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Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680.

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[Spaltenumbruch] andern Thiere gleich zu machen: Dannenhero er auch dero Gemählde/ Abbildungen und Statuen aus seiner Republic gäntzlich weggeschafft. Luctatius Firmianus bezeuget in seinen hinterlassenen Schrifften/ daß die Egypter die Elementen für Götter verehret/ iedoch keine Bilder/ dieselben anzubeten/ aufgerichtet. Und dafern dem Plutarchus Glauben zu geben/ so hat auch Numa Pompilius/ der andere König der Römer/ es für eine Sünde gehalten/ wann man glaube/ daß Gott könne abgebildet werden: dahero die Römer hundert und siebentzig Jahre allerdings keine Bilder ihrer Götter gehabt; dieweil sie es für die gröste Sünde und Thorheit geachtet/ das göttliche unsterbliche Wesen der elenden menschlichen Gebrechlichkeit zu vergleichen. Bey den Persern und Lybiern war anfänglich weder Gemähld/Bild/Statua, Kirche oder Tempel noch Altar zu sehen. Von den Scythen bezeuget Herodotus/daß/ ob sie wol viel Götter gehabt/ als die Vesta/ den Jupiter/ Apollo/ Mars/ und andere/ die sie mit ihrer Sprach beqvemlich übereinkommenden Namen genennet/ sie dannoch keinem als dem Mars (wie wir weiter unten/ an seinem Orte/ erzehlen wollen) einen Tempel/ Bild oder Statua und Altar erbauet/ sondern allen auf einerley Weise geopffert haben.

Hirnschale an statt eines Götzen-Bildes geehrt. Die Essedoner/ so gleichfalls ein Scytisch Volck war/ verehrten kein anders Bild/ als eines Menschen Hirnschale/ welches Herodotus auf folgende Weise erzehlet: Es kamen in einem Hause/ darinn der Vater gestorben war/ alle Anverwandten und Freunde in grosser Menge zusammen/ und brachten mit sich einige Schafe/ die sie schlachteten/ und in Stücke zertheilten/ welches sie auch mit dem todten Cörper thaten. Dieses unter einander gemischtes und zu einer herrlichen Mahlzeit aufgesetztes-Fleisch/ assen sie alle ohne Unterschied/ das Haupt aber behielten sie zu diesem Gebrauch auf/ nachdem das Fleisch abgeschunden/ in- und auswendig aufs säuberste gereinigt/ also daß die Hirnschale schön gläntzend aussahe/ und mit Gold überzogen war/ verehreten sie solche als ein Bild/ und thaten öffentliche Opffer darvor. Diesem fügen Pomponius Mela und Solinus annoch bey/ daß sie dieselbe anstatt eines Trinckgeschirrs gebraucht/ und sich gäntzlich eingebildet/ sie könten dem Verstorbenen keine grössere Ehre erweisen/ als eben diese. Welchen fast gleich ist/ was Svidas von einigen Innwohnern des Jüdischen Landes erzehlet die nemlich einem güldnen Eselskopffe göttliche Ehre angethan/ und demselben alle Jahr einen in kleine Stücklein zerschnittenen Frembdling aufgeopfert. Die Massilienser/ so das Narbonische Franckreich bewohnen/ pflegten vorzeiten in lustigen Hainen oder Wäldern/ worinnen kein Bildnus ihrer Götter war/ zu opfern/ und ihren Gottesdienst zu verrichten/ auch [Spaltenumbruch] unterweilen die Baum-Glötze und Stöcke zu verehren; dieweil sie/ wie Lucanus von ihnen zeuget/ etwas göttliches darinnen zu seyn geglaubet.

In den ersten Zeiten nach der Sündflut lebten die frommen und aufrichtigen Menschen/ Eichbäume für Götter gehalten. wie beym Plinius zu lesen/ unter den Eichbäumen/ ehrten selbige für Götter/ und hielten sie zugleich für ihre geheiligte Tempel: weil dieselbe ihnen ihre Frucht/ als die Eicheln/ zur Speise reichten/ und mit ihrer Decke sie fürm Regen und anderm Ungewitter beschirmeten. Pausanias meldet in Beschreibung der Landschafft Achajae, daß in einem Theil selbiger Landschafft 30 viereckte Steine gestanden/ auf deren jedem ein Name eines Gottes/ iedoch ohne einige Bildnuß/ geschrieben zu sehen gewesen/ die auch von den Einwohnern sehr heilig verehrt worden: Dieweil bey den Griechen eine alte Gewonheit gewest/ daß sie solche Steine eben so hoch als die Bilder der Götter selbsten verehrt. Cornelius Tacitus gedenckt/ da er von den Sitten der alten Teutschen schreibet/ daß sie weder Statuen oder Bilder/ noch Tempel gehabt/ weil sie dafür gehalten/ es geschehe der Göttlichen Macht von dem jenigen die gröste Schmach und Unehr/ welcher sich einbildete/ es könte die Gottheit in einen so engen Raum/ zwischen die Wände eines Tempels ob einer Kirchen eingeschlossen werden/ wie es dann auch der herrlichen Majestät der Götter höchst-verkleinerlich/ wann sie in eines so kleinen menschlichen Leibes Gestalt und Form zusammen gezwungen würden. Keine andere haben sie zu Göttern angenommen/ als die sie vor sich sehen können/ und deren Nutzen sie gegenwärtig erfahren und genossen hatten/ als da sind: die Sonne/ der Vulcanus der Mond; von den übrigen haben sie keine Erkänntnus gehabt/ wie von ihnen Caesar erzehlet/ ja/ auch von ihren Nahmen niemals gehört.

Bey dem Herodotus lieset man/ daß die Griechen anfänglich die Götter zwar andächtig verehrt/ dieselben aber niemahls bey ihren Namen genennt/ biß sie solches endlich von Der Götte Ursprung. den Egyptiern erlernt. Woher aber dergleichen Götter entstanden/ und ob sie alle zugleich/ oder aber eintzeln nach einander aufkommen/ ingleichen ob sie allezeit/ ohne einigen Anfang/ alle gewesen/ saget eben derselbe/ sey zu seiner Zeit noch unbekant gewest; ausgenommen daß Homerus und Hesiodus/ die ohngefehr vierhundert Jahr vor selbiger Zeit gelebt/ die erste gewesen/ so eine solche Menge Götter/ und deren fast unzehliche Namen in Griechenland eingeführt/ und einem ieden unter denselben sein Amt und Form oder Gestalt zugeeignet haben. Dahero man nicht unbillig schliessen könte/ die Griechen hätten/ von diesen also unterrichtet/ die Götter angefangen in allerhand Figuren auszubilden. Jedoch wird besser seyn/ daß wir/ mit eben diesem Herodotus/

[Spaltenumbruch] andern Thiere gleich zu machen: Dannenhero er auch dero Gemählde/ Abbildungen und Statuen aus seiner Republic gäntzlich weggeschafft. Luctatius Firmianus bezeuget in seinen hinterlassenen Schrifften/ daß die Egypter die Elementen für Götter verehret/ iedoch keine Bilder/ dieselben anzubeten/ aufgerichtet. Und dafern dem Plutarchus Glauben zu geben/ so hat auch Numa Pompilius/ der andere König der Römer/ es für eine Sünde gehalten/ wann man glaube/ daß Gott könne abgebildet werden: dahero die Römer hundert und siebentzig Jahre allerdings keine Bilder ihrer Götter gehabt; dieweil sie es für die gröste Sünde und Thorheit geachtet/ das göttliche unsterbliche Wesen der elenden menschlichen Gebrechlichkeit zu vergleichen. Bey den Persern und Lybiern war anfänglich weder Gemähld/Bild/Statua, Kirche oder Tempel noch Altar zu sehen. Von den Scythen bezeuget Herodotus/daß/ ob sie wol viel Götter gehabt/ als die Vesta/ den Jupiter/ Apollo/ Mars/ und andere/ die sie mit ihrer Sprach beqvemlich übereinkommenden Namen genennet/ sie dannoch keinem als dem Mars (wie wir weiter unten/ an seinem Orte/ erzehlen wollen) einen Tempel/ Bild oder Statua und Altar erbauet/ sondern allen auf einerley Weise geopffert haben.

Hirnschale an statt eines Götzen-Bildes geehrt. Die Essedoner/ so gleichfalls ein Scytisch Volck war/ verehrten kein anders Bild/ als eines Menschen Hirnschale/ welches Herodotus auf folgende Weise erzehlet: Es kamen in einem Hause/ darinn der Vater gestorben war/ alle Anverwandten und Freunde in grosser Menge zusammen/ und brachten mit sich einige Schafe/ die sie schlachteten/ und in Stücke zertheilten/ welches sie auch mit dem todten Cörper thaten. Dieses unter einander gemischtes und zu einer herrlichen Mahlzeit aufgesetztes-Fleisch/ assen sie alle ohne Unterschied/ das Haupt aber behielten sie zu diesem Gebrauch auf/ nachdem das Fleisch abgeschunden/ in- und auswendig aufs säuberste gereinigt/ also daß die Hirnschale schön gläntzend aussahe/ und mit Gold überzogen war/ verehreten sie solche als ein Bild/ und thaten öffentliche Opffer darvor. Diesem fügen Pomponius Mela und Solinus annoch bey/ daß sie dieselbe anstatt eines Trinckgeschirrs gebraucht/ und sich gäntzlich eingebildet/ sie könten dem Verstorbenen keine grössere Ehre erweisen/ als eben diese. Welchen fast gleich ist/ was Svidas von einigen Innwohnern des Jüdischen Landes erzehlet die nemlich einem güldnen Eselskopffe göttliche Ehre angethan/ und demselben alle Jahr einen in kleine Stücklein zerschnittenen Frembdling aufgeopfert. Die Massilienser/ so das Narbonische Franckreich bewohnen/ pflegten vorzeiten in lustigen Hainen oder Wäldern/ worinnen kein Bildnus ihrer Götter war/ zu opfern/ und ihren Gottesdienst zu verrichten/ auch [Spaltenumbruch] unterweilen die Baum-Glötze und Stöcke zu verehren; dieweil sie/ wie Lucanus von ihnen zeuget/ etwas göttliches darinnen zu seyn geglaubet.

In den ersten Zeiten nach der Sündflut lebten die frommen und aufrichtigen Menschen/ Eichbäume für Götter gehalten. wie beym Plinius zu lesen/ unter den Eichbäumen/ ehrten selbige für Götter/ und hielten sie zugleich für ihre geheiligte Tempel: weil dieselbe ihnen ihre Frucht/ als die Eicheln/ zur Speise reichten/ und mit ihrer Decke sie fürm Regen und anderm Ungewitter beschirmeten. Pausanias meldet in Beschreibung der Landschafft Achajae, daß in einem Theil selbiger Landschafft 30 viereckte Steine gestanden/ auf deren jedem ein Name eines Gottes/ iedoch ohne einige Bildnuß/ geschrieben zu sehen gewesen/ die auch von den Einwohnern sehr heilig verehrt worden: Dieweil bey den Griechen eine alte Gewonheit gewest/ daß sie solche Steine eben so hoch als die Bilder der Götter selbsten verehrt. Cornelius Tacitus gedenckt/ da er von den Sitten der alten Teutschen schreibet/ daß sie weder Statuen oder Bilder/ noch Tempel gehabt/ weil sie dafür gehalten/ es geschehe der Göttlichen Macht von dem jenigen die gröste Schmach und Unehr/ welcher sich einbildete/ es könte die Gottheit in einen so engen Raum/ zwischen die Wände eines Tempels ob einer Kirchen eingeschlossen werden/ wie es dann auch der herrlichen Majestät der Götter höchst-verkleinerlich/ wann sie in eines so kleinen menschlichen Leibes Gestalt und Form zusammen gezwungen würden. Keine andere haben sie zu Göttern angenommen/ als die sie vor sich sehen können/ und deren Nutzen sie gegenwärtig erfahren und genossen hatten/ als da sind: die Sonne/ der Vulcanus der Mond; von den übrigen haben sie keine Erkänntnus gehabt/ wie von ihnen Caesar erzehlet/ ja/ auch von ihren Nahmen niemals gehört.

Bey dem Herodotus lieset man/ daß die Griechen anfänglich die Götter zwar andächtig verehrt/ dieselben aber niemahls bey ihren Namen genennt/ biß sie solches endlich von Der Götte Ursprung. den Egyptiern erlernt. Woher aber dergleichen Götter entstanden/ und ob sie alle zugleich/ oder aber eintzeln nach einander aufkommen/ ingleichen ob sie allezeit/ ohne einigen Anfang/ alle gewesen/ saget eben derselbe/ sey zu seiner Zeit noch unbekant gewest; ausgenommen daß Homerus und Hesiodus/ die ohngefehr vierhundert Jahr vor selbiger Zeit gelebt/ die erste gewesen/ so eine solche Menge Götter/ und deren fast unzehliche Namen in Griechenland eingeführt/ und einem ieden unter denselben sein Amt und Form oder Gestalt zugeeignet haben. Dahero man nicht unbillig schliessen könte/ die Griechen hätten/ von diesen also unterrichtet/ die Götter angefangen in allerhand Figuren auszubilden. Jedoch wird besser seyn/ daß wir/ mit eben diesem Herodotus/

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[TA 1680, Iconologia Deorum, S. 4/0056] andern Thiere gleich zu machen: Dannenhero er auch dero Gemählde/ Abbildungen und Statuen aus seiner Republic gäntzlich weggeschafft. Luctatius Firmianus bezeuget in seinen hinterlassenen Schrifften/ daß die Egypter die Elementen für Götter verehret/ iedoch keine Bilder/ dieselben anzubeten/ aufgerichtet. Und dafern dem Plutarchus Glauben zu geben/ so hat auch Numa Pompilius/ der andere König der Römer/ es für eine Sünde gehalten/ wann man glaube/ daß Gott könne abgebildet werden: dahero die Römer hundert und siebentzig Jahre allerdings keine Bilder ihrer Götter gehabt; dieweil sie es für die gröste Sünde und Thorheit geachtet/ das göttliche unsterbliche Wesen der elenden menschlichen Gebrechlichkeit zu vergleichen. Bey den Persern und Lybiern war anfänglich weder Gemähld/Bild/Statua, Kirche oder Tempel noch Altar zu sehen. Von den Scythen bezeuget Herodotus/daß/ ob sie wol viel Götter gehabt/ als die Vesta/ den Jupiter/ Apollo/ Mars/ und andere/ die sie mit ihrer Sprach beqvemlich übereinkommenden Namen genennet/ sie dannoch keinem als dem Mars (wie wir weiter unten/ an seinem Orte/ erzehlen wollen) einen Tempel/ Bild oder Statua und Altar erbauet/ sondern allen auf einerley Weise geopffert haben. Die Essedoner/ so gleichfalls ein Scytisch Volck war/ verehrten kein anders Bild/ als eines Menschen Hirnschale/ welches Herodotus auf folgende Weise erzehlet: Es kamen in einem Hause/ darinn der Vater gestorben war/ alle Anverwandten und Freunde in grosser Menge zusammen/ und brachten mit sich einige Schafe/ die sie schlachteten/ und in Stücke zertheilten/ welches sie auch mit dem todten Cörper thaten. Dieses unter einander gemischtes und zu einer herrlichen Mahlzeit aufgesetztes-Fleisch/ assen sie alle ohne Unterschied/ das Haupt aber behielten sie zu diesem Gebrauch auf/ nachdem das Fleisch abgeschunden/ in- und auswendig aufs säuberste gereinigt/ also daß die Hirnschale schön gläntzend aussahe/ und mit Gold überzogen war/ verehreten sie solche als ein Bild/ und thaten öffentliche Opffer darvor. Diesem fügen Pomponius Mela und Solinus annoch bey/ daß sie dieselbe anstatt eines Trinckgeschirrs gebraucht/ und sich gäntzlich eingebildet/ sie könten dem Verstorbenen keine grössere Ehre erweisen/ als eben diese. Welchen fast gleich ist/ was Svidas von einigen Innwohnern des Jüdischen Landes erzehlet die nemlich einem güldnen Eselskopffe göttliche Ehre angethan/ und demselben alle Jahr einen in kleine Stücklein zerschnittenen Frembdling aufgeopfert. Die Massilienser/ so das Narbonische Franckreich bewohnen/ pflegten vorzeiten in lustigen Hainen oder Wäldern/ worinnen kein Bildnus ihrer Götter war/ zu opfern/ und ihren Gottesdienst zu verrichten/ auch unterweilen die Baum-Glötze und Stöcke zu verehren; dieweil sie/ wie Lucanus von ihnen zeuget/ etwas göttliches darinnen zu seyn geglaubet. Hirnschale an statt eines Götzen-Bildes geehrt.In den ersten Zeiten nach der Sündflut lebten die frommen und aufrichtigen Menschen/ wie beym Plinius zu lesen/ unter den Eichbäumen/ ehrten selbige für Götter/ und hielten sie zugleich für ihre geheiligte Tempel: weil dieselbe ihnen ihre Frucht/ als die Eicheln/ zur Speise reichten/ und mit ihrer Decke sie fürm Regen und anderm Ungewitter beschirmeten. Pausanias meldet in Beschreibung der Landschafft Achajae, daß in einem Theil selbiger Landschafft 30 viereckte Steine gestanden/ auf deren jedem ein Name eines Gottes/ iedoch ohne einige Bildnuß/ geschrieben zu sehen gewesen/ die auch von den Einwohnern sehr heilig verehrt worden: Dieweil bey den Griechen eine alte Gewonheit gewest/ daß sie solche Steine eben so hoch als die Bilder der Götter selbsten verehrt. Cornelius Tacitus gedenckt/ da er von den Sitten der alten Teutschen schreibet/ daß sie weder Statuen oder Bilder/ noch Tempel gehabt/ weil sie dafür gehalten/ es geschehe der Göttlichen Macht von dem jenigen die gröste Schmach und Unehr/ welcher sich einbildete/ es könte die Gottheit in einen so engen Raum/ zwischen die Wände eines Tempels ob einer Kirchen eingeschlossen werden/ wie es dann auch der herrlichen Majestät der Götter höchst-verkleinerlich/ wann sie in eines so kleinen menschlichen Leibes Gestalt und Form zusammen gezwungen würden. Keine andere haben sie zu Göttern angenommen/ als die sie vor sich sehen können/ und deren Nutzen sie gegenwärtig erfahren und genossen hatten/ als da sind: die Sonne/ der Vulcanus der Mond; von den übrigen haben sie keine Erkänntnus gehabt/ wie von ihnen Caesar erzehlet/ ja/ auch von ihren Nahmen niemals gehört. Eichbäume für Götter gehalten.Bey dem Herodotus lieset man/ daß die Griechen anfänglich die Götter zwar andächtig verehrt/ dieselben aber niemahls bey ihren Namen genennt/ biß sie solches endlich von den Egyptiern erlernt. Woher aber dergleichen Götter entstanden/ und ob sie alle zugleich/ oder aber eintzeln nach einander aufkommen/ ingleichen ob sie allezeit/ ohne einigen Anfang/ alle gewesen/ saget eben derselbe/ sey zu seiner Zeit noch unbekant gewest; ausgenommen daß Homerus und Hesiodus/ die ohngefehr vierhundert Jahr vor selbiger Zeit gelebt/ die erste gewesen/ so eine solche Menge Götter/ und deren fast unzehliche Namen in Griechenland eingeführt/ und einem ieden unter denselben sein Amt und Form oder Gestalt zugeeignet haben. Dahero man nicht unbillig schliessen könte/ die Griechen hätten/ von diesen also unterrichtet/ die Götter angefangen in allerhand Figuren auszubilden. Jedoch wird besser seyn/ daß wir/ mit eben diesem Herodotus/ Der Götte Ursprung.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: ICONOLOGIA DEORUM. Nürnberg, 1680, S. TA 1680, Iconologia Deorum, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_iconologia_1680/56>, abgerufen am 28.04.2024.