcher sagte/ er halte davor/ die jenigen glauben nicht daß die Götter ihre Wohnung im Himmel hätten/ welche derselben Bildnussen sich vor Augen stellen liessen; ja es habe das Ansehen/ als zweiffelten sie/ ob ihre Wünsche und Gebete dahin gelangeten; und aus dieser verkehrten Einbildung hätten sie die Bilder der Götter erfunden/ und sie angefangen Götter zu nennen. Vom Lycurgus/ dem Gesetzgeber der Lacedemonier/ lieset man/ daß er in seinen Gesetzen verbotten/ die Götter weder einem Menschen/ noch einigem

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 3/0055] Consentes/ oder die Rahtherren genannt/ dieweil sie dafür hielten die himmlische Rahtsversammlung bestünde aus Räthen/ und dörffte nichts ohne deren Gutachten geschlossen werden: wie dann auch beym Homerus zu lesen/ daß Jupiter/ wann etwas wichtiges vorgefallen/ den Rath der Götter zusammen beruffen/ und was in solcher Sache zu thun sey/ mit ihme berahtschlagt habe/ wiewol er auch unterweilen für sich allein einen Schluß zu machen gepfleget/ welches die Poeten in ihren Gedichten beglauben/ und Seneca/ da er vom Donnerstrahl redet/ solches bekräfftiget/ es seye nemlich ein gewisser Donnerstral/ welchen Jupiter allein/ und nach eignem Belieben/ ohne Beyraht eines andern unter den Göttern/ zu schiessen pflege. Dann die Götter/ so ihnen die Alten gedichtet/ haben nicht alle bey einander gewohnt/ sondern sind in unterschiedliche Oerter von einander gesondert gewesen/ auch haben sie nicht alle den Himmel besessen/ sondern der meiste Theil hatte seinen Aufenthalt auf der Erde/ in den Flüssen und im Meere. Ebenmässig waren sie auch nicht alle unsterblich: dann die Halbgötter endlich die Schuld der Natur so wol/ als alle andere Menschen/ auch bezalen und sterben müssen/ dessen/ wie Pausanias meldet/ der Silenen zu Pergamus in Asien annoch befindliche Begräbnüsse/ eine genugsame Anzeig und Beweiß sind; wie dann auch die Nymphen gleichfalls sterblich waren. Die Raht-Herren-Götter.Woraus dann/ wie auch aus des H. Augustinus Buche von der Stadt GOttes/ klärlich zu sehen/ daß bey den Alten allerley Geschlecht der Götter verehret worden. Dessen allen aber ungeachtet/ waren gleichwol einige unter ihnen/ als der Warheits-Erkänntnus ermanglenden/ welche recht von Gott glaubten/ daß er nemlich einig im Wesen/ ewig und unsichtbar/ dahero auch auf keinerley Weise zu bilden sey: Dann Gottes Form und Gestalt suchen/ pfleget Plinius in seinem andern Buch für eine menschliche Schwachheit zu achten. Dannenhero Antisthenes/ der Cynischen Sect Anfänger und Vorgänger/ nach dem Zeugnus Theodoreti des Cyrenischen Bischoffs/ zu sagen pflegen/ GOtt könne mit leiblichen Augen keines Weges gesehen werden/ dieweil er keinem sichtbaren Dinge gleich sey/ deßwegen auch die jenige gröblich irreten/ welche die Erkänntnus GOttes durch einig Bildnus zu erlangen vermeinten: Wie dann auch Xenophon/ des Socratis gewesener Lehr-Schuler/ in seinen hinterlassenen Schrifften meldet/daß/ obwol die Grösse und Macht Gottes unter andern auch daraus klärlich abzunehmen/ daß er/ unbeweglich verbleibend allen Dingen eine Bewegung gebe/ iedannoch von den Menschen nicht auszugründen sey/ wie er aussehen oder gestaltet seyn müsse. Aus eben diesem Grunde pflegte Xenophanes der Menschen Thorheit zu verlachen/ welche die/ von Phidia/ Polycletus und andern künstlichen Bildhauern gemachte Statuen verehrten/ und sagte/ die Pferde/ Ochsen und Elephanten würden ihnen/ wann sie Hände hätten/ und derselben gebrauchen könten/ gleichfalls Götter/ so Pferds- Ochsen und Elephanten-Gestalt vorstelleten/ (wie die Menschen sich ihres gleichen Götter vorgebildet) gemacht haben. Und eben dieses hat Cicero/ im Buch von der Natur der Götter/ unter der Persohn des Cotta/ wider die Epicureer/ durch vortreffliche Beweißgründe/ ausgeführt. Gott ist unbildlich. Gott mag durch keine Figur entworffen werden. Die Juden/ so weyland allein die wahre Religion hatten/ haben nur einen Gott geehrt/ den sie auch nicht in Bildern oder Gemählden mit den Augen des Leibs angesehen/ sondern durch Betrachtung des Seelen-Auges in der Gottheit selbsten (so weit es dem Menschen vergönnet ist) beschauet/ und/ wie Cornelius Tacitus von ihnen schreibet/ die jenige der grösten Gottlosigkeit beschuldigt/ welche Gott/ nach des menschlichen Leibes Gleichheit/ in mancherley Materien/ zu bilden pflegten: dahero sie dann in ihren Tempel niemahls einig Bild zu bringen/ oder aufzustellen zugelassen; wie dann/ als Herodes/ ihr König/ über desselben Thor einen güldnen Adler stellen lassen/ einige Jünglinge/ da sie gehört/ daß er in Zügen liege/ nach geschehener zusammen Verschwörung/ und im Volck erregten Tumult/ denselben zerbrochen und herunter geworffen/ darneben mit heller Stimme geschryen/ daß es wider ihre Religion und der Vätter Satzungen auch folgbar gegenwärtige Gelegenheit/ diese ihrem Gott beschehene Schmach zu rächen/ billig anzunehmen seye. Allein es ist der Handel den armen Leuten übel gedyen; zumalen Herodes nur noch so lang gelebt/ daß er sie greiffen und lebendig verbrennen lassen können. Svidas schreibt/ daß/ als Pilatus einige Fähnlein/ worauf des Kaysers Tiberius Bildnus gemahlt gewesen/ in das Jüdische Land gebracht/ das gantze Volck unglaublich erregt worden/ weil es die Vätterliche Religion schänden sehen/ als vermöge dero ihnen verbotten war/ kein Bildnus in ihre Landgräntzen zu bringen. Bey den Juden duldete man keine Bilder.Dieser Meinung sind auch einige andere gewesen/ unter denen Hermes Trismegistus sich befindet/ welcher sagte/ er halte davor/ die jenigen glauben nicht daß die Götter ihre Wohnung im Himmel hätten/ welche derselben Bildnussen sich vor Augen stellen liessen; ja es habe das Ansehen/ als zweiffelten sie/ ob ihre Wünsche und Gebete dahin gelangeten; und aus dieser verkehrten Einbildung hätten sie die Bilder der Götter erfunden/ und sie angefangen Götter zu nennen. Vom Lycurgus/ dem Gesetzgeber der Lacedemonier/ lieset man/ daß er in seinen Gesetzen verbotten/ die Götter weder einem Menschen/ noch einigem

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/55>, abgerufen am 28.04.2024.