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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787.

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mehr mit ihr reden -- aber izt war er wie in einem
Sturm -- Gedanken drängten sich über Gedan-
ken -- sein Herz schlug -- er fühlte daß seine
ganze Stimmung ihn nicht mehr ruhig urtheilen
lasse -- er entfernte sich einige Augenblick, stund
an des Rudis Matten, an der Zäunung, gegen
die untergehende Sonne, suchte Luft für sein klop-
fendes Herz -- Nein -- es ist zu viel -- sagte er da
an des Rudis Zaun -- wenn es weniger wär, ich
wollte ihnen glauben, aber so viel kann und will
ich nicht glauben -- Eine Weile darauf -- er
hat recht -- ich muß noch die drey Räder still
stellen, wenn ich die Wahrheit sehen will, mit dem
gieng er wieder zu Arner, sagte ihm, und dem
Lieutenant und dem Pfarrer und dem Baumwollen-
Meyer, der bey ihm stund, ihr müsset mir alle 4
nach Sklavenheim, ich will euch da 3 Tage allein
lassen, aber am Samstag bin ich auch dort, so lang
untersuchet in dieser Zeit an Ort und Stelle, sowohl
mit den Waisenkindern als mit den Züchtlingen,
was ihr von dem, was ihr saget, ausführbar fin-
det. Indessen will ich hier noch die Gegenstände,
die ich izt wie in einem Traum sehe, ein wenig
kaltblütiger ins Auge zu fassen suchen. --



mehr mit ihr reden — aber izt war er wie in einem
Sturm — Gedanken draͤngten ſich uͤber Gedan-
ken — ſein Herz ſchlug — er fuͤhlte daß ſeine
ganze Stimmung ihn nicht mehr ruhig urtheilen
laſſe — er entfernte ſich einige Augenblick, ſtund
an des Rudis Matten, an der Zaͤunung, gegen
die untergehende Sonne, ſuchte Luft fuͤr ſein klop-
fendes Herz — Nein — es iſt zu viel — ſagte er da
an des Rudis Zaun — wenn es weniger waͤr, ich
wollte ihnen glauben, aber ſo viel kann und will
ich nicht glauben — Eine Weile darauf — er
hat recht — ich muß noch die drey Raͤder ſtill
ſtellen, wenn ich die Wahrheit ſehen will, mit dem
gieng er wieder zu Arner, ſagte ihm, und dem
Lieutenant und dem Pfarrer und dem Baumwollen-
Meyer, der bey ihm ſtund, ihr muͤſſet mir alle 4
nach Sklavenheim, ich will euch da 3 Tage allein
laſſen, aber am Samſtag bin ich auch dort, ſo lang
unterſuchet in dieſer Zeit an Ort und Stelle, ſowohl
mit den Waiſenkindern als mit den Zuͤchtlingen,
was ihr von dem, was ihr ſaget, ausfuͤhrbar fin-
det. Indeſſen will ich hier noch die Gegenſtaͤnde,
die ich izt wie in einem Traum ſehe, ein wenig
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[479/0497] mehr mit ihr reden — aber izt war er wie in einem Sturm — Gedanken draͤngten ſich uͤber Gedan- ken — ſein Herz ſchlug — er fuͤhlte daß ſeine ganze Stimmung ihn nicht mehr ruhig urtheilen laſſe — er entfernte ſich einige Augenblick, ſtund an des Rudis Matten, an der Zaͤunung, gegen die untergehende Sonne, ſuchte Luft fuͤr ſein klop- fendes Herz — Nein — es iſt zu viel — ſagte er da an des Rudis Zaun — wenn es weniger waͤr, ich wollte ihnen glauben, aber ſo viel kann und will ich nicht glauben — Eine Weile darauf — er hat recht — ich muß noch die drey Raͤder ſtill ſtellen, wenn ich die Wahrheit ſehen will, mit dem gieng er wieder zu Arner, ſagte ihm, und dem Lieutenant und dem Pfarrer und dem Baumwollen- Meyer, der bey ihm ſtund, ihr muͤſſet mir alle 4 nach Sklavenheim, ich will euch da 3 Tage allein laſſen, aber am Samſtag bin ich auch dort, ſo lang unterſuchet in dieſer Zeit an Ort und Stelle, ſowohl mit den Waiſenkindern als mit den Zuͤchtlingen, was ihr von dem, was ihr ſaget, ausfuͤhrbar fin- det. Indeſſen will ich hier noch die Gegenſtaͤnde, die ich izt wie in einem Traum ſehe, ein wenig kaltbluͤtiger ins Auge zu faſſen ſuchen. —

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1787, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard04_1787/497>, abgerufen am 30.04.2024.